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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Schicksal.
    Colivar schüttelte den Kopf. »Dafür war das Blutbad zu weit von allen verkehrsreichen Straßen entfernt. Man konnte nicht damit rechnen, dass es entdeckt wurde, solange die Leichen noch frisch waren, und in dem Stadium war die Szene sicher am eindrucksvollsten. Danton versteht es besser, den richtigen Zeitpunkt zu wählen.«
    »Ganz zu schweigen davon«, erklärte Sula, »dass alle möglichen Zeugen offenbar verfolgt und ebenfalls getötet wurden. So handelt man nicht, wenn man jemandem eine Botschaft senden will.«
    Colivar ging zum nächsten Pfahl, blickte zu der Gestalt hinauf, die daran hing, und legte dann die Hand an das Holz. Es war eine seltsam vertrauliche Berührung, fast wie eine düstere Zärtlichkeit. »Hier wurde gleich eine ganze Gruppe von hilflosen Menschen zurückgelassen und zu einem qualvollen Tod verdammt, ihre Lebenskräfte versickerten mit ihrem Blut … ein wahres Festmahl für einen Seelenfresser.«
    »Die Pfähle wurden aber nicht von Tieren aufgerichtet«, widersprach Fadir.
    »Nein«, nickte Colivar. »Das nicht.«
    »Vielleicht sind diese Ikati ja mehr als Tiere. Vielleicht haben die alten Mythen recht.«
    Colivar schwieg.
    »Einige Menschen bezeichnen sie als Dämonen, aber ich selbst konnte daran niemals glauben.«
    »Es sind keine Dämonen«, sagte Colivar leise.
    »Du scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein, wenn man bedenkt, dass die letzte dieser Bestien lange vor der Geburt des ersten Magisters tot und begraben war.« Fadirs Ton war provozierend. »Wieso soll deine Version des Mythos zutreffender sein als alle anderen?«
    Colivar richtete den Blick in die Ferne, als gäbe es dort etwas Schreckliches zu sehen, etwas, das so weit weg war, dass er es nicht richtig ins Auge fassen konnte, aber sich doch genötigt fühlte, es zu versuchen. »Sagen wir, ich erinnere mich an eine Zeit, als die Mythen noch frisch waren und die eine oder andere echte Tatsache enthielten. Damals wurden sogar noch Ikati-Skelette aus dem Großen Krieg als Trophäen aufbewahrt: Ich glaube mich an einen Thron irgendwo in den Nordlanden zu entsinnen, der aus solchen Gebeinen gemacht war, und man hörte auch von Harnischen aus Ikati-Haut.« Er zuckte die Schultern. »Im Laufe der Zeit vermischen sich Wahrheit und Fantasie, bis sich das eine vom anderen nicht mehr trennen lässt. Außerdem ist es ehrenvoller zu behaupten, die Menschheit sei von Dämonen an den Rand der Vernichtung gedrängt worden, als einfachen Tieren die Schuld aufzubürden. So furchterregend sie auch gewesen sein mögen.«
    »Sie haben menschliche Seelen gefressen«, sagte Sula.
    Colivar sah ihn scharf an: »Sie nährten sich von den Lebenskräften ihrer Beute. Dies taten zu jener Zeit auch viele andere Arten. Heute sind wir Magister die Einzigen.« Ein spöttisches Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. »Das hat doch eine gewisse Ironie.«
    »Ob sie uns wohl als Rivalen ansähen?«, sinnierte Fadir.
    »Wichtiger noch – wen mögen sie als Verbündete betrachten?« Colivar umfasste den Pfahl fester. »Dieses Gemetzel war ein Opfer, nicht mehr und nicht weniger. Wie einst die Könige aus den Finsteren Zeiten, die Jungfrauen auf Berggipfeln anketten ließen und hofften, wenn die Seelenfresser ihren Hunger mit ihnen stillen könnten, würden sie den Rest des Volkes verschonen, so wusste auch derjenige, der dies tat, was hier sein Unwesen trieb und welche Nahrung es suchte.«
    »Du glaubst, es war Danton?«
    »Die Lanzen wurden von seinem Volk gefertigt«, sagte Colivar. Wieder strich er über das Holz des nächsten Pfahls und ließ seine magischen Sinne tief in die Fasern eindringen, um seine Geschichte zu erfahren. »Und die Männer, die sie hier aufstellten, handelten auf seinen Befehl. So viel steht fest.«
    »Aber warum mussten so viele sterben?«, wollte Fadir wissen. »Eine einzelne Bestie braucht doch niemals so viel ›Futter‹.«
    Colivar schloss die Augen. An seinem Unterkiefer zuckte ein Muskel. Wieder hatte Sula das Gefühl, in seinem Inneren staue sich die Energie, eine finstere Triebkraft, die er nur mit Mühe beherrschte. »Nehmen wir an, ein Ikata wäre hier gewesen«, sagte er endlich, »und jemand hätte alles getan, um ihn mit so vielen Menschenleben auf einmal zu füttern …« Er sah Sula an. »Was würdest du bei einer gründlichen Suche zu finden erwarten? Und wo würdest du suchen?«
    Der jüngere Magister starrte ihn zunächst verständnislos an. Dann begriff er, worauf Colivar hinauswollte, und sein

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