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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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sehr sich Ravi bemüht hatte, seine Bewohnerin zufriedenzustellen. Man sah allerdings auch, dass er zumeist wenig Gegenliebe gefunden hatte. Die schöne goldene Toilettengarnitur auf dem Waschtisch war unberührt, die Salbentiegel waren ungeöffnet und die Parfumfläschchen sogar noch versiegelt. Colivar hob einen Kamm auf und betrachtete ihn eingehend.
    »Man findet nirgendwo auch nur ein einziges Haar von ihr«, teilte ihm Tirstan mit. »Wie ich schon sagte, hat sie entweder alles zerstört, was man gegen sie verwenden könnte, oder sie hat die Dinge noch in der gleichen Nacht zu sich gerufen. Als wir ankamen, war nichts mehr da.«
    Mehrere kostbar bestickte Seidengewänder lagen ordentlich gefaltet auf einem Stuhl vor dem Fenster, offenbar noch genauso, wie man sie gebracht hatte. Vermutlich hatte sie nicht mal einen Blick darauf verschwendet , dachte Colivar. »Sie ist nicht so eitel, wie ihr Gönner dachte«, sagte er ruhig. Dann schaute er zu Tirstan auf. »Wo könnte sie wohl ihre persönlichen Dinge aufbewahrt haben, solange sie hier war?«
    Tirstan wies auf einen lederbezogenen Schrankkoffer in der dunkelsten Ecke. Colivar ging hin und hob den schweren Deckel an. Der Koffer war leer.
    »Keine einzige Staubfluse ist zurückgeblieben«, sagte Tirstan. »Du bist nämlich nicht der Erste, der hier nachsieht. Was hoffst du denn noch zu finden?«
    Colivar kniete neben dem Koffer nieder, stützte den Deckel ab und legte im Dunkeln beide Hände flach auf den Boden des großen Kastens. »Wenn es so ist, wie du meinst, und sie ihre Sachen zu sich gerufen hat, müsste eine Spur ihrer Hexenkunst zurückgeblieben sein.«
    »Richtig.« Tirstan nickte. »Aber dem ist nicht so.«
    Colivar wollte sich selbst überzeugen und entzog seinem Konjunkten genügend Athra, um seine Sinne so weit zu schärfen, dass sie solche Spuren wahrnehmen konnten. Aber das Innere des Koffers blieb dunkel. Seine Hände spürten nichts. Tirstan hatte recht, nicht der leiseste Hauch von Hexenkunst war zurückgeblieben. Wenn die Frau tatsächlich über die Macht verfügte, hatte sie sie nie auf etwas angewendet, das sich in diesem Koffer befand.
    Tirstan nahm ein Parfümfläschchen vom Waschtisch, vergewisserte sich, dass es noch versiegelt war, und stellte es wieder ab. »Magister Tamil hat den Verdacht, sie wäre vielleicht gar keine Hexe, sondern diene insgeheim einem der Unseren. Dann wäre die Macht, die sie im ›Viertel‹ einsetzte, nicht ihre eigene Hexenkraft gewesen, sondern die Zauberkunst ihres Patrons. Womöglich wäre der Angriff in jener Nacht nicht einmal spontan erfolgt, sondern nur ein Schauspiel gewesen, um einen Gönner aus den Kreisen der Patrizier auf ihre Fähigkeiten aufmerksam zu machen. Das wäre gelungen.« Er zuckte die Achseln. »Eine sonderbare Theorie, solche Spielchen sind unter Magistern nicht üblich, aber sie würde erklären, warum diese Hexe keine Spur ihrer eigenen Macht zurückgelassen hat.«
    Colivar erinnerte sich, dass Tirstan gesagt hatte, auch auf der Brücke sei keine Hexenkunst eingesetzt worden. Nur Magie, reine Magie.
    »Das wäre eine Möglichkeit«, stimmte er zu.
    Es gab noch eine andere, aber die wollte er erst in Worte fassen, wenn er ganz sicher war.
    Wieder beugte er sich über den Koffer und strich mit den Händen langsam über den Boden. Diesmal suchte er nicht nach Hexenkräften, sondern nach dezenteren Spuren. Nicht nach den feurig-heißen Resten der Magie einer Sterblichen, sondern nach dem kalten Flüsterhauch wahrer Zauberei. Nicht nach Lebenskräften, die aus Leidenschaft oder in höchster Not geopfert worden waren, sondern nach kaltblütig gestohlener Macht in den Händen von Männern, die eigentlich gar nicht mehr lebendig waren und deshalb der Welt der Sterblichen auch nicht mehr den glühenden Stempel des Lebens aufdrücken konnten. Die Morati sahen kaum einen Unterschied zwischen der Macht von Hexen und der von Magistern, doch für die wahrhaft Eingeweihten waren die beiden so verschieden wie Leben und Tod.
    Er setzte sich auf die Fersen zurück, starrte wortlos in die Dunkelheit und bemühte sich, seine Gedanken zu ordnen.
    »Colivar?«
    »Tamil könnte recht haben«, sagte er endlich. »Auch hier finden sich Spuren von Zauberei.«
    »Magister Kant hält es sogar für möglich, dass es sich um einen Magister handelt, der selbst die Gestalt einer Frau angenommen hat.« Tirstan zuckte die Achseln. »In meinen Augen ein ziemlich abwegiger Gedanke. Ich kann mir keinen Magister

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