Die Seelenjägerin
abscheuliche Begegnung mit Kostas erst verdauen und wieder ausscheiden, um sich endgültig davon zu befreien.
Froh, einmal keine Anweisungen geben zu müssen, bedankte sie sich mit einem Lächeln für den Liebesdienst. Selbst wenn die alte Dienerin jemals erriete, wie sehr Kostas sie aufwühlte, würde sie mit keiner Menschenseele darüber sprechen. Eine so tiefe Loyalität war beim Gesinde des Großkönigs eine Seltenheit, aber Merian war nordischer Abstammung, in den Protektoraten geboren und aufgewachsen und mit Gwynofars eigenem Gefolge in dieses Land gekommen. Sie fühlte sich zuerst dem Geschlecht des Erzprotektors und seinen Schutzgöttern verbunden und nicht diesem Palast voller fremder Bilderstürmer, auch wenn sein königlicher Herr noch so grausam und gefürchtet sein mochte.
Gwynofar gestattete Merian, ihr aus dem schwarzen Gewand und dem dünnen Hemd zu helfen, das sie darunter trug, dann sank sie dankbar in die eisenbeschlagene Wanne und ließ die Hitze des Spätsommers aus ihrem Körper in das kühle, frische Wasser entweichen, in dem Zweige von Rosmarin und Sommerminze schwammen. Der Duft der Kräuter öffnete die Poren und half ihr, sich zu entspannen. Auch die Seife war wohlriechend, Gwynofar hielt sie sich kurz an die Nase und verteilte sie dann genüsslich auf der Haut. Die verschiedenen Gerüche erinnerten sie an die Welt, in der sie aufgewachsen war. Dort war die Luft stets geschwängert mit dem Duft des frischen Brotes, das in den großen Öfen gebacken wurde, und erfüllt vom Lachen der Kinder. In dieser feuchten Burg war alles anders – hier lachte niemand außer ihrem Mann, und wenn er lachte, wurde es vielen anderen angst und bange. Mit einem Seufzer glitt sie tiefer in das kühle Nass und ließ die Bilder aus der Vergangenheit an sich vorüberziehen, bis die Spannungen sich allmählich lösten.
Eigentlich war es verrückt, dass sie sich nach jedem Treffen mit Kostas gründlich schrubben wollte. Aber die Verderbtheit, die sie in ihm spürte, schien an ihr zu haften wie der Gestank eines Iltis, und sie fühlte sich erst wieder wohl, wenn sie aus dem Wasser stieg. Wenn sich nur auch die Seele so leicht mit Seife reinigen ließe! Sie beugte sich vor und ließ sich von Merian den Rücken waschen. Als ihr nach den ersten sanften Strichen der Gestank des Magisters immer noch in die Nase stieg, befahl sie ihr, fester zu reiben. In tiefster Seele wusste sie natürlich, dass das alles Unsinn war, ein Hirngespinst, aber es war eine kleine Wohltat, ihren Fantasien nachzugeben. Sie konnte den Magister nicht wirklich aus ihrem Leben verbannen, aber wenn sie allein in ihrer Wanne saß, konnte sie ihn auf Abstand halten. Zumindest diese Macht hatte die Seife.
Warum hasst du ihn so sehr? , hörte sie im Geist Rhys’ Stimme fragen. Warum gibt er dir das Gefühl, unrein zu sein?
Ich weiß es nicht, mein Bruder. Ich wünschte, ich wüsste es.
»Soll ich Euch auch das Haar waschen?«, fragte ihre Zofe.
Sie nickte und schloss die Augen. Merian zog die Elfenbeinnadeln heraus, mit denen die fest geflochtenen blonden Zöpfe festgesteckt waren. Draußen vor der Tür wurde es laut, aber Gwynofar verdrängte den Lärm aus ihrem Bewusstsein. Ihre Diener wussten, dass sie beim Bad nicht gestört werden wollte, und würden sich jedem in den Weg stellen, der es trotzdem versuchte.
Ein langer blonder Zopf fiel ihr auf die Schulter. Sie strich mit seifiger Hand darüber, zog ihn in das parfümierte Wasser und löste die einzelnen Strähnen …
… Die Tür wurde aufgestoßen. Gwynofar hörte Merians erschrockenes Keuchen und hob den Kopf.
Im Türrahmen stand der Großkönig.
»Mein … mein Gemahl?«
Er betrat ihr ureigenes Reich, als wäre er hier zu Hause, obwohl er diese Grenze bisher immer respektiert hatte. Der Zofe bedeutete er mit herrischem Nicken, sich zu entfernen, doch Merian stand wie festgewachsen und starrte ihn an wie ein Reh, das den Pfeil des Jägers auf sich gerichtet sieht. Dann nahm sie, den Befehl betont missachtend, mit zitternden Händen, aber sehr würdevoll Gwynofars Hemd vom Bett und reichte es ihr.
Es war zwecklos, die Frau fortzuschicken, auch wenn ihr Ungehorsam sie in große Gefahr brachte; sie würde ihre Herrin in diesem Zustand nicht alleinlassen. Gwynofar stand schweigend auf, fest entschlossen, auch nackt ihre Würde nicht preiszugeben, und ließ sich von Merian das dünne Leinenhemd überstreifen, bis der Saum in das seifige Wasser hing. Dann sah sie die Zofe an und sagte
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