Die Seele des Königs (German Edition)
irgendeine Aussicht auf das Brot, das du erwähnt hast?«, fragte Siris.
» Hast du etwa Zucker, Butter und Zimt zur Hand?«
» Ich habe ein wenig Dörrfleisch und etwas Hafermehl.« Er hielt einen kleinen Topf hoch. » Und etwas Rüstungspolitur.«
» Vielleicht könnte ich versuchen , aus diesen drei Zutaten etwas zu machen …«
» Ach nein, vielen Dank.«
Isa lächelte, und sie knabberten an ihren Reiserationen. Es schmeckte wie Sägemehl. Bald zog sich Siris das Laken über den Körper – sein Kopf ruhte auf der Rüstung – und schloss die Augen.
Er war erschöpft. Der Kampf gegen die Golems, die Erkenntnis, dass der Gottkönig noch lebte, und der stundenlange Marsch hatten ihn völlig ausgelaugt.
Dennoch mied ihn der Schlaf. Die drei Bauern waren nicht die Einzigen gewesen, die ihnen auf der Straße begegnet waren. Sie waren an zwei weiteren Gruppen vorbeigekommen, und beide hatten vom Opfer gesprochen. Als Siris mit ihnen geredet hatte, war er sich … unehrlich vorgekommen. Wie hätten sie wohl reagiert, wenn sie gewusst hätten, dass das Opfer lebte, aber den Gottkönig nicht zu töten vermocht hatte?
Ich könnte versuchen, das Schwert funktionstüchtig zu machen , flüsterte etwas in seinem Kopf. Und dann könnte ich zurückgehen. Und mich ihm wirklich gegenüberstellen. Und sein Ende herbeiführen .
Der nächste Gedanke folgte unmittelbar. Warum? Warum gerade Siris? Er hatte seinen Teil getan, oder? Hatte er nicht die Freiheit verdient? Hatte er es nicht verdient, endlich einmal Karten zu spielen? Schwimmen zu gehen? Das Meer zu sehen?
Beende das, was du angefangen hast …
Die Zeit verging, während er in Gedanken versunken dalag. Er drehte sich nicht und warf sich nicht herum; das war nicht seine Art. Er hielt die Augen geschlossen und atmete gleichmäßig. Als ob er sich in den Schlaf schmeicheln wollte. Doch es gab noch einen anderen Grund, reglos zu sein. Einen Grund, von dem er hoffte, dass er nicht existierte.
Nach etwa einer Stunde hörte er, wie ein weicher Stiefel über den Stein schabte.
Er riss die Augen auf. Isa hockte neben ihm, und der Pfeil in ihrer Armbrust zeigte auf seinen Hals. Ihr Gesicht badete im Mondlicht, ihre Miene war finster, und Härte lag in ihrem Blick.
Langsam und reuevoll atmete er aus.
Sie wechselten keine Worte; beide wussten, worum es hier ging. Sie griff nach dem Schwert an seiner Seite.
Er schnippte mit den Fingern, setzte sich auf und packte das Schwert mit der einen Hand. Sie betätigte den Abzug ihrer Armbrust.
Zumindest versuchte sie es. Aber nichts geschah. Sie bewegte den Finger wie wild hin und her und machte große Augen. Siris hielt etwas im Mondlicht hoch. Es war der Abzugsmechanismus. Er nahm die Transportationsscheibe von ihm ab – er hatte sie angebracht, als er die Armbrust untersucht hatte – und warf den Abzug in die Nacht hinein. Er hatte erwartet, dass die Scheibe ihm die ganze Armbrust brachte, aber so war es auch gut.
Siris sprang mit einer fließenden Bewegung auf, riss die Klinge der Unendlichkeit an sich und drückte sie gegen Isas Kehle.
» Ich will zu meiner Verteidigung sagen, dass ich nicht versucht habe, dich im Schlaf zu töten«, meinte sie. » Ich habe gewartet, bis du die Augen geöffnet hast.«
» Du hast versucht, mir das Schwert wegzunehmen und damit zu fliehen«, sagte Siris kalt. » Und wenn ich versucht hätte, dich davon abzuhalten, hättest du mich getötet.«
» Ich …«
» Niemand richtet zufällig eine Armbrust auf die Kehle eines anderen, Isa«, flüsterte er. Die Hölle soll mich holen! » Und du hast den Abzug bestimmt nicht zufällig betätigt.« Er stellte fest, dass er sehr wütend war. Er hatte angefangen, sie zu mögen!
» Prima«, sagte Isa mit erschöpft klingender Stimme. Sie setzte sich und warf die Armbrust beiseite. » Aber spiele hier nicht den moralisch Entrüsteten. Du hast doch etwas Ähnliches für eine der nächsten Nächte geplant. Ich bin dir bloß zuvorgekommen.«
» Etwas Ähnliches … Isa, welchen Grund sollte ich denn dafür haben?«
Sie sah ihn mit leerem Blick an und sagte nichts mehr.
Was für eine enttäuschende, unerträgliche Frau! , dachte er. Was im Namen aller alten Gebete soll ich jetzt mit dir machen?
Mühsam hielt er sich davon ab, ihr die Klinge in die Brust zu rammen und es dadurch zu beenden. Sie hatte ihn hintergangen! Wie konnte sie es wagen! Er machte einen Schritt nach vorn, und sie wich zurück, stolperte über einen Stein und fiel zu Boden. Er
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