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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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wusste, dass es nicht so einfach ist, wie er behauptete. Meine Welt bestand aus einem kleinen, verriegelten Zimmer, und wenn ich am Fenster saß, hörte ich unzählige Stimmen und Gefühle aus eurer Welt. Nicht alle waren schlecht. Manchmal sah ich auch schöne Bilder in meinen Träumen und wusste, dass all das hinter den Mauern des Hauses auf mich wartet. Das weite Meer. Alles, was darin lebt. Jedes Wesen im Wasser hat mich gerufen. Ich habe versucht zu fliehen, aber nie schaffte ich es, aus dem Haus herauszukommen.“
    „Irgendwann musst du es wohl geschafft haben.“
    Kjell nickte. Sein Blick ging an ihr vorbei ins Leere, das strahlende Türkis und Silber seiner Augen wurde dunkel.
    „Hast du ihn getötet?“ Fae sprach es aus, ohne darüber nachzudenken. Die Worte flossen über ihre Lippen, ehe sie sie zurückhalten konnte.
    „Angus wusste, dass er mich nicht dauerhaft kontrollieren konnte“, antwortete er. „Ihm war klar, dass ich irgendwann stärker sein würde als er.“
    „Zurecht, nicht wahr?“
    Kjell nickte. Seine Lippen wurden schmal und hart, ehe er sagte: „Aber ich habe ihn nicht getötet. Er tötete sich selbst, indem er von den Klippen sprang.“
    Fae schwieg beklommen. Daher kam die düstere Aura des Ortes und der spürbare Schleier aus verstaubtem Leid.
    „Er starb an dem Tag“, fragte sie nach einer Weile, „an dem du dich verwandelt hast?“
    „Ja.“
    „Wie war es? Wie hat es sich angefühlt?“
    Kjell schloss die Augen und schwieg eine Zeit lang. Fae zwang sich zur Geduld, während sie sich bewusst machte, was hier geschah. Die Geräusche aus dem Technikraum schienen aus einer anderen Dimension zu stammen. Aus einer vollkommen anderen Welt, von der sie sich mit jeder Sekunde weiter entfernte.
    „Es war Freiheit“, sagte er schließlich. „Einfach nur Freiheit. Jahrelang hatte ich in einer winzig kleinen Welt gelebt und plötzlich tauchte ich in ein riesiges Universum voller Farben und Leben ein. Ich sah zum ersten Mal Wale. Sie zeigten mir ihre Welt, teilten ihre Erinnerungen mit mir, schwammen mit mir durch einen ganzen Ozean und noch viel weiter. Ich sah so viele Wunder, so viele unbeschreiblich schöne Dinge. Aber ich sah auch, dass Angus nicht nur Lügen erzählt hat. Vieles, was er über euch Menschen sagte, ist die Wahrheit.“
    „Ich weiß.“ Schwindelnd schloss sie die Augen und atmete tief durch. „Es gibt Menschen, die abscheulich sind, das stimmt. Aber die meisten machen nur Fehler. Oder sie sind dumm oder verzweifelt.“
    „Wenn man eine Bucht vor sich sieht, in der das Wasser nur noch aus Blut besteht, fällt der Glaube daran schwer. Und wenn man sieht, wie Menschen mit stumpfen Haken und Messern auf gefangene Tiere einschlagen, verliert man ihn sogar.“
    „Die Faröer Inseln, nicht wahr?“
    „Dort, und überall auf der Welt. Ich war an vielen solcher Orte.“
    „Hättest du ihnen nicht helfen können?“
    „Ich habe es versucht. Aber panische Tiere sind wie panische Menschen. Ich weiß aber auch, dass nicht alle von euch schlecht sind. Keine Sorge.“
    „Du siehst dich nicht als Mensch? Obwohl deine Mutter und dein Vater beide Menschen waren?“
    Kjell dachte eine Zeit lang über seine Antwort nach. „Du hast mich gesehen“, sagte er schließlich. „Was meinst du? Bin ich noch ein Mensch?“
    „Ist es nicht egal, was wir sind? Es sind nur Wörter. Schubladen für unsere Gehirne, um etwas zu ordnen, das sich nicht ordnen lässt. Hast du damals die ganze Welt umrundet?“
    Kjell sah sie staunend an, während er antwortete: „Ich weiß nur, dass ich so weit schwamm, bis das Wasser wieder das meiner Heimat war.“
    „Also bist du vermutlich einmal um den Globus geschwommen.“ Fae seufzte. Hinter diesem Gedanken lag so viel Freiheit, dass sie kaum wagte, darüber nachzusinnen. „Es könnten Jahrzehnte gewesen sein? Oder Jahrhunderte. Weißt du, wie alt du bist?“
    „Nein. Ich weiß nur, dass ich zu schnell erwachsen geworden bin. Angus nahm das als Beweis, dass ich …“ Kjell räusperte sich. „Für ihn war ich ein Ungeheuer. Eine Abscheulichkeit. Meine Kindheit dauerte nur ein paar Jahre, ich wuchs viel schneller als jeder Mensch.“
    „Du bist keine Abscheulichkeit. Wenn, dann war Angus das Ungeheuer.“
    „Du sagst das, ohne mich zu kennen.“
    Fae schüttelte den Kopf. „Wieso sollte ich dich verurteilen? Weil du anders aussiehst? Weil du Dinge kannst, die ich nicht kann? Weil ich dich nicht begreife?“
    Kjell gab ein leises, verblüfftes

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