Die Seele des Königs (German Edition)
seinen Soldaten. Er tobte und raste und deutete auf den Fremden. Dann verstummte er und taumelte zurück, als der Fremde eine weitere Kette ergriff und sich mit ihrer Hilfe auf einen der Wagen schwang. Er landete mit einem dumpfen Geräusch. Der Teufler mit der purpurfarbenen Haut schlug mit seinem mächtigen Streitkolben zu, aber die Waffe des Gottkönigs – die Klinge der Unendlichkeit – blitzte schon in der Luft.
Verwirrt starrte der Teufler den Stumpf seines Streitkolbens an. Der Kopf polterte auf den Wagenboden. Einen Augenblick später folgte der Leichnam des Teuflers.
Weallix versuchte auf den Höhlenboden zu springen, fiel aber auf die Knie, als der Wagen ins Schaukeln geriet. Nachdem er wieder aufgestanden war, spürte er die Klinge an seinem Hals.
» Ruf sie zurück«, sagte der Fremde mit sanfter Stimme.
» Teufler!!«, brüllte Weallix. » Lasst die Leute frei und zieht euch zurück! Zieht euch zurück!«
Nun war die Kapuze vom Kopf des Fremden gerutscht und enthüllte einen silbrigen Helm, der das gesamte Gesicht bedeckte. Er wartete, während die Ungeheuer hinter die Menge der zusammengedrängten Dorfbewohner wichen. Dann hob er seine Klinge – die vom Blut der getöteten Ungeheuer tropfte – und deutete damit auf die mundartige Öffnung. » Hinaus mit dir. Du wirst niemals zurückkehren.«
Weallix gehorchte, taumelte, fiel auf den Boden, als er von dem Karren hinunter stolperte und rannte dann aus der Höhle. Seine Teufler folgten ihm.
Es wurde still in der Höhle. Endlich hob der Fremde die Hände und setzte seinen Helm ab. Er enthüllte schweißnasses, braun-blondes Haar und ein jugendliches Gesicht.
Siris. Das Opfer. Der Mann, der in den Tod geschickt worden war.
» Ich bin zurückgekehrt«, sagte er zu den Dorfbewohnern.
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E r sollte nicht gewinnen«, zischte Meister Renn.
Siris hörte, wie sie sich im anderen Raum von Renns Hütte unterhielten. Siris saß still da und hielt eine kleine Schüssel mit Suppe in der Hand. Sie bestand aus Sumpfkraut – eine sehr gesunde Speise. Die Speise eines Kriegers.
Sie schmeckte wie Spülwasser.
» Nun«, sagte Meister Shanna, » wir können ihn eigentlich nicht dafür verantwortlich machen, oder? Dafür, dass er noch lebt, meine ich.«
» Er ist weggegangen, um gegen den Gottkönig zu kämpfen«, sagte Meister Hobb. » Wir haben ihn in den Kampf mit dem Gottkönig geschickt.«
Und Siris war losgezogen, so wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Über die Jahrhunderte waren Dutzende ausgesandt worden, immer aus derselben Familie. Aus einer Familie, die vom Volk des Landes geschützt, behütet und versteckt wurde.
Es wurde » das Opfer« genannt. So wehrten sie sich. Es war die einzige Möglichkeit. Sie lebten unter der bedrückenden Herrschaft des Gottkönigs, zahlten beinahe alles, was sie besaßen, als Tribut und ertrugen die Grausamkeit von Menschen wie Weallix – der bis zu seiner versuchten Machtergreifung nur ein einfacher Steuereintreiber gewesen war.
Aber sie vollzogen diesen einen Akt der Rebellion. Eine Familie, vor allen anderen versteckt. Ein Krieger in jeder Generation, der ausgesandt wurde, um deutlich zu machen, dass das Volk dieses Landes nicht vollkommen unterjocht war.
Das Opfer musste nicht gewinnen. Es wurde gar nicht erwartet, dass es gewann. Es sollte dazu nicht einmal in der Lage sein.
Die Hölle soll mich holen , dachte Siris und schaute hinunter auf seine Schüssel. Sogar ich selbst hatte nicht erwartet, ihn zu besiegen . Siris war mit dem Traum losgezogen, dass er dem Gottkönig vielleicht einen einzigen blutenden Schnitt beibringen könnte, wenn er ungeheures Glück haben sollte.
Doch stattdessen hatte er einen der Ewiglichen getötet.
Es wurde still im anderen Zimmer, dann setzte das Flüstern wieder ein; es war so leise, dass er nichts verstehen konnte.
Ich habe es wirklich getan , dachte Siris. Ich lebe noch . Allmählich sank dieser Gedanke in ihn ein. Er schaute wieder nach unten und stellte die Suppenschüssel mit großer Entschlossenheit ab. Und das bedeutet, dass ich diesen Dreck nie wieder zu mir nehmen muss!
Siris stand auf und lächelte. Er hatte davon geträumt, was geschehen mochte, wenn er den Gottkönig tötete. Er hatte es nicht zu hoffen gewagt, aber diese Träume hatte er sich erlaubt. Er hatte sich den Triumph und die Feierlichkeiten vorgestellt. Er hatte sich vorgestellt, wie er seinen Sieg genießen und jubeln würde. Aber seltsamerweise verspürte er keinen Jubel. Stattdessen
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