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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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ihn herum sah er die Wände der Koje. Fae redete sanft auf ihn ein, küsste und beruhigte ihn. Aber er fühlte noch immer das Strömen des Blutes, spürte das Messer in seinem Brustkorb und diese schreckliche, unerträgliche Einsamkeit. Keuchend rang er nach Luft.
    Immer noch nicht … brauche Luft … muss atmen … Halt! Nicht mit den Kiemen, mit den Lungen. Ich bin an Land. An Land!
    Kjell hustete. Er presste die Hände auf seine Seiten und spürte, wie sich die klaffenden Schlitze schlossen. Atme! Atme! Kein Salzwasser rann aus seiner Kehle. Es gab nichts, das ausgehustet werden musste. Röchelnd saugte er Luft in seine brennenden Lungen. Endlich nahmen sie ihre Arbeit wieder auf. Erschöpft sackte er in Faes Armen zusammen und ließ zu, dass sie ihn wiegte wie ein Kind.
    „Schschsch. Ganz ruhig. Beruhige dich. Alles ist gut.“
    Mit einer Hand streichelte sie sein Haar, mit der anderen fuhr sie über seinen Rücken. Ihre Berührungen und ihre Stimme wischten langsam, ganz langsam, den Albtraum beiseite. Kjell atmete tief und langsam, während er ihren zarten Körper als Stütze nahm.
    „Hast du gesehen, wer es war?“, flüsterte sie.
    „Da war ein Ungeheuer“, brachte er hervor. „Ein Monster. So groß wie die Wesen aus der anderen Welt. Es packte mich und schleuderte mich auf ein Schiff.“
    Er spürte ihre Angst, als sie antwortete: „Es kam auch durch das Portal?“
    „Ja. Aber es sollte nicht hier sein. Es muss sich verirrt haben. Oder es wurde in diese Welt gezwungen. Die Wesen, die ich dort drüben gesehen habe, waren friedlich. Aber dieses Ungeheuer muss wahnsinnig geworden sein. Alles, was ich fühlte, war seine Wut und sein Schmerz. Es ist noch älter als der Narwal. Viel älter. Es kam mir vor, als wäre es so alt wie die Zeit. Vielleicht war es das erste Wesen, das aus der anderen Welt hierher kam, aber es hat sich verändert. Es hat nichts mehr mit dem zu tun, was es einmal gewesen ist.“
    „Dieses Monster jagt dich?“
    Kjell nickte erschöpft. „Es gehorcht einem Menschen.“
    Sie wurde noch blasser als ohnehin schon. „Wem?“
    „Ich weiß es nicht. Sein Gesicht war verschwommen.“
    Wieder begann sie, ihn zu wiegen. Fae fürchtete sich, und er konnte nichts tun, um ihr diese Angst zu nehmen.
    „Die Erinnerung kommt bald zurück“, flüsterte sie. „Ganz sicher.“
    „Vielleicht.“ Kjell wappnete sich für das, was er zu sagen hatte. Ihm blieb keine Wahl. Nicht diesmal. Auch wenn er daran zugrundegehen würde. „Hör zu, Fae, ich darf nicht mehr ins Meer. Es spürt mich. Vielleicht ist es schon zu spät, und es weiß, wo ich bin. Wir müssen zurück. Weg vom Wasser. Und dann …“
    „Oh nein.“ Sie wusste, was er tun wollte. „Du wirst nicht gehen. Schlag dir das aus dem Kopf.“
    „Fae, es wird euch töten!“
    „Nein! Das wird es nicht. Ich sage Ukulele Bescheid. Alles wird gut.“
    „Das wird es nicht. Wenn ich bei euch bleibe, müsstet ihr weg von eurem Haus. Es steht zu nah am Wasser. Und wenn er weiß, wo ich bin … nein!“ Er fing Faes Gesicht ein und zwang sie, ihn anzusehen. „Ich muss gehen. Es gibt keine andere Möglichkeit. Wenn es mich erwischt, gut. Dann ist es so. Aber ich kann euch nicht in Gefahr bringen.“
    „Nein!“, wiederholte Fae. „Auf gar keinen Fall.“
    Ihre Qual zu sehen, schmerzte schlimmer als die scharfen Zähne des Monsters und schlimmer als das Messer des Fremden, an dessen Gesicht er sich nicht erinnern konnte. Er wusste, was ihn erwarten würde, wenn er jetzt verschwand. Diese felsenschwere, würgende Einsamkeit, an der er langsam ersticken würde.
    „Bitte, Fae.“ Er lehnte seine Stirn gegen ihre. „Bitte. Lass mich gehen.“
    „Alexander hat dieses Haus in Galway.“ Sie gab nicht auf. Sie würde nie aufgeben. „Dort können wir uns verstecken. Dort bist du sicher. Verstehst du nicht? Im Meer wird es dich finden, aber in einer Stadt kommt es nie auf deine Spur.“
    Kjell spürte, wie er unter Faes Blick und ihrer flehenden Stimme zerschmolz. Sein Wille schwand, zurück blieb nur diese wilde, unbezwingbare Liebe.
    „Ich brauche Wasser“, hörte er sich flüstern. „Und dort gibt es keines.“
    „Doch. Es gibt dort einen großen See.“
    „Süßwasser? Ich weiß nicht, ob das reicht.“
    „Wir versuchen es. Hast du nicht gesagt, die Anpassungsfähigkeit von euresgleichen wäre phänomenal? Verflucht noch mal, Kjell, ich lasse dich nicht im Stich. Du hast Angst, dass ich umgebracht werde, wenn du bei mir bleibst. Aber das

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