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Die Seele des Königs (German Edition)

Die Seele des Königs (German Edition)

Titel: Die Seele des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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sagte Meister Hanna hinter Renn. » Jeder weiß das.«
    » Sie werden wütend sein«, fügte Meister Hord hinzu. » Wütend auf dich wegen dem, was du getan hast.«
    » Wir dürfen es nicht zulassen, dass du im Ort bleibst«, sagte Meister Renn. » Zum Besten von uns allen musst du gehen, Siris.«
    » Ihr verbannt mich?«, fragte Siris. » Die Hölle soll mich holen … ich habe euch gerettet . Ich habe euch alle gerettet!«
    » Das wissen wir zu schätzen«, sagte Meister Renn.
    Einige der anderen wirkten nicht so, als würden sie ihm zustimmen. Noch vor einer Woche hatten diese Menschen seine Tapferkeit gelobt. Sie hatten ein Fest für ihn ausgerichtet und ihn mit Fanfarenklängen verabschiedet. Sie hatten ihn gelobt und gepriesen. Sie wollten nicht, dass ich gewinne , dachte er und sah in ihre feindseligen Augen. Sie haben Angst. Sie haben von Freiheit geredet, aber jetzt wissen sie nicht, was sie mit ihr anstellen sollen .
    » Du solltest schnell gehen«, sagte Renn. » Wir haben Weallix eine Nachricht geschickt und ihn zu uns zurückgerufen.«
    » Ausgerechnet ihn?«, fragte Siris. » Ihr wollt dieser Ratte dienen?«
    » Unsere einzige Hoffnung besteht nun darin, eingeschüchtert und beschwichtigt zu wirken. Unterdrückt. Wenn die anderen Götter auf ihrer Suche zu uns kommen, dürfen sie kein rebellierendes Dorf vorfinden.«
    » Es ist besser so, Siris«, sagte Meister Renn.
    » Ihr seid schon so lange Sklaven«, spuckte Siris aus, » dass ihr nicht mehr wisst, wie es ist, etwas anderes zu sein. Ihr seid Narren! Kinder.« Er bemerkte, dass er schrie. » Nach all diesen Jahrhunderten, nach all diesem Feiern und Träumen werft ihr das, was ihr ereicht habt, einfach weg. Ihr werft mich weg!«
    Die Ältesten wichen vor seinem Zorn zurück. Sie schienen Angst vor ihm zu haben.
    Siris ballte die Fäuste, doch dann stellte er fest, dass seine Wut schwand. Er konnte nicht wirklich wütend auf sie sein. Er konnte sie nur bedauern.
    » Also gut«, fuhr er sie an, drehte sich um und nahm sein Bündel. » Also gut, ich gehe.«
    Eine Stunde später hob Siris eine alte, abgenutzte Axt. Ihre Klinge war schartig, der Schaft grau und verwittert vor Alter. Er schwang die Axt, schätzte ihr Gewicht ab und versuchte, den Sturm der Gefühle in seinem Innern nicht zu beachten. Verrat. Enttäuschung. Wut.
    Seine Übungen verbannten all dies für einen Augenblick, während er die Axt beobachtete. Vor seinem inneren Auge sah er die Möglichkeiten, wie er mit ihr im Kampf gewinnen konnte.
    Schlag sie dem Feind gegen die Knie, dann ramme ihm die Axt in die Brust, während er zu Boden geht …
    Hack auf den Hals ein, voller Wut, benutze den langen Schaft, um die Reichweite zu erhöhen …
    Hämmere die Axt immer wieder gegen den Schild des Feindes, damit er aus dem Gleichgewicht gerät, mach dann einen Schritt zurück und schlage unerwartet von rechts zu …
    Er hob die Axt …
    … dann schwang er sie gegen ein Holzscheit, das gegen den Baumstumpf vor ihm lehnte. Er traf es nicht genau in der Mitte, und die Axt sprang ab, als ob das Holz Stein wäre. Siris knurrte und hieb wieder zu. Diesmal gelang es ihm bloß, einen Splitter an der Seite herauszuhacken.
    » Verdammt«, sagte er und warf sich die Axt über die Schulter. » Holz zu hacken ist viel schwieriger, als es aussieht.«
    » Siris?«, fragte eine entsetzte Stimme.
    Er hob den Blick. Eine Frau mittleren Alters stand auf dem Weg, der zu der Hütte im Wald führte, und hielt einen Kübel mit Wasser fest gepackt. Ihr Haar war an manchen Stellen bereits silbern, und ihre Kleidung bestand aus einfachster Wolle. Es war seine Mutter Myan.
    Seine Mutter würde wissen, was zu tun war. Myan war robust , so wie ein alter Baumstumpf robust war – oder wie der ausbalancierte Felsen draußen vor dem Dorf. Als Kind hatte er einmal versucht, ihn beiseite zu schieben. Obwohl der Fels scheinbar leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen war, hatte Siris ihn doch um keinen Zoll bewegen können.
    » Mutter«, sagte er und senkte die Axt. Sie war nicht in der Hütte gewesen, als er vor einer halben Stunde hier eingetroffen war. Sie hatte Wasser geholt. Er hätte es wissen müssen. Früher hatte er dies immer für sie besorgt, denn der Lauf zum Fluss und zurück war ein Teil seiner körperlichen Ausbildung gewesen.
    » Siris!«, rief sie und setzte den Kübel ab. Sie eilte auf ihn zu; wegen eines Sturzes vor zehn Jahren humpelte sie. Zärtlich ergriff sie ihn am Arm. » Du hast also Vernunft angenommen?

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