Die Seele des Königs (German Edition)
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Darüber war er erleichtert. Doch ein dunkler Gedanke kroch ihm in den Hinterkopf, als er weiter darüber nachdachte. Plötzlich hatte er das beunruhigende Gefühl, dass Isa zu viel wusste und sie deshalb lernen musste, ihre Zunge im Zaum zu halten und ihn zu fürchten.
Es war eigentlich kein Gedanke, sondern etwas viel Grundlegenderes. Ein Instinkt. Ein Impuls. Siris kämpfte ihn nieder. In der letzten Zeit verspürte er so etwas zu oft. Viel zu oft.
Das Gespräch erstarb. Als er den Rest seiner Suppe auslöffelte, raschelte es im nahen Bambusdickicht. Sofort hielt er inne und legte die Hand an das Schwert. Eine kleine Gestalt glitt aus dem Wald.
TEN hatte sich mithilfe von Isas Mantel in dunklen Stoff verwandelt und war dabei zu einer Größe von etwa drei Fuß zusammengeschrumpft. Seine Augen bestanden noch immer aus Edelstein.
Der Golem betrat die Lichtung, auf der das Lager stand, und verneigte sich. Er nahm Anweisungen von Siris entgegen, soweit sie nicht gegen seine früheren Befehle verstießen. Seit Siris von Isa erfahren hatte, dass die Ewiglichen Möglichkeiten besaßen, miteinander über große Entfernungen hinweg in Verbindung zu bleiben, vertraute er diesem Wesen noch weniger.
Aber wenn TEN wirklich ein Spion war, wusste er bereits alles Wichtige über Siris – vor allem, wo er sich befand. Siris blieb daher nur die Wahl, den kleinen Golem entweder zu vernichten oder sich seiner zu bedienen. TEN hatte seine Befehle wegzugehen oder ihm zumindest nicht mehr zu folgen, nicht beachtet.
Siris wollte dieses Geschöpf nicht zerstören. Er … nun, er konnte es einfach nicht. Es hatte ihm nichts getan.
» Also?«, fragte Siris.
» Der Pfad ist leicht zu begehen«, sagte TEN mit einer Stimme, die entfernt an raschelnden Stoff erinnerte. » Ich habe die Wachen drei Stunden und siebzehn Minuten lang beobachtet, und es ist so, wie Herrin Isa gesagt hat. Es gibt vier Meister. Ich habe gesehen, wie einer von ihnen einen Bittsteller getötet hat. Sogar der niederste Meister ist sehr fähig und geschickt.«
Siris rieb über den Griff der Klinge der Unsterblichkeit.
» Irgendwann musst du gehen«, sagte Isa und schaute hoch in den Himmel, der noch immer bewölkt und düster war. » Wir können nicht ewig hier draußen lagern, und irgendwann werden die Ritter, die auf der Jagd nach dir sind, erkennen, dass sie deine Spur verloren haben. Sie werden sich aufteilen, und dieser Ort hier – hinter dem Pass – bietet sich für den Beginn einer Suche geradezu an.«
» Würdest du es schaffen?«, fragte Siris.
» Zu reiten? Das sollte kein Problem sein.«
» Spielst du nur die Tapfere, oder ist das die Wahrheit?«
» Vielleicht beides.«
Er holte tief Luft. In ihrem Zustand war sie vermutlich nicht in der Lage, die Klinge der Unsterblichkeit an sich zu bringen, falls er im Kampf unterliegen sollte. Dennoch fühlte er sich besser, wenn sie in seiner Nähe war. Dann wäre noch jemand anderes als TEN zur Stelle.
» Wir sollten uns auf den Weg machen.«
Sie schlugen ihr Lager nicht ab; vielleicht würden sie auf dem Weg zum Gefängnis des Wirkers wieder hier vorbeikommen. Vorausgesetzt, Siris gewann. Vorausgesetzt, Saydhi besaß die Information, die er brauchte. Vorausgesetzt, sie hielt Wort und verriet ihm, was er wissen wollte.
Es waren eine Menge Unsicherheiten, aber eine andere Möglichkeit blieb ihnen nicht. Siris half Isa auf das Pferd und versetzte ihm einen Schlag gegen die Schnauze, als es wieder einmal versuchte, ihn zu beißen.
TEN kam herüber und ließ sich auf den Boden fallen. Der schwarze Stoff breitete sich aus, wurde grün, und Pflanzen sprossen aus ihm. Wenige Augenblicke später kroch der neue TEN hervor. Nun hatte er die Größe einer kleinen Katze und bestand vollkommen aus Blättern. Er sprang auf den Rücken des Pferdes und machte es sich dort bequem.
Sie brachen auf und bahnten sich einen Weg durch die taufeuchten Bambusdickichte. Siris trug den Ring des Gottkönigs, der die Kräfte des Heilens und der Bewegung in sich barg. Sein Feuerring funktionierte nicht mehr; der Splitter, den er in die Erdspalte geworfen hatte, musste geschmolzen sein. Aber für Siris war die Heilkraft wichtiger, und wenn er mehr als einen Ring trug, könnten ihre Kräfte sich gegenseitig stören. Man schwebte in der Gefahr, die falsche Eigenschaft auszulösen, und Siris zog es vor, sich nicht in Brand zu setzen, wenn er sich eigentlich heilen wollte.
» Der Gottkönig hat also Jagd auf deine Familie
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