Die Seele des Königs (German Edition)
erreicht habe, behandeln mich die anderen mit Ehrerbietung.«
» Der Teufler … Er hat gesagt, du bist vierzig Jahre alt.«
» Ich werde es in zwei Jahren sein«, sagte der Troll und schüttelte den langschnäuzigen Kopf. » Uralt. Aber, großer Meister, meine Belange sind für Euch nicht von Bedeutung. Ich würde mich gern leiser mit Euch unterhalten. Die meisten Bewohner dieser Burg denken nicht an die Zukunft, und ich will nicht, dass sie sich plötzlich Fragen stellen.«
» Also gut.«
» In all den Jahren«, sagte Kuuth mit sanfter, kaum mehr hörbarer Stimme, » habe ich viele Dinge gesehen. Und ich habe über viele Dinge nachgedacht. Vielleicht könnten diese Gedanken für Euch von Nutzen sein. Ihr müsst wissen, dass es in dieser Burg keine Bediensteten gibt. Keine Mägde, keine Verwalter – kein Personal, wie es sich die geringeren Herren halten, die unter dem Gottkönig stehen.«
» Das habe ich schon bemerkt«, sagte Siris. » Ich hatte eigentlich angenommen, dass der Gottkönig es an dem Ort, an dem er lebt, so bequem wie möglich haben will.«
» Das ist es«, sagte Kuuth. » Er lebt nicht hier. Er hat die Burg nur gelegentlich besucht, für gewöhnlich dann, wenn sich die Nachricht über einen neuen bedeutenden Krieger verbreitete, der sich durch die Wildnis hierher durchkämpfte.«
Siris schwieg eine Weile. » Also ist dieser Ort eine Falle«, sagte er schließlich.
» Eine Falle? Ich weiß nicht, ob ich das sagen würde, großer Meister. Aber er ist ein Ziel … ja, das war er zumindest. Wie ein hoher Metallpfosten, der den Blitz abfangen soll, war die Burg hierhergesetzt worden, um die Krieger anzulocken, die den Gottkönig töten wollten.«
» Er hat sich mit ihnen duelliert«, sagte Siris. » Er hätte sie einfach mit seiner Magie töten oder mit seinen Streitkräften überwältigen können. Doch stattdessen hat er sich ihnen persönlich entgegengestellt. Warum?«
» Was wisst Ihr über die Ewiglichen?«
» Nicht viel«, sagte Siris. » Es sind sieben Gebieter, die gemeinsam herrschen, und der Gottkönig steht über ihnen allen.«
» Ja, aber das ist das Trugbild, das sie den anderen im Lande übermitteln. Der Gottkönig war nur einer der vielen , die sich als die Ewiglichen bezeichnen. Sie sind unsterblich – wahrhaft unsterblich. Sie benötigen weder Nahrung noch Wasser. Sie altern nicht, und ihr Körper heilt sich selbst, wenn er verwundet wurde. Wenn sie in Stücke gehackt werden, sucht sich ihre Seele einen neuen Körper, um darin wiedergeboren zu werden. Oft werden sie in etwas wiedergeboren, was der Gottkönig eine ›Knospe‹ nannte, ein Abbild ihrer selbst, das bereits vor langer Zeit zu diesem Zweck erschaffen wurde.«
» Ich habe einige davon gesehen«, sagte Siris. » Dort unten.«
» Ja«, sagte Kuuth. » Aber auch ohne eine Knospe findet die Seele eines wahren Ewiglichen ein neues Zuhause. Es sei denn …«
» Es sei denn?«
» Das Schwert des Gottkönigs. Ihr habt seine Magie schon erwähnt. Besitzt ihr diese Waffe?«
Siris griff an seine Seite und fuhr mit den Fingern an der Klinge entlang.
» Die Klinge der Unsterblichkeit«, flüsterte Kuuth. » Hergestellt vom Wirker der Geheimnisse persönlich.«
» Aber das ist nur ein Mythos, oder?«
» Wer wäre ein besserer Schöpfer einer Klinge, die nicht existieren sollte – eines Schwertes, mit dem die Untötbaren getötet werden können? Großer Meister, diese Waffe wurde dazu erschaffen, die Ewiglichen umzubringen. Für immer. Sie ist ein schreckliches und wundersames Ding. Die Ewiglichen leben seit Jahrtausenden und betrachten sich als unsterblich. Aber wenn einer von ihnen Zugang zu einer Waffe erhält, mit denen er die übrigen bedrohen kann …«
» Dann wäre er ein Gott«, flüsterte Siris.
» Ein Gott der Götter«, sagte Kuuth. » Ein König der Könige. Der Erste der Unsterblichen.«
Siris fuhr noch einmal mit den Fingern an der Klinge entlang. » Sie werden mich jagen, weil sie dieses Schwert haben wollen.« Er packte den Griff fest. » Ich sollte es wegwerfen.«
» Sie würden Euch dennoch jagen«, sagte Kuuth, » weil Ihr das Geheimnis kennt. Weil Ihr das Undenkbare getan habt.«
» Auch du bist schon so gut wie tot«, flüsterte Siris, als er die Wahrheit erkannte. » Alle in dieser Burg sind es. Jeder Aegis und Teufler, der weiß, dass ein Sterblicher einen der Unsterblichen töten kann.«
» Jetzt wisst Ihr, warum ich Euch das nur im Flüsterton sagen konnte«, meinte Kuuth. » Es hat
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