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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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auf seinem Posten vor sich hin; trotzdem machte Douglas einen großen Bogen um ihn herum. Sobald die beiden verstohlen wirkenden Gestalten an der Wachstation vorbei waren, schritten sie weiter die Cornmarket Street entlang bis zum Marktplatz, der leer war – abgesehen von einer Bank vor dem Verkaufsstand eines Fleischers, die von einem Schlafenden besetzt war, der sich in einen Umhang gewickelt und einen Hut aufs Gesicht gelegt hatte. Im oberen Geschoss eines großen Hauses, das in einer der schmalen Nebenstraßen stand, die von dem Platz ausgingen, hatte Roger Bacon, der Mönch und Universitätsprofessor, seine privaten Gemächer. Douglas hatte bei einem seiner früheren Besuche den Ort gekennzeichnet; und er nahm an, dass dies die Räumlichkeiten waren, wo die kirchliche Obrigkeit den Professor festhielt. Douglas glaubte, dass er es vielleicht schaffen könnte, zu Bacon vorzudringen.
    Der Eingang zur Herberge war nicht verschlossen, und so schlüpften Douglas und Snipe in den winzigen Vorraum hinein und gingen vorsichtig die Holztreppe hoch, die bei jedem Schritt knarrte. Am Ende des Flurs befand sich eine einzelne Tür, die zum einzigen Raum oben im Haus führte. Überraschenderweise war kein Schloss an der Tür angebracht, und es gab auch keine Kette davor. Man hatte sie, wie den Eingang zum Arbeitszimmer des Magisters im Turm, mit einfachen Brettern versperrt, die kreuzweise an den Türrahmen festgenagelt worden waren. Die Tür selbst ließ sich öffnen, damit es möglich war, Lebensmittel, Getränke und andere Notwendigkeiten des Lebens in das Zimmer hineinzureichen. Ein zu allem entschlossener Gefangener hätte leicht fliehen können. Doch der berühmte Doctor Mirabilis war ein Gefangener mit Gewissen; zweifellos hielt ihn die Ehre sicherer in Gewahrsam als Eisen.
    Douglas legte die Hand auf eines der Bretter und zog; den Widerstand, den er dabei verspürte, machte ihm deutlich, dass sie Werkzeuge benötigen würden, wenn sie sich freien Zutritt verschaffen wollten. Das stellte zwar kein unüberwindliches Problem dar, aber wahrscheinlich würde dadurch mehr Lärm entstehen, als ihm lieb wäre. Leute in aller Herrgottsfrühe aufzuwecken, würde ihre Angelegenheit nicht voranbringen.
    »Komm, Snipe«, flüsterte er und wandte sich ab. »Ich habe alles gesehen, was nötig ist.«
    Draußen fanden sie einen trockenen Platz, wo sie sich bis zu einer geselligeren Tageszeit versteckt halten konnten. Später, als die Stadt sich zu rühren begann, krochen sie aus ihrem Versteck und schlossen sich den Leuten an, die früh aufgestanden waren. Douglas kaufte zwei herzhafte Pasteten von einem Bäcker und zwei Krüge Bier von einer Brauerin, die auf ihrer Schubkarre ein ganzes Fass hatte. Dann begannen die zwei, ihre Pasteten zu essen und ihr Ale zu trinken, und beobachteten dabei, wie der Platz langsam zum Leben erwachte.
    Während sie dort saßen und aßen, war plötzlich ein gewaltiges Schreien und Schnattern zu hören. Aus der Straße im Osten tauchten drei Gestalten auf – ein Mann und zwei junge Mädchen –, die eine Schar langhalsiger Gänse vor sich hertrieben. Der Mann hatte eine schmale Stange in der Hand, und die beiden Mädchen schwangen jeweils eine biegsame Weidengerte; und alle drei hielten fachmännisch die Schar zusammen. Sie gingen auf den Platz und begannen einen instabilen Pferch zu errichten, der aus Weidenhürden bestand, die sie aus einem Stapel an der Wand zogen. Während sie sich dieser lästigen Arbeit widmeten, baute ein wenig von ihnen entfernt ein anderer Geflügelhändler in ähnlicher Weise seinen Pferch auf.
    Die nächsten Ankömmlinge waren ein Bauer und seine Frau, die eine lange Stange zwischen sich trugen, an der ein Dutzend lebende Hühner oder gar mehr an den Füßen aufgehängt waren. Die zwei legten die Stange auf einem einfachen Holzgestell ab, das offenbar für diesen Zweck errichtet worden war. Dann holte die Bäuerin einen Eierkorb hervor und ließ sich auf einem Schemel nieder, um auf die Kundschaft zu warten. Weitere Bauern erschienen – einige mit Hühnern, andere mit Enten oder Tauben –, und viele Leute trugen große, pralle Säcke mit Federn.
    »Der Geflügelmarkt«, sinnierte Douglas und trank den Rest von seinem Bier aus. »Komm, Snipe, lass uns fortgehen, bevor ich zu niesen beginne.«
    Douglas erhob sich und brachte die Holzkrüge zurück; dann gingen sie wieder zu der Herberge, in der Magister Bacon eingekerkert war. Wie zuvor war keiner in der Nähe, und so klopfte

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