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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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pechschwarzen Robe der Magister Kostas und verfolgte wie ein hungriger Vogel jede ihrer Bewegungen; dahinter gähnte kalt und schwarz die Kaminöffnung, denn es war mitten im Sommer. Über dem Sims hing ein Spiegel aus blankem Silber, in dem sie sich selbst sah. Bleich, mit staubigem Saum, fast wie ein Gespenst im Vergleich zu den beiden tatendurstigen Machtmenschen, die sie hierher zitiert hatten.
    Sie bemerkte, dass für sie kein Stuhl bereitstand. Sicherlich auf Kostas’ Betreiben. Wie immer stieg ihr in seiner Gegenwart die Galle hoch, und sie musste hart schlucken, um höflich lächelnd und mit königlicher Würde vor den beiden knicksen zu können. Dann holte sie sich, ohne Kostas anzusehen, selbst einen Stuhl und setzte sich, obwohl sie befürchten musste, damit das Missfallen ihres Gemahls zu erregen. Doch um Dantons Lippen spielte ein leises Lächeln, und sie erkannte, dass sie die Lage richtig eingeschätzt hatte. Er mochte es, wenn sie Mut zeigte, solange sie nicht gegen ihn aufbegehrte. Ein gewöhnlicher Untertan hätte für diese Eigenmächtigkeit mit seinem Leben bezahlt.
    »Ihr habt mich rufen lassen, Sire?«
    »So ist es.« Danton griff nach der Karaffe, die neben ihm stand, füllte einen dritten Becher und reichte ihn ihr. Sie nahm ihn dankbar entgegen. Der Wein löste den Knoten, der ihr wie immer in Kostas’ Gegenwart die Kehle zuschnürte. Der Königliche Magister beobachtete das Geschehen mit Gleichmut und völlig reglos. Nur seine Augen waren in Bewegung. Wie eine Spinne, dachte sie. Womöglich schnappte er auch zu wie eine Spinne, sobald sie den falschen Faden seines Netzes berührte. »Kostas wollte mehr über die Glaubensvorstellungen Eurer Heimat erfahren, und ich dachte, Ihr könntet ihm besser Auskunft geben als ich.«
    Gwynofar nickte höflich, als wäre es ihr ganz und gar nicht unangenehm, sich mit Kostas zu unterhalten. Sie wusste, was Danton von ihrer Religion hielt – er sprach von »Felsenverehrung« –, wahrscheinlich glaubte er sogar, ihr einen Gefallen zu tun, indem er ihr mit dieser Audienz Gelegenheit gab, selbst zu erklären, was es damit auf sich hatte. Dass sie Kostas nicht mochte, war ihrem Gatten bekannt – sie hatte nie ein Hehl daraus gemacht –, aber er konnte nicht ahnen, wie tief der Abscheu in ihrer Seele verwurzelt war und wie schwer es ihr fiel, die Gegenwart des Magisters auch nur so lange zu ertragen, um die üblichen Freundlichkeiten auszutauschen.
    Dennoch, sie war Königin, und als solche hatte sie gelernt, ihre wahren Gefühle zu verbergen, koste es, was es wolle.
    Sie zwang sich, den Magister anzusehen und seinen Blick mit Festigkeit zu erwidern. Sie durfte ihn keinesfalls merken lassen, wie sehr sie ihn hasste und fürchtete. Ein Magister darf niemals deine Angst spüren. Sie nahm sich zusammen und fragte leise und ruhig, fast wie nebenbei: »Was wollt Ihr denn wissen?«
    Seine Stimme war ein scharfes Zischen wie von einer Eidechse oder einer Schlange. »Erzählt mir von den Erzprotektoren.«
    Sie wandte den Blick zu Danton. Der nickte aufmunternd. »Die Erzprotektoren stehen an der Spitze derjenigen Geschlechter, die gegründet wurden, um die Speere des Heiligen Zorns zu hüten, zu verhindern, dass der Zorn schwächer wird, und an vorderster Front zu stehen, sollte dieser Schutz versagen.«
    »Mögen uns die Götter vor Weibervorträgen bewahren«, unterbrach Danton. »Ihr fangt mit dem Ende der Geschichte an, dabei kennt er noch nicht einmal den Anfang. Berichtet doch zuerst vom Großen Krieg … nicht wahr, Kostas?« Er warf einen Blick auf den Magister, doch der schwieg. Seine Augen waren mit solcher Eindringlichkeit auf die Königin gerichtet, dass sie eine Gänsehaut bekam. »Ich denke, das wäre das Beste. Das Ende des Krieges, die Ankunft des Heiligen Zorns … das will er hören.«
    Gwynofar nickte. »Wie Ihr es wünscht, Sire.«
    Sie holte tief Atem und bemühte sich, Kostas’ starren Blick nicht zu beachten. »Vor langer Zeit, in den Finsteren Zeiten, als die Dämonen noch die Erde heimsuchten und sich von Menschenseelen nährten, ohne dass jemand sie daran hindern konnte, fand sich eine Schar von Hexen und Hexern zusammen. Sie allein hatten der Macht der Dämonen so weit widerstanden, dass sie sich noch an das Erste Königtum erinnerten, und sie glaubten, wenn die abscheulichen Ungeheuer erst vernichtet wären, könnte der Mensch wieder in seine angestammten Rechte eingesetzt werden.
    Man beschloss, die letzten Krieger aufzusuchen, die

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