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Die Seele des Königs (German Edition)

Die Seele des Königs (German Edition)

Titel: Die Seele des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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fühlte er sich einfach nur frei .
    Seine Rolle als Opfer hatte alles beherrscht, was er je getan hatte. Aber das war nun vorbei. Für immer . Endlich konnte er herausfinden, wer er wirklich war – die Person, die er schon immer hätte sein können, wenn nicht diese schreckliche Pflicht stets auf ihm gelastet hatte. Er zögerte, dann zog er ein kleines Buch mit Holzdeckeln aus seiner Hosentasche. Seine Mutter hatte es ihm gegeben und ihm aufgetragen, er möge auf der Reise zur Burg des Gottkönigs jede Nacht seine Gedanken hineinschreiben.
    Seine Mutter und er gehörten zu den wenigen im Ort, die lesen und schreiben konnten. Das Opfer musste gebildet sein. Siris wusste nicht genau, warum das so war; es war eine Tradition. Er hatte dieses Erfordernis nicht als mühsam angesehen; Lesen und Schreiben zu lernen war ihm leichtgefallen.
    Das Tagebuch war leer. Siris hatte nie etwas hineingeschrieben und fühlte sich wie ein Narr, weil er den Rat seiner Mutter nicht befolgt hatte. Er hatte sich einfach nicht dazu zwingen können. Er war auf seinen Tod zumarschiert und entschlossen gewesen, seine Ahnen zu rächen, die unter der Klinge des Gottkönigs gefallen waren. Dazu wollte er diese Kreatur nicht töten, sondern nur gegen sie kämpfen und damit beweisen, dass die Welt nicht vollständig ihr gehörte, auch wenn sie dies glaubte.
    Siris Mutter hatte dem Buch einen Kohlestift beigelegt. Siris nahm ihn und schlug die erste Seite auf. Dort schrieb er einen einzigen Satz nieder.
    Ich hasse Sumpfkrautsuppe .
    Die Tür wurde geöffnet, und Siris drehte sich zu den Ältesten des Ortes um. Meister Renn stand vor den anderen; er war ein kleiner, kahlköpfiger Mann mit rundem Gesicht und trug eine rote Zeremonialrobe, die vom Alter gebleicht war. » Siris«, sagte er, » wir haben uns gefragt … was du als Nächstes vorhast.«
    Siris dachte kurz nach. » Ich will meine Mutter besuchen«, verkündete er. » Ich hatte angenommen, dass sie sich im Ort befindet, da gerade Mittag ist. Ich hätte als Erstes zu ihrer Hütte gehen sollen.« Sie lebte außerhalb der Haupthöhle im Freien und an der frischen Luft.
    » Ja, ja«, sagte Meister Renn. » Aber danach …?«
    » Darüber habe ich schon viel nachgedacht, Meister«, sagte Siris und steckte das Buch weg. » Und … nun ja, ich bin zu einer Entscheidung gelangt.«
    » Ja?«
    » Ich werde schwimmen gehen.«
    Meister Renn blinzelte überrascht, dann wandte er sich an die übrigen Ältesten.
    » Und danach«, fuhr Siris fort, » werde ich eine Jederbeer-Pastete essen. Ist Euch bewusst, dass ich noch nie eine Jederbeer-Pastete probiert habe? Ich musste immer strenge Diät halten, und es war mir nicht einmal an Festtagen erlaubt, eine Pastete zu kosten. Ein Krieger darf sich eine solche Leichtsinnigkeit nicht erlauben.« Er rieb sich das Kinn.
    Hoffentlich schmeckt sie mir , dachte er. Es wäre traurig, wenn ich die ganzen Jahre hindurch alle anderen wegen nichts beneidet hätte .
    » Siris«, sagte Meister Renn und trat auf ihn zu. Sein Blick glitt zur Ecke des kleinen Zimmers, in der Siris’ Rüstung lag – eingewickelt in seinen Mantel, der auch als Gepäcksack diente. Die Klinge der Unendlichkeit lehnte dagegen. » Hast du es wirklich geschafft? Du bist nicht … einfach bei ihm eingebrochen und hast ihm das Schwert gestohlen, oder?«
    » Wie bitte?«, fragte Siris. » Natürlich nicht!«
    Blitzartig überfiel ihn die Erinnerung an den Kampf, Schwert gegen Schwert. Und an die beherrschende, verächtliche und gleichzeitig so erstaunlich aufrichtig klingende Stimme des Gottkönigs. Es war ein unerwartet ehrenhaftes Duell gewesen, ganz nach dem althergebrachten Ideal.
    » Und die anderen?«, fragte Meister Renn. » Die anderen sechs Mitglieder des Pantheons? Du hast ihren König getötet. Bist du auch den anderen gegenübergetreten?«
    » Ich habe mit einigen Gefangenen im Kerker gekämpft«, sagte Siris. » Ich vermute, dass sie wichtige Personen waren, aber sie haben nicht wie Mitglieder des Pantheons ausgesehen. Zumindest habe ich sie nicht erkannt.«
    Meister Renn warf den übrigen Ältesten einen raschen Blick zu. Sie regten sich unbehaglich.
    » Was ist los?«, wollte Siris wissen.
    » Siris«, sagte Meister Renn, » du kannst nicht hierbleiben.«
    » Was? Warum nicht?«
    » Sie werden Jagd auf dich machen, mein Sohn«, sagte Meister Renn. » Sie werden das dort suchen.« Er schaute wieder hinüber zu dem Schwert.
    » Alle Ewiglichen begehren die Klinge der Unsterblichkeit«,

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