Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seele des Königs (German Edition)

Die Seele des Königs (German Edition)

Titel: Die Seele des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
Du hast dich tatsächlich geweigert, zur Burg des Gottkönigs zu gehen? O Lichter im Himmel, Junge! Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass du noch vernünftig wirst. Jetzt sind wir …«
    Sie verstummte, als sie den Gegenstand sah, den Siris neben dem Baumstumpf abgestellt hatte. Die Klinge der Unendlichkeit. Sie schien im Sonnenlicht aus sich selbst heraus zu schimmern.
    » Die Hölle soll mich holen«, flüsterte Myan und legte die Hand vor den Mund. » Bei den sieben Herren, die mit Schrecken herrschen. Du hast es tatsächlich getan? Du hast ihn getötet ?«
    Siris hieb mit der Axt wieder auf den Scheit ein. Wieder traf er nicht die Mitte. Es ist die Maserung , dachte er. Ich versuche es gegen die Maserung statt an ihr entlang zu treffen .
    Seltsam. Er konnte einen Menschen mit dieser Axt auf siebzehn verschiedene Weisen töten. Jede davon vermochte er sich mit vollkommener Klarheit vorzustellen, und er spürte sogar, wie sein Körper die einzelnen Bewegungen ausführen würde. Doch er war nicht in der Lage, Holz zu hacken. Er hatte noch nie Gelegenheit gehabt, es zu versuchen.
    » Also hast du doch keine Vernunft angenommen«, sagte Myan.
    » Nein«, erwiderte Siris.
    Seine Mutter hatte nie gewollt, dass er ging. Sie hatte ihr Missfallen nicht ausdrücklich bekundet, denn sie hatte nicht das unterlaufen wollen, was der Rest des Dorfes – der Rest des ganzen Landes – als seine Bestimmung und als ihr Privileg ansah. Vielleicht hatte sie sogar auf irgendeine Weise gespürt, dass es tatsächlich seine Bestimmung war. Er hatte nie ernsthaft an Flucht gedacht. Das wäre so gewesen, als ob … also ob er sich an die Besteigung des höchsten Berges der Welt gemacht hätte und zehn Fuß unter dem Gipfel umgekehrt wäre.
    Nein, sie hatte nicht versucht, seine Ausbildung zu hintertreiben.
    Aber welche Mutter würde es sich wünschen , dass ihr Sohn in den sicheren Tod geht? Noch in der Nacht vor dem Fest des Opfers hatte sie sich bemüht, es ihm auszureden; es war der offenste ihrer Versuche gewesen. Doch da war es schon zu spät gewesen. Für sie beide.
    » Wir müssen dich ins Dorf bringen!«, rief sie. » Und mit den Ältesten reden. Es wird ein Fest geben! Eine Feier! Tanz und … und … Was machst du für ein Gesicht, mein Sohn?«
    » Ich war schon im Dorf«, sagte er und machte sich aus ihrem Griff los. » Es wird kein Fest geben, Mutter. Sie haben mich weggeschickt.«
    » Dich weggeschickt? Warum sollten sie …« Sie verstummte und sah ihn eingehend an. » Diese kleingeistigen Narren. Sie haben Angst, nicht wahr?«
    » Ich vermute, sie haben einen guten Grund dafür«, sagte Siris, stellte die Axt beiseite und setzte sich auf den Stumpf. » Und sie haben recht. Man wird nach mir suchen.«
    » Das ist Unsinn«, sagte sie und hockte sich neben ihn. » Mein Sohn, ich lasse dich nicht wieder gehen. Ich werde das alles nicht noch einmal durchmachen.«
    Er hob den Blick, sagte aber nichts. Wenn er die Unterstützung des Dorfes gehabt hätte, wäre er vielleicht geblieben. Aber nur mit der Unterstützung seiner Mutter … nein. Er wollte sie nicht in Gefahr bringen.
    Warum war er dann überhaupt zu ihr gekommen? Weil ich wollte, dass sie es weiß , dachte er. Weil ich ihr zeigen musste, dass ich noch lebe . Vielleicht hätte er ihr einen größeren Gefallen erwiesen, wenn er sich von ihr ferngehalten hätte.
    » Aber du wirst mir keine Wahl lassen, nicht wahr?«, meinte sie.
    Er zögerte; schließlich schüttelte er den Kopf.
    Sie packte seinen Arm mit festem Griff. » Du bist ein Krieger durch und durch«, flüsterte sie. » Erlaube mir wenigstens, dir eine kräftige Mahlzeit zu geben. Dann können wir vielleicht weiterreden.«
    Mit einem ausgezeichneten Essen im Bauch fühlte er sich gleich viel besser. Leider hatte seine Mutter keine Jederbeeren vorrätig gehabt, aber sie hatte ihm eine Pfirsischpastete gebacken. Sorgfältig schrieb er in sein Tagebuch:
    Ich mag Pfirsischpastete. Ich mag ganz eindeutig Pfirsischpastete .
    » Wie oft habe ich versucht, dir das aufzutischen, als du noch ein Junge warst?«, fragte sie ihn, während sie ihm gegenüber am Tisch saß und zusah, wie er den letzten Bissen auf den Löffel schob.
    » Dutzende Male«, antwortete er.
    » Und du hast dich jedes Mal geweigert, es zu essen.«
    » Ich …« Es war schwer zu erklären. Irgendwie hatte er seine Pflichten gekannt , bereits von Kindheit an. Die Erwartungen des Dorfes hatten hohe Anforderungen an ihn gestellt, aber in Wahrheit

Weitere Kostenlose Bücher