Die Seele des Königs (German Edition)
ragte hoch über ihr auf.
Sie hob den Blick zu ihm; ihre Augen wirkten riesig im Mondlicht. Sie musste den Preis für Verrat kennen. Er würde …
Nein! , dachte er und riss sich angestrengt zusammen.
Es war dieses verdammte Schwert. Es machte etwas mit ihm. Siris zwang sich, die Klinge der Unendlichkeit zurück in die Scheide zu stecken. Er würde bald eine finden müssen, die besser passte.
Isa stieß die Luft aus. Sie verbarg ihre Angst gut, aber ihre Hände zitterten. Hätte sie nicht einfach mit ihrem » Preis« zufrieden sein können?
Sie wusste so vieles – viel mehr, als sie mit ihm zu teilen bereit war. Er konnte sie zum Reden zwingen. Er könnte sie zwingen …
Nein! Der Himmel nehme diese verfluchte Klinge!
» Geh«, sagte er zu ihr und war überrascht, wie heiser seine Stimme klang. » Nimm dein Pferd und deine Sachen. Geh weg.«
» Du … du lässt mich ziehen? Und ich darf das Pferd behalten?«
Siris erwiderte nichts darauf.
» Du wirst mich abstechen, wenn ich dir den Rücken zudrehe«, sagte sie. » Du wirst mich zur Strecke bringen. Ich … du …« Sie zitterte und setzte sich dort auf, wo sie hingefallen war. Ihr Haar hatte sich gelöst und fiel ihr über die Schultern. Sie schien verblüfft zu sein.
» Du kannst das Pferd nehmen«, sagte Siris, » weil ich kein Dieb bin. Du kannst gehen, weil ich niemanden ohne Grund töte.«
Es war falsch. Seine Feinde sollten gesichtslos sein, und er sollte in einem ehrenhaften Duell gegen sie kämpfen. Keine Pfeile aus Armbrüsten in der Nacht und von Menschen, denen er allmählich vertraut hatte.
» Ich will bleiben«, sagte sie.
» Bist du verrückt ? Glaubst du etwa …«
» Du kannst mich nachts fesseln«, sagte sie. » Ich gebe dir all meine Waffen. Du kannst auf dem Pferd reiten; ich laufe vor dir her. Dann kann ich dich nicht hintergehen. Und du musst mir nicht vertrauen. Aber lass mich bleiben.«
» Welchen Grund sollte ich dafür haben, dich in meiner Nähe zu behalten?«
» Saydhi.«
» Wie bitte?«
» Sie ist eine der Ewiglichen«, sagte Isa. » Ihre Ländereien grenzen an die des Gottkönigs. Sie ist weniger mächtig als er, konnte aber autonom bleiben. Sie handelt mit Informationen. Wenn jemand weiß, wo sich der Wirker der Geheimnisse aufhält, dann ist sie es.«
Siris strich über den Griff der Klinge der Unendlichkeit. Der Wirker der Geheimnisse. Wollte er ihn wirklich aufsuchen?
Wenn er diese Waffe erschaffen hat , dachte Siris, dann weiß er auch, wie man sie benutzt. Es wäre richtig , sie ihm auszuhändigen. Er könnte besser gegen die Ewiglichen kämpfen, als es mir jemals möglich wäre .
Auf diese Weise könnte Siris zu der Freiheit gelangen, nach der er sich sehnte, und gleichzeitig im Namen seines Volkes etwas Gutes tun. Das war ein verführerischer, aufreizender Gedanke.
Isa beobachtete ihn noch immer aufmerksam.
» Ich habe nichts, was ich dieser Saydhi anbieten könnte«, sagte er. » Wenn sie mit Informationen handelt, muss ich ihr etwas Wertvolles als Bezahlung geben, damit sie mir den Aufenthaltsort des Wirkers verrät. Das einzige von Wert, was ich besitze, ist diese Klinge, und sie werde ich nicht in die Hände einer Ewiglichen geben.«
» Das wirst du auch nicht müssen«, sagte Isa. » Saydhi heißt grundsätzlich jeden willkommen. Sie liebt Duelle. Wer es mit ihren Meistern aufnimmt, gewinnt eine Gunst von ihr. Wenn du dich zu ihr durchkämpfst, wird sie dir deine Frage beantworten.«
Siris packte den Griff der Klinge fester. Es könnte eine Lüge sein. Vielleicht würde Isa ihn in eine Falle locken. Das war sogar sehr wahrscheinlich.
Aber, die Hölle mochte ihn holen, da lag etwas in ihren Augen. Eine Ehrlichkeit, eine Aufrichtigkeit, die er bisher noch nicht an ihr wahrgenommen hatte. Diese Nacht hatte sie tief erschüttert. Er verstand nicht, warum sie nicht einfach davonlief, Verstärkung holte und ihn zur Strecke brachte. Wäre das nicht sinnvoller als eine komplizierte Falle?
Er wollte ihr noch immer vertrauen. Was war bloß los mit ihm? Vielleicht sollte er den hasserfüllten Gedanken, die ihm das Schwert aufzuzwingen schien, größere Aufmerksamkeit schenken.
» Hol dein Seil«, sagte er und blinzelte. Bei allen alten Gebeten, er war so müde! » Ich werde darüber schlafen.«
5
S iris erwachte und fühlte sich steif. Er ächzte, rollte herüber und betrachtete die Sonne, die gerade über den Horizont stieg. Er hatte nicht annähernd genug Schlaf gehabt.
Natürlich war er daran
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