Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
Vom Netzwerk:
um es auch laut werden zu lassen. Schwarze Flecken tanzten vor ihrem Blick und verliefen ineinander wie Tintenpfützen. ICH WILL NICHT FÜR DICH STERBEN! Mit ihrer letzten Energie malte sie sich aus, sie hielte ein Kind in den Armen und risse ihm den Kopf ab, sodass das Blut in einer scharlachroten Fontäne aus dem Hals spritzte, dann höbe sie das Körperchen in die Höhe und ließe, den Kopf wie einen Talisman in der anderen Hand, das Blut auf sich herabregnen. ICH WILL FÜR KEINE KREATUR STERBEN! Als das Blut des Kindes ihr Haar und ihre Kleidung durchtränkte, war es ihr, als kehre die Wärme des Lebens in ihre Gliedmaßen zurück; sie schmeckte Blut auf den Lippen und brachte endlich einen tiefen Atemzug zustande. Die eisigen Bänder um ihre Brust zersprangen an einer Stelle, dann an zweien, dann schmolzen sie vollends ab. Sie konnte wieder atmen. Ihr Herz schlug noch. Die schwarzen Flecken wichen an die Ränder ihres Blickfeldes zurück, der Raum kam zum Stillstand.
    Erschauernd schlug sie die Hände vor das Gesicht und konzentrierte sich nur auf ihren Atem.
    »Was hast du?« Die Frau namens Erda kniete neben ihr. »Geht es dir besser? Hast du etwas entdeckt? Sag es mir!«
    »Es geht mir gut«, flüsterte sie. »Es hatte nichts mit dem Kind zu tun.« Ich hatte nur für einen Moment vergessen, was ich bin. Und fast hätte ich dafür bezahlt. »Es geht gleich vorüber.«
    Die Frau wollte mehr wissen, spürte aber, dass sie auf weitere Fragen keine Antwort mehr bekäme. Das war gut so. Kamala war jetzt mit anderen Dingen beschäftigt.
    Sie entzog ihrem Konjunkten ein Quantum Lebenskraft, sammelte ihre Macht und sah auf das Kind nieder – und weiter in sein Inneres. Tief, tief in die Seele des Mädchens drang ihr Blick, drang vor zu der Stelle, wo alle Lebensenergie verankert war, zur Quelle des Lebens, aus der alle natürlichen Wesen ihre Kraft schöpften. Und fand sie mühelos. Das Seelenfeuer des kleinen Mädchens brannte noch mit der ganzen ungestümen Kraft der Kindheit, obwohl es so heftig gegen das kranke Fleisch anloderte wie eine Kerzenflamme, die sich gegen den Wind zu behaupten sucht. Dieses Kind war ganz sicher kein Konjunkt, niemand entzog ihm seine Kräfte. Seine Krankheit war nicht durch die Zauberei irgendeines Magisters bedingt, sondern natürlich und begrenzt. Wenn sie sich heilen ließe, wäre eine Genesung immer noch möglich.
    Kamala kämpfte sich lange genug aus ihrer Trance hoch, um zu flüstern: »Es ist nicht die Schwundsucht.« Damit sollte die Mutter zunächst beruhigt sein. Wie aus weiter Ferne hörte sie die Frau weinen, wusste aber nicht, ob aus Dankbarkeit oder aus Angst. Ein Magister, der kurz davor stand, sich selbst auszulöschen, war offenbar kein Anblick, der Sicherheit vermittelte.
    Abermals senkte sie den Blick tief in den Körper des Kindes, und diesmal suchte sie nach der Wurzel der Krankheit. Sie war nie eine große Heilerin gewesen, aber Aethanus hatte sie die Grundbegriffe dieser Kunst gelehrt. In diesem Fall wurde sie nicht allzu sehr gefordert. Es handelte sich weder um ein geheimnisvolles Leiden, noch um ein Ungleichgewicht der Körpersäfte, das nur ein erfahrener Heiler zu erkennen vermochte, sondern um einen einfachen Parasiten, der sich in den Eingeweiden der Kleinen eingenistet hatte. Wobei ihm das Wort »einfach« nicht gerecht wurde. Von seinem Kopf, der sich im Fleisch des Mädchens verbissen hatte, bis zum letzten Glied seines gespenstisch weißen Körpers war er um ein Mehrfaches länger als das ganze Kind. Er lag schwach pulsierend zwischen den Darmschlingen und stahl dem kleinen Mädchen alle Nahrung, die es zu sich nahm. So wurde er mit jeder Mahlzeit größer und stärker, während sein kleiner Wirt langsam verhungerte.
    Jeder Heiler hätte ihn mit seinen Tränken loslösen und ausspülen können, dachte sie. Tatsächlich zeigte der Körper des Parasiten Spuren früherer Vergiftungen, aber er war entweder zu groß oder zu stark gewesen, um mit Arzneien in normaler Dosis besiegt zu werden. Vielleicht war auch das Kind für die erforderlichen Mengen zu schwach. Dieselben Tränke, mit denen man einen solchen Parasiten bekämpfte, konnten auch den Wirt töten, wenn er nicht kräftig genug war. In diesem Fall hatten sie den Schmarotzer immerhin so weit geschädigt, dass er keine Eier abgelegt hatte und deshalb unbemerkt geblieben war. Mehr hatten sie freilich nicht erreicht.
    Kamala fasste mit ihrer Macht das abscheuliche Vieh und riss es aus dem Fleisch des

Weitere Kostenlose Bücher