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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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entfernt waren und innerhalb weniger Tage – oder sogar weniger Stunden – nach ihrem Weggang zurückgekehrt sind.«
    »Nun, ich –«
    »Sie könnten Mitglied bei uns werden und dennoch die Sorgen ihres Vaters lindern. Wenn wir vielleicht –«
    »Setzen Sie dem armen Mädchen nicht so zu«, fiel Mrs Peelstick ihm ins Wort. »Sie ist intelligent, realistisch und dazu fähig, selbst zu einer Entscheidung zu kommen.« Dann wandte sie sich Cass zu. »Wir werden Ihre Entscheidung respektieren, meine Liebe, und denken, dass es einfach nicht hat sein sollen. Und natürlich werden wir Ihnen helfen, wieder nach Hause zu kommen.«
    »Danke schön«, murmelte Cass. »Sie sind mehr als nur freundlich gewesen.«
    Die alte Frau drehte sich wieder um, schloss ihre Augen und sog tief die mit Weihrauch geschwängerte Luft in sich ein. »Es ist schön hier, nicht wahr? So friedlich. Es ist wahrhaftig ein Schutz vor den Stürmen, die in der Welt wüten.«
    Eine Weile saßen die drei nur da und ließen die Ruhe der uralten Kirche auf sich einwirken. Dann stand Brendan auf und schritt hinaus. Rosemary Peelstick erhob sich ebenfalls; sie trat in den Gang, beugte das Knie in Richtung des Kreuzes und blieb dann stehen, um auf Cass zu warten. Draußen trafen sie Brendan, und zu dritt spazierten sie langsam zum Kloster. Das Tor war zu, aber nicht verschlossen. Cass wünschte ihren beiden Begleitern eine gute Nacht und betrat den stillen Hof. Auf halbem Wege zum Gebäude mit dem Schlafsaal erfasste sie plötzlich ein Kältegefühl, und sie begann zu zittern. Sie blieb stehen und schaute im Hof umher, der jedoch still und leer wie zuvor war. In einer entfernten Ecke zirpten Grillen, und der Duft von Jasmin schwebte durch die Nachtluft. Alles schien in Ordnung zu sein.
    Sie schüttelte das Kältegefühl ab und eilte weiter. Dann erreichte sie das Gebäude, zog die Tür auf und schloss sie fest hinter sich zu. Der Gang war dunkel, abgesehen vom Licht einer einzigen Kerze, die in einem roten Glasgefäß brannte, das auf dem Tisch draußen vor ihrem Raum stand. Sie ging zur Tür und schlüpfte in ihr Zimmer, wobei sie das Licht mit sich nahm.
    Rasch zog sie sich aus und stieg ins Bett, doch sie hatte Schwierigkeiten, einzuschlafen. Eine lange Zeit warf sie sich hin und her und konnte es sich nicht bequem im Bett machen. Als sich schließlich der Schlaf einstellte, wurde er gestört durch merkwürdige, unzusammenhängende und verwirrende Träume. Gegen Morgen hatte Cass einen Traum, der klarer als die üblichen war. Darin sah sie sich selbst als kleines Mädchen, das auf einem Felsvorsprung aus rotem Sedona-Sandstein stand und über eine öde Wüste hinwegblickte. Sie träumte, sie würde weit jenseits der Erdatmosphäre und in den Weltraum hinein blicken: gar jenseits des Mondes bis zum Rande des Sonnensystems selbst – in einen endlosen Himmel voller Sterne hinein, der über eine Vielzahl von Galaxien verfügte, die im langsamen, eleganten Rhythmus der Schöpfung kreisten. Die verschwenderische Pracht dessen, was sich in ihrem Blickfeld zeigte, raubte ihr den Atem. Sie spürte, dass ihr Vater da war, und als sie sich umdrehte, sah sie ihn: Er war in einen schwarzen Anzug gekleidet und hatte das Auge gegen die Linse eines gewaltigen Teleskops gedrückt. »Ich möchte auch sehen«, sagte Cass. In ihrem Traum vernahm sie die Antwort ihres Vaters: »Das ist nicht für dich.«
    Sie wandte sich von ihm ab, und diesmal erblickte sie am fernen Rad des kosmischen Horizonts – weit jenseits des Spiralarms der Milchstraße – eine Wand aus Finsternis. Irgendwie begriff sie, dass dies nicht die Dunkelheit des tiefen Weltraums war, sondern eine aktive, eindringende Finsternis, die sich jenseits der galaktischen Grenzen ausdehnte und wuchs. Cass beobachtete, wie diese fremdartige Dunkelheit anfing, in den Kosmos einzusickern, und die ihr nächsten Sterne und Galaxien verschluckte. Die Finsternis wuchs, expandierte und nahm an Stärke und Geschwindigkeit zu: Sie brandete heran, und mit ihrem Wachstum entstand ein unmissverständliches Gefühl der Bosheit – so als ob die Dunkelheit nicht von einer geistlosen Kraft der Natur angetrieben würde, sondern von einem brennenden Hass, der so gewaltig und grenzenlos war wie sein galaktischer Einflussbereich. Immer näher kam die Finsternis heran und verschlang alles auf ihrem Weg: Sie wuchs und dehnte sich aus mit jedem Fleck und Häppchen Licht, das sie verschluckte.
    Das kindhafte Gefühl, ein Wunder zu

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