Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
unterbrach sie sofort, indem er ihr seinen
Zeigefinger auf die Lippen legte. In seinen Augen lag all die Liebe und
Sehnsucht, die sich ein Leben lang in ihm aufgestaut hatten.
"Schschh,
Rabea. Sag jetzt nichts. Du musst deine Kräfte schonen. Es gibt eine Menge, was
ich dir sagen möchte, wir beide haben schon viel zu viel Zeit verloren. Du
weißt, wie sehr ich dich liebe und immer geliebt habe. Ich werde um die
Entbindung von meinen Gelübden bitten und dann holen wir alles nach. Wir werden
heiraten und glücklich sein. Alles wovon wir schon als Kinder geträumt haben,
wird wahr werden."
Seine
Augen strahlten sie an und gewannen ihr lebendiges Blau zurück, während er ihr
den gemeinsamen Traum ausmalte. Für einen winzigen magischen Moment vermeinte
er das Spiegelbild seines Traumes gleich einem Sonnenstrahl der durch eine
Wolke bricht, in ihren Augen aufleuchten zu sehen. Aber ebenso jäh erlosch das
Trugbild des Glückes darin wieder. Stattdessen füllten sich Rabeas Augen mit
heißen Tränen, die nicht aus der Überschwänglichkeit des Glückes geboren wurden.
Die jähe Erkenntnis, dass etwas nicht stimmte, bohrte sich wie ein glühender
Dolch in Lukas´ Herz. "Was ist denn, Rabea? Was hast du? Geht es dir
schlechter? Hast du Schmerzen? Soll ich den Arzt rufen?", sprudelte er
verwirrt hervor, als Ursache auf ein körperliches Unwohlsein hoffend. Als
jahrelanger Seelsorger
wusste er, dass ein verwundeter Körper stets leichter zu heilen war als eine
tief verwundete Seele.
Rabea
schüttelte sacht den Kopf und wandte ihm ihr süßes und tränenüberströmtes
Antlitz zu. Soviel Liebe schlug ihm aus ihren Augen entgegen, dass es Lukas
erschütterte. Aber da lag noch viel mehr in ihrem Blick. Wehmut und auch
Verzicht. Noch wehrte er sich dagegen, aber das salzige Echo ihrer Traurigkeit
erreichte bereits seine Seele und benetzte seine Hoffnung auf ein gemeinsames
Glück mit dunkler Vorahnung.
Mit
viel Mühe hob Rabea nun ihre Hand und strich ihm zart über den Kopf.
"Nein, Lukas ... Es ist zu ... spät für uns. Die Rabea ... von früher, so
wie du sie kanntest, gibt es schon lange nicht mehr. Ich habe ... eine zu große
Schuld auf mich geladen, ... ich war egoistisch und habe ... einem Kind ... den
Vater genommen." Erneut wurde Rabea von einem trockenen Husten
geschüttelt. Plötzlich setzte neben Lukas ein schriller Piepston ein, der ihm
durch Mark und Bein fuhr. Eine Schwester stürzte unmittelbar darauf herein und
schob Lukas energisch beiseite. Dann eilte auch der Arzt in das Zimmer und
bellte Lukas ein kurzangebundenes: "Raus hier" zu.
Als
der junge Jesuit noch einen Moment am Türrahmen verweilte, weil er sich nicht
von Rabeas Anblick trennen konnte, hörte er noch einmal ihre Stimme. Sie rief
ihn. Leise verwehend erreichten ihn ihre letzten Worte: "Lukas, du ... musst
nach ... Urnäsch in … der Schweiz …Verzeih … mir, ... ich … liebe … dich …“
Dann
verlor sie das Bewusstsein.
Wieder
wartete Lukas. Zwischendurch war der Arzt erschienen und hatte irgendetwas von
Komplikationen gefaselt. Dass das Herz der Patientin bereits vor der Operation
angegriffen gewesen wäre und durch zu viele weiße Blutkörperchen einige ihrer
Arterien verstopft waren. Dies hätte über kurz oder lang, auch ohne dieSchussverletzung,
zu einem Infarkt führen können. Er hatte Lukas noch gefragt, ob er wusste, dass
die Patientin depressiv oder unter Dauerstress gestanden hätte, da dies eine
häufige Ursache für verstopfte Arterien wäre. Als Lukas ihm mitteilte, dass
Rabea als Journalistin erst kürzlich von einem monatelangen Aufenthalt aus dem
Irak zurückgekehrt war, schien dem Arzt dies als Erklärung zu genügen. Er hatte
ihm die Schulter gedrückt, gemurmelt, dass er alles Menschenmögliche, das er
vermochte, für sie tun würde und war zurück zu seiner Patientin geeilt.
Kurz
darauf kehrten Lucie und Jules zurück. Sie fanden einen völlig kopflosen Lukas
vor. Und es gab noch mehr schlechte Nachrichten. Die Wohnung von Simones Bruder
war völlig leer geräumt gewesen und angeblich hatte niemand etwas von dem
Diebstahl mitbekommen. Commissario Grassa, der kurz nach den beiden mit einem
Trupp seiner Leute eintraf, hatte vor Wut darüber getobt.
So
mündeten denn all diese schrecklichen Geschehnisse im Nichts. Es war alles aus
und vergebens. Die heiligen Dokumente waren fort, gestohlen. Die Holländerin
war ihnen zuvorgekommen...
Wenn
Gott lächelt…
Es
war ein strahlend schöner Spätsommertag. Am
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