Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
gefährlich.
»Ich weiß, wie die Menschen dich nennen«, antwortete er.
Sie ging auf ihn zu und nahm dabei die Berge von Gold zur Kenntnis, von denen er umgeben war. Der Anflug eines Lächelns umspielte ihre Lippen. Die vielen Götterstatuen schienen sie nicht zu stören; sie streifte sie nur kurz und heftete dann den Blick ihrer schwarzen Augen auf die Schätze zu seinen Füßen. »Verlangst du auch von mir ein Opfer?«, fragte sie. »Oder reichen dir meine bisherigen Dienste?«
Er begriff, dass sie ihn tatsächlich auf die Probe stellte. Dass sie sehen wollte, ob er es wagte, mit ihr um den Preis für ihre Hilfe zu feilschen. Aber er kannte die Mythen gut genug, um zu wissen, wohin das führte. Die Djiri sahen es nicht gerne, wenn man sich aus einmal geschlossenen Verträgen herauszuwinden suchte. Und er hatte erlebt, was diese Djira mit Sterblichen anstellen konnte, wenn sie wollte; er hatte kein Verlangen danach, mit ihren Kräften Bekanntschaft zu machen.
»Deine Dienste sind mir teurer als das Gold der Kaufleute«, antwortete er verbindlich.
»Du verdankst mir deinen Sieg«, erklärte sie unverblümt.
Das konnte er nicht abstreiten. Er presste die Lippen zusammen und nickte.
»Dein ganzer Stamm steht ebenfalls in meiner Schuld.« Der Blick aus den schwarzen Augen war gnadenlos lähmend. »Hätte ich in der Schlacht nicht das Blatt gewendet, deine Männer wären vor Jezalyas Toren umgekommen. Danach hätte es keine Krieger mehr gegeben, um eure Frauen zu beschützen, wenn ihnen benachbarte Stämme ihr Land, ihr Vermögen oder ihre Angehörigen rauben wollten. Euer Stamm wäre innerhalb eines Jahres ausgerottet worden, und eine Generation später wäre auch seine stolze Geschichte vergessen gewesen. Stimmst du mir zu?«
Er erstarrte. »Ich allein habe mit dir ein Geschäft abgeschlossen. Deshalb habe auch ich den Preis zu bezahlen. Mein Volk hat nichts damit zu tun.«
»Aha!« Ihre Augen wurden schmal. »Der neue Fürst ist also ein Ehrenmann. Kein Wunder, dass seine Männer bereit sind, für ihn zu sterben.«
Seine Züge verhärteten sich, aber er erwiderte nichts darauf.
»Ein solcher Fürst gibt sich doch sicherlich nicht mit einer Eroberung zufrieden. Eine einzige Stadt, und sei sie noch so wohlhabend, wird ihm wohl kaum genügen.«
Nasaan stellte plötzlich fest, dass er nach einem langen Tag voller blutiger Kämpfe auf Ratespiele keine Lust mehr hatte. Nicht einmal, wenn ein Dämon die Rätselaufgaben stellte. »Falls du gekommen bist, um mir deinen Preis zu nennen, dann tu es. Falls nicht …« Trotz flammte in seiner Seele auf. »Ich habe auch noch anderes zu tun.«
War das Ärger in ihren Augen? Er glaubte für einen Moment die übernatürliche Macht zu spüren, die in ihrem Inneren lauerte und alles vernichten wollte, was sich ihr in den Weg stellte. Sie will etwas von mir , dachte er. Sonst würde sie mir nicht immer wieder vorhalten, wie sehr ich in ihrer Schuld stehe. Dennoch war er ein Risiko eingegangen, als er sich ihr widersetzte. Nur die Götter wussten, wohin das führen würde.
»Im Norden«, sagte sie, »gibt es Städte, die noch reicher sind als diese hier. Straßen, die direkt nach Anchasa führen und darüber hinaus. Gewässer, die so riesig sind, dass man selbst an einem klaren Tag das andere Ufer nicht sehen kann.« Ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern, leise, verführerisch, und ihre Macht umfing ihn; seine Muskeln spannten sich, als strichen warme Finger über sein Geschlecht. »Spürst du keine Sehnsucht nach Macht und Größe, mein Fürst? Träumst du nicht davon, ein Reich zu besitzen? Ich kann dir helfen, ein Imperium zu errichten, wie es sich die meisten Menschen nur erträumen können.«
Er zog scharf den Atem ein. »Ich nehme an, für solche Dienste müsste ein Mann mit seiner Seele bezahlen.«
»Schon möglich«, räumte sie ein. »Manchmal. Aber ich bin ein schlichtes Wesen mit schlichten Bedürfnissen. Ich begnüge mich damit, ein Bündnis mit einem mächtigen Mann zu schließen und mich in seinem Ruhm zu sonnen.« Die Ironie flackerte wie schwarzes Feuer in ihren Augen. »Ist das ein zu hoher Preis?«
Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter, als ihm der Sinn ihrer Worte aufging. »Du willst an meiner Seite herrschen.«
»Jeder König braucht eine Königin. Auch wenn sie nicht öffentlich als solche anerkannt wird.«
»Und was werden meine Untertanen sagen, wenn ich einem Wesen, das nicht einmal ein Mensch ist, Macht über sie
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