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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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es dir genau an. Das ist dein wahres Ich.
    Ein Wesen von schrecklicher Fremdartigkeit blickte ihm entgegen. Eiskalt, frostig und furchterregend. Im flimmernden Silber und Türkis der schräg gestellten, riesigen Augen sah er schwarze Schlitze. Schuppen glänzten auf seinen Wangen, Stacheln wuchsen aus seinen Schläfen. Oder waren es viel eher Hörner, weiß und nach hinten gebogen, die sich in einer Reihe bis zu seinem Hinterkopf zogen und aus den silbernen Haaren ragten? Die Kamera zeigte seine Gestalt bis zur Brust, und die war nahezu völlig von weißen Schuppen bedeckt, die schillerten und glänzten, sobald er sich bewegte.
    Nein, an diesem Wesen war nichts Menschliches mehr. Es war etwas, das nicht in die Welt gehörte.
    Genauso wenig wie die Seele, sagte der andere. Und wie die Geschöpfe, die aus ihr herauskommen. Sie alle sollten nicht hier sein. Sie haben sich verirrt, wurden aus ihrer wahren Heimat herausgerissen und in das irdische Meer geworfen. Es ist nicht ihre Welt. Sie sollten nicht hier sein. Es ist ein Fehler … ein Fehler …
    „Du gehörst hierher.“ Fae küsste ihn. Wütend und hungrig. Konnte sie etwa seine Gedanken lesen? „Du gehörst hierher, hast du verstanden? Zu mir. Es ist deine Entscheidung. Du bist zuhause, wo du geliebt wirst.“
    Kjell blickte auf. Henry und Ukulele starrten ihn aus großen Augen an.
    „Wenn das meine Großmutter sehen könnte“, flüsterte der Hawaiianer. „Was ist da passiert? Du siehst aus, als würdest du dich dasselbe fragen.“
    Kjell antwortete nicht. Benommen verfolgte er seine Aufnahmen, die über den Bildschirm flimmerten. Den Tanz der Fischschwärme, die Jäger des Meeres, die Schwertwale im Tangwald. Sonnenlicht fiel in schrägen Säulen durch die wogenden Stängel, die Strömung wiegte alles hin und her, ließ die Welt tanzen, in einer trägen und unaufhörlichen Bewegung, in der es niemals Stillstand gab.
    Die andere Welt …
    Plötzlich sehnte er sich so heftig nach ihr, dass ihm die Luft wegblieb. Er sehnte sich nach der Ferne, die so weit, so unendlich weit war, dass der Versuch, sie sich vorzustellen, fast in Wahnsinn endete. Er sehnte sich nach dem riesigen, blauen Mond, dem vielfarbigen Himmel und dem unendlichen, stillen Meer, in dem sich unfassbar weit entfernte Nebel und Galaxien spiegelten.
    Das Video endete während seines Halbschlafs am Grund des Meeres. Eine Weile sagte niemand etwas. Kjell schmiegte seine Lippen an Faes Haar und beruhigte sich an ihrem Geruch.
    „Danke“, flüsterte Ukulele schließlich. „Das war unbeschreiblich.“
    „Warum siehst du dann so enttäuscht aus?“, brummte Fae.
    „Weil es anders ist, wenn wir tauchen. Das Meer ist anders, verstehst du? Alle Tiere, denen wir begegnen, sind anders. Das da“, er deutete auf den Bildschirm, „ist das wirkliche Meer. So werden wir es nie sehen, weil wir nicht dazugehören.“
    Kjell schob Fae von sich und ging aus dem Zimmer. Als er die winzige Koje betrat, die ihnen beiden gehörte, war er nur kurz allein. Im Dunkeln setzte er sich auf das Bett, hörte, wie die Tür leise aufging und wie sie sich ebenso leise wieder schloss. Arme schlangen sich um ihn. Warme Finger griffen nach der Decke, zogen sie von seinem Körper und ließen sie zu Boden gleiten.
    Hier gab es keine Schlüssel, aber weder Henry noch Ukulele würden sie stören. Wenigstens hoffte er das. Schwer atmend glitt Fae auf seinen Schoß, sah ihn einen Augenblick lang an, als sei sie aus einem Traum erwacht, und presste sich plötzlich mit einem solch verlangenden Ruck an ihn, dass er scharf nach Luft schnappte. Genau auf seiner Augenhöhe drückten sich die harten Spitzen ihrer Brüste durch den Pullover. Allein der Anblick ließ seinen Körper lichterloh brennen.
    Er spürte nicht länger das Schiff um sich herum, dachte nicht länger über Stimmen oder ferne Welten nach. Er war sich nur noch der weichen, warmen Haut bewusst, die er unter seinen Lippen und seinen Händen spürte, hörte nur noch Faes leises Seufzen und das rhythmische Keuchen ihres Atems. Ungeduldig streifte er ihr den Pullover über den Kopf, während sie mit zitternden Fingern über seine Brust kratzte. Wieder und wieder küssten sie sich, während er allen störenden Stoff von ihrem Körper riss. Der Druck zwischen seinen Beinen wurde unerträglich, als sich ihr heißer Körper an ihm rieb und ihre Finger sich in sein Haar krallten. Faes Zungenspitze glitt über seinen Hals, fuhr die Linie seines Kiefers nach und berührte seine

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