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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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sich die Kobaltspitze in den Rumpf der Königin, sie durchschnitt die Eisenhaut, als wäre es Butter, durchtrennte das Fleisch und zielte auf die inneren Organe.
    Die Ikata wandte sich dem neuen Angreifer zu und wollte ihn mit einem ihrer Vorderbeine von sich stoßen. Dabei zog sie ihm die messerscharfen Klauen über das Gesicht und hinterließ tiefe Kratzer von der Stirn bis zum Kinn. Doch der Mann hielt stand, er stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Speer und drückte ihn immer noch tiefer in den Körper hinein.
    Salvator.
    Die Ikati-Königin drehte den Kopf und suchte seinen Blick. Die geballte Macht ihrer Spezies strahlte aus ihren Augen: die Macht, einen Menschen im Schritt erstarren zu lassen, ihm alle Kraft zu rauben, bis nur noch eine seelenlose Hülle zurückblieb. Anders als die Männchen konnte das Ikati-Weibchen seine Macht bündeln, und diese Fähigkeit setzte es nun ein und richtete seine letzten Kräfte allein auf dieses Ziel. In all den Kämpfen, die Colivar erlebt hatte, hatte noch kein Mann einem solchen Angriff standgehalten.
    Salvator ignorierte ihn.
    Er biss entschlossen die Zähne zusammen und versetzte dem tief eingebetteten Speer einen letzten Stoß. Ein Schauder durchlief den Leib des Weibchens. Ein Krampf schüttelte die mächtigen Schwingen – nicht nur die Flugschwingen, sondern auch die beiden vorderen. Die zarten, auf dem Rücken zusammengefalteten Membranen flogen auseinander, und ein Körper, nicht ganz so groß wie ein Mann, rollte heraus, schlug so hart auf dem Hang auf, dass die Steine aufspritzten, und purzelte dann, überall Knochen verstreuend, kopfüber in die Tiefe.
    Ein Reiter.
    Colivar rannte los und erreichte den Fuß des Hügels genau in dem Moment, als der Körper mit dumpfem Schlag auf einem Bett aus zackigen Felsen landete. Es war ein Mädchen, fast noch ein Kind, mit schmutzverschmiertem Gesicht und in einem zerschlissenen, schmuddeligen Hemd. Ein Arm stand in einem Winkel nach hinten ab, der nur durch einen Bruch zu erklären war, sie war überall blau geschlagen und blutete. Als Colivar näher trat, hob sie den Kopf und zischte ihn an. Aus ihren Augen sprachen flammende Wut, Schmerz und tausend andere tierische Empfindungen … aber er fand keinen menschlichen darin. Die menschliche Seite hatte der Seelenfresser längst verschlungen.
    Lange sahen die beiden sich an. Oben auf dem Hügel wälzte sich die Ikata im Todeskampf und löste eine Lawine aus kleineren Steinen aus, die auf den Mann und das Mädchen niederging. Ein Stein traf Colivar an der Schläfe; er blutete, rührte sich aber nicht.
    Dann hörten die Bewegungen auf. Irgendwo in weiter Ferne war ein letzter Schlag zu hören … die Ikata war endlich tot.
    Das Mädchen stieß einen spitzen Schrei aus.
    Der Laut war nicht menschlich, passte aber auch zu keinem Tier. Aus ihm sprach eine Mischung aus Entsetzen, Wahnsinn und Schmerz, die durch Mark und Bein ging und nie aus einer lebenden Kehle hätte kommen dürfen. Aus dem Mund eines jungen Mädchens klang sie doppelt grauenvoll. Colivar spürte, wie die Männer ringsum erstarrten und nicht fassen konnten, was sie da hörten. Doch Colivar verstand diesen Schrei. Er kannte ihn von früher. Und in den Tiefen seiner Seele, wo seine eigenen düstersten Geheimnisse begraben lagen, verstand er auch den Schmerz dahinter, und sein Herz blutete für dieses Kind.
    Sie wollte mit hektischen Bewegungen vor ihm zurückweichen. Dabei bohrte sich ein Knochensplitter durch ihren Oberarm, und sie heulte auf vor Schmerz. Ein weiterer Knochen brach, aber sie kroch immer noch rückwärts. Tierischer Fluchtinstinkt. Sie musste schon sehr lange mit der Ikata verbunden gewesen sein, um sich so weit von ihrem Menschsein entfernt zu haben. Ihr jugendliches Aussehen trog wahrscheinlich. Es kam manchmal vor, dass ein Reiter so bleiben wollte wie in der Nacht, in der er sich mit seinem Ikata verbunden hatte, und von der Macht seines Konjunkten zehrte, um sich äußerlich jung zu erhalten.
    Colivar hätte mit Zauberei ihre Wunden heilen oder wenigstens ihren Schmerz lindern können. Aber damit hätte er ihr in ihren Augen Gewalt angetan, und das brachte er nicht über sich.
    » Kossut! «, zischte sie. » Kossut tal getu! «
    In einem anderen Universum stiegen Heilige Hüter den Felshügel hinauf, um den Seelenfresser zu erreichen, bevor das Gift in seinem Fleisch die Körperteile zersetzte, die sie ernten mussten. Neue Speerspitzen mussten hergestellt werden. Weitere

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