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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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einer Schnittwunde unterhalb seines Schlüsselbeins. Die zornige Menge brandete vorwärts.
    Der Befehlshaber der Wache, der genug gesehen hatte, zog sein Schwert und rannte an Anens Seite. Rasch hob er seinen Schild und schob seinen Herrn hinter sich. Dann wich er mit ihm zurück, als die Menge anfing, Pflastersteine zu werfen, die sie mit Hacken und Brechstangen aus der Straße gerissen hatten. »Schließt die Tore!«, rief Thutmosis; und die Pförtner sprangen herbei, um dem Befehl zu folgen, während Steine gegen das massive Gebälk schlugen.
    »Wie lauten deine Befehle für uns, Herr?«, fragte Thutmosis, sobald die Tore wieder verschlossen und verriegelt waren.
    »Falls irgendwelche von ihnen versuchen sollten, in den Tempelbezirk zu gelangen«, antwortete Anen, »dann muss ihnen Widerstand geleistet werden – wenn nötig, mit Gewalt.« Er eilte davon, damit seine Wunde behandelt wurde. Auf halbem Wege über den Hof blieb er plötzlich stehen, änderte die Richtung und ging zur Unterkunft für Gäste.
    Benedict schlief, allerdings nur leicht. Er wachte auf, als der Priester in seinen Raum hineingestürmt kam.
    »Schwierigkeiten sind über den Tempel hereingebrochen«, erklärte Anen, der wusste, dass der Jugendliche ihn nicht verstehen konnte. Mit Gesten forderte er Benedict auf, sich zu erheben und ihm zu folgen. Sobald sie draußen waren, legte der Priester eine Hand um sein Ohr und befahl: »Hör genau hin!«
    Der junge Mann vernahm die lauten Stimmen und das Klappern der Pflastersteine, die gegen die Torbalken prallten.
    »Wir müssen dich sicher von hier fortbringen«, sagte der Priester. Er zeigte auf Benedict und ahmte mit den Armen das Flattern eines Vogels nach, der wegflog.
    Als er die Gesten wiederholte, begriff Benedict ihre Bedeutung und erwiderte: »Ich verstehe. Es wäre am besten für mich, wenn ich weggehe.« Auch er ahmte das Flattern eines Vogels nach, nickt zustimmend und wies auf sich selbst. »Ich bin bereit.«
    Anen drehte sich um und rief einen seiner Oberpriester zu sich. »Du musst unseren Gast durch das verborgene Tor von hier wegbringen. Begleite ihn zur Heiligen Straße und achte darauf, dass er sicher abreist.«
    »Wie du befiehlst, o Herr, so soll es geschehen«, erklärte der Priester. Er wandte sich dem jungen Mann zu, verbeugte sich und zeigte ihm mit Gesten an, dass er folgen solle.
    Benedict dankte Anen für seine Fürsorge. Der Priester legte seine Hand auf die Brust des jungen Mannes – direkt auf dem Herz – und drückte sie danach auf sein eigenes. Benedict erwiderte die Geste. »Lebe wohl, Anen«, verabschiedete er sich, und genau in diesem Moment war er nicht mehr länger ein Junge, sondern ein Mann mit Bündnissen und Verantwortlichkeiten. »Bis wir uns wieder treffen.«
    Der Oberpriester legte eine Hand auf den Arm von Benedict und begann, ihn fortzuführen. Doch der junge Mann zögerte. Der Priester zerrte am Arm und drängte Benedict, ihm zu folgen; er zeigte auf Thutmosis, der darauf wartete, sie durch das verborgene Tor aus dem Tempel herauszuführen.
    »Wartet!«, sagte Benedict und bewegte seine Hände so, als ob er etwas niederdrücken würde. »Es gibt noch etwas, das ich tun muss.« Er machte kehrt und rief Anen zu: »Es tut mir leid, aber ich kann nicht fortgehen, ohne vorher die Karte meines Vaters zu kopieren.«
    Anen sah den jungen Mann fragend an.
    »Die Karte meines Vaters, verstehst du?« Bei diesen Worten öffnete Benedict sein Hemd und begann, mit dem Zeigefinger Symbole auf seiner Brust zu malen – eine Imitation der zahlreichen Symbole von Arthur. Pantomimisch zeigte er weiter, wie er sie zeichnete. »Verstehst du? Ich muss die Karte kopieren.«
    Begreifen leuchtete auf Anens breiten Gesichtszügen auf. »Du willst die Haut«, antwortete er, legte die Hand auf seine Brust und malte kleine Schnörkel mit seinem Zeigefinger.
    »Die Karte, ja, genau.« Benedict nickte; er war überzeugt, dass der Priester ihn verstanden hatte.
    »Das braucht Zeit.« Anen zog sich am Kinn und runzelte die Stirn. »Aber wir müssen dich jetzt von hier fortbringen, bevor der Kampf beginnt.« Er drehte sich um und gab dem Priester, dem er die Verantwortung für Benedicts Sicherheit übertragen hatte, rasch eine Anweisung. »Ein neuer Befehl: Bring ihn zum Dienstbotenbezirk neben dem Fluss. Geh zu Hetap und sag ihm, er soll über unseren Gast wachen, bis ich nach ihm schicken lasse. Er wird dafür reichlich belohnt.«
    Zur Bestätigung des Befehls verbeugte sich der

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