Die Seele des Feuers - 10
macht für uns keinen Unterschied. Wir sind Sklaven im Dienste seiner Exzellenz.«
Das klang ein wenig nach Hoffnungslosigkeit, was Ann auf die Idee brachte, dieses Gefühl in Hoffnung umzuwandeln. »Du musst wissen, Alessandra, er kann nicht in meinen Verstand eindringen.«
Schwester Alessandra sah stirnrunzelnd auf, und Ann erklärte ihr, wie die Bande zu Lord Rahl jeden beschützten, der ihm die Treue geschworen hatte. Ann war darauf bedacht, es in Worten auszudrücken, aus denen hervorging, was es für sie und die anderen, die Richard die Treue geschworen hatten, ganz persönlich bedeutete, anstatt es wie ein Angebot klingen zu lassen. Die Frau hörte widerspruchslos zu.
»Also«, meinte Ann abschließend, »die Magie der Bande zu Richard als Lord Rahl ist zur Zeit außer Kraft, andererseits funktioniert aber auch Jagangs Magie nicht, daher bin ich trotzdem vor dem Traumwandler sicher.« Sie lachte amüsiert. »Es sei denn, er kommt hier ins Zelt spaziert.«
Schwester Alessandra lachte mit ihr.
Ann drehte ihre gefesselten Hände im Schoß und zog die Kette näher heran, sodass sie weit genug durchhing, um die Beine übereinander schlagen zu können.
»Wenn die Chimären irgendwann einmal zu deinem Herrn und Meister in die Unterwelt zurückkehren, werden auch Richards Bande wieder funktionieren, und ich werde, sobald er sie zurückerlangt, auch vor Jagangs Magie wieder geschützt sein. Das ist der einzige Trost, der mir in dieser ganzen Geschichte bleibt – das Wissen, dass mein Verstand vor Jagangs magischer Kraft sicher ist.«
Schwester Alessandra saß da und schwieg.
»Natürlich«, fügte Ann hinzu, »muss es für dich eine Erleichterung sein, dass Jagang nicht in deinem Verstand weilt, zumindest nicht im Augenblick.«
»Man weiß nicht, wann er sich dort befindet. Man fühlt sich überhaupt nicht anders. Außer … wenn er möchte, dass man es weiß.«
Als Ann darauf nichts erwiderte, strich sie den Schoß ihres Kleides glatt. »Aber ich denke, Ihr wisst nicht, was Ihr da redet, Prälatin. Der Traumwandler befindet sich in meinem Verstand, jetzt, in diesem Augenblick, und beobachtet uns.«
Sie sah auf und wartete, dass Ann widersprach. Stattdessen meinte Ann: »Denk einfach mal darüber nach, Alessandra. Denk einfach darüber nach.«
Alessandra nahm die Schale auf. »Ich sollte jetzt wohl besser gehen.«
»Danke, dass du hier warst, Alessandra. Danke für die Suppe. Und vielen Dank, dass du dich zu mir gesetzt hast. Es war sehr schön, dich endlich einmal wieder zu sehen.«
Schwester Alessandra nickte und verließ gebückt das Zelt.
50. Kapitel
Obwohl es weiter kaum ins Auge fiel, lag das grasbewachsene Gelände, das sich vor Beatas Dominie Dirtch bis zum Horizont erstreckte, ein wenig höher als das Gelände zu beiden Seiten der gewaltigen Waffe aus Stein und bot somit ein festeres Geläuf, vor allem für Pferde. Die flache Niederung zur Rechten war nach den Regenfällen in letzter Zeit schlammig; nach links hinüber war es nicht besser. Wegen der einzigartigen geographischen Lage, insbesondere nach Regenfällen, hielten Reisende häufiger auf Beatas Posten, auf ihre Dominie Dirtch zu.
Viele waren es nicht, doch wer in diesem Gebiet aus dem Grasland der Wildnis nach Anderith unterwegs war, neigte dazu, als Erstes ihren Posten aufzusuchen. Beata genoss es, zur Abwechslung einmal verantwortlich zu sein, die Menschen zu beurteilen und entscheiden zu können, ob sie passieren durften. Wer ihrer Ansicht nach aussah, als ließe man ihn besser nicht ins Land, den verwies sie an einen anderen Grenzstützpunkt, wo er bei den dort stationierten Posten um Einlass ersuchen konnte.
Es war ein gutes Gefühl, wichtige Dinge entscheiden zu können, statt machtlos zu sein. Jetzt war sie es, die die Entscheidungen traf.
Aufregend war es auch, wenn Reisende durchkamen – es war eine Abwechslung, eine Gelegenheit, sich mit Menschen von weither zu unterhalten oder ihre fremdartige Kleidung zu bestaunen. Selten reisten mehr als zwei oder drei Personen zusammen, doch zu ihr sahen sie stets auf; sie trug die Verantwortung.
An diesem strahlend sonnigen Morgen allerdings schlug Beata das Herz gegen die Rippen. Diesmal näherten sich ungewöhnliche Besucher der Grenze. Diesmal waren es beträchtlich mehr als nur ein paar. Diesmal deutete alles darauf hin, dass es sich um eine echte Bedrohung handelte.
»Carine«, befahl Beata, »geh am Schlegel in Bereitschaft.«
Die Hakenierin blinzelte sie erstaunt an. »Seid
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