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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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wählte seine Worte mit Bedacht. »Sie entschieden, es handle sich um eine ganz und gar natürliche Erscheinung. Auch das Meer scheint sich an manchen Stellen rot zu färben, doch in Wirklichkeit wird dieser Eindruck nur von einem Übermaß an pflanzlichem Leben dicht unter der Oberfläche hervorgerufen. Ähnliches könnte am Himmel geschehen sein, aber so hoch im Norden, dass wir die Ursache von hier aus nicht erkennen konnten.«
    »Das hieße, es wäre von jenseits des Heiligen Zorns gekommen«, sagte sie leise.
    Er nickte nur stumm.
    »Glaubt Ihr, da oben geht wirklich etwas vor? Und dieses Etwas steht irgendwie mit uns in Verbindung, wie es die Mythen behaupten?« Sie mied seinen Blick, aus Angst, er könnte ihre Befürchtung bestätigen. »Wie denkt Ihr über mein Geschlecht, Ramirus? Ich habe Euch nie offen gefragt, aber jetzt, bei all den Vorzeichen … Ich muss es wissen. Danton verachtet die alten Sagen aus den Protektoraten, Kostas lauschte meinen Geschichten, als wäre ich ein Kind, das Kinderreime aufsagt. Aber Ihr – Ihr habt mich niemals ausgelacht. Ihr habt nach meinem Stammbaum gefragt, ich habe Euch wahrheitsgemäß geantwortet, und Ihr habt Euch nie darüber lustig gemacht.«
    O meine Königin, wie hätte ich über Eure Lehren lachen können? Ich hatte Euch doch eigens hierhergeholt, um diese Dinge von Euch zu erfahren.
    »Ich denke, Euer Geschlecht verfügt über besondere Gaben«, sagte er ruhig, »aber mir fällt auch auf, dass es unter den Protektoren keine Hexen und Hexer gibt, überhaupt keine, und es ist auch nie einer von Euch Magister geworden. Diese Verbindung … macht mich neugierig. Ich habe Danton nicht belogen, als ich ihm sagte, Ihr wäret keine Hexe, denn Ihr könnt Euer eigenes Seelenfeuer nicht gezielt einsetzen und seid Euch, wie ich vermute, seiner nicht einmal voll bewusst. Aber wenn die Sagen und Mythen die Wahrheit sprechen und die Ikati tatsächlich wiederkehren … könnte sich das ändern.«
    »Ihr glaubt, die Götter hätten uns für diesen Tag besondere Macht verliehen?«, hauchte sie. »Wie es die alten Sagen berichten?«
    »Entweder das, oder aus dem Heer von Hexen und Hexern, das zur letzten Schlacht in den Norden reiste, blieben so viele Überlebende zurück, dass ein besonderes Geschlecht entstehen konnte – ein Geschlecht, das ihre Macht als Veranlagung geerbt hat, aber nicht fähig ist, diese Macht zu beherrschen. Mit einer Ausnahme …« Er lächelte schwach. »Bei allem, was mit Schwangerschaft und Geburt zu tun hat, kommt durchaus so etwas wie eine instinktive Steuerung mit ins Spiel. Aber Ihr habt mir selbst erklärt, das geschähe nicht wissentlich.«
    Sie hatte nicht fragen wollen, aber diese Gelegenheit konnte sie nicht vorübergehen lassen. »Bei der Geburt meiner Kinder – hattet Ihr da irgendwie Einfluss genommen?« Sie bemühte sich, mit fester Stimme zu sprechen, aber sogar Ramirus hörte, wie bewegt sie war. »Danton hat mich beschuldigt, ich hätte Euch um Hilfe gebeten.«
    Er begegnete ihrem Blick mit seltener Offenheit. »Eine Protektorin braucht keine Hilfe, um Kinder zu empfangen oder zu gebären«, sagte er ruhig. »Nur ein Narr kann so etwas glauben.«
    Sie errötete.
    »Und nun, Majestät, solltet Ihr Euch wieder Euren Aufgaben widmen, und ich … ich muss mich eingehender mit gewissen Dingen beschäftigen.«
    »Die Seelenfresser.«
    Er nickte ernst. »Wenn dieser Traum wirklich etwas zu bedeuten hat, werde ich herausfinden, was es ist.«
    »Und wenn Ihr etwas in Erfahrung bringt, werdet Ihr es mir sagen?«
    Er zögerte. Nichts sprach dagegen, sie zu belügen. Es hätte ihm auch nicht schwerfallen dürfen. Sag einfach ja , drängte eine innere Stimme. Das ist die Antwort, die sie hören will.
    »Soweit ich das kann«, versprach er schließlich. Soweit ein Magister bereit ist, sein Wissen mit anderen zu teilen.
    Er streckte ihr die Hand entgegen. Als die Wesen nahten, hatte er den Seidenschal zwischen den Fingern fest zusammengedrückt; als er ihn jetzt freigab, lösten sich die Falten so langsam wie die Flügel eines frisch geschlüpften Schmetterlings, wenn sie sich erstmals den Winden öffnen. »Ich kann Euch das Unterpfand nicht hier zurückgeben. Die Gegenstände liegen mehr als tausend Meilen von hier entfernt bei meinem Körper. Es tut mir leid.«
    »Behaltet es nur«, sagte sie. »Es könnte doch sein, dass ich Euch wieder einmal brauche. Und vielleicht …« Die hellen Augen funkelten, »… vielleicht braucht auch Ihr mich

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