Die Seelenquelle
Douglas einfach an der Tür. Einen Moment später wurde sie geöffnet, und das lange, unrasierte Gesicht des großen Wissenschaftlers erschien, der aus trüben Augen hinausblickte.
Douglas war bestürzt darüber, wie sich die äußere Erscheinung des Magisters verändert hatte: Er stand da mit hängenden Schultern und trug ein dreckiges Gewand, seine Haut war schlaff und teigig; und die Augen, die für gewöhnlich so scharf blickten und aus denen das helle Licht eines unstillbaren Intellekts leuchtete, waren nun stumpf und wässrig. Das gesamte Gebaren des Gelehrten schien unter einer schleichenden Ermüdung an Fürsorge zu leiden.
»Ja?«, sagte er; seine Stimme war nur noch ein raues Krächzen. »Ist etwas?«
»Magister Bacon«, begann Douglas ein wenig unsicher.
»Kenne ich Euch?«
»In der Tat, Herr. Ich bin Bruder Douglas – aus dem Kloster Tyndyrn.« Als Bacon nicht sofort etwas darauf erwiderte, fügte Douglas hinzu: »Wir haben in der Vergangenheit über Eure Arbeit an einem besonderen Manuskript gesprochen, an dem wir beide interessiert sind.«
Das Letztere führte zu einem Ergebnis, denn ein Funke des Wiedererkennens leuchtete auf dem Gesicht kurz auf, der dann jedoch rasch wieder verschwand. »Ach, ja, ich erinnere mich an Euch«, sagte der Magister undeutlich. »Gott möge Euch wohlgesinnt sein, Bruder. Ich hoffe, es geht Euch heute gut.«
»Das hoffe ich für Euch auch, Bruder.« Douglas zögerte, doch schließlich fragte er: »Ist es Euch erlaubt, Besucher zu empfangen?«
Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf den Lippen des Gelehrten ab. »Streng genommen nicht. Aber …« – er spähte an seinem Gast vorbei in den schmalen Gang hinein und zum Treppenabsatz – »… wie Ihr seht, gibt es nicht gerade viele Besucher, die lautstark nach meiner Aufmerksamkeit verlangen. Es wird nicht schaden, eine Ausnahme zu erlauben.«
»Ich möchte nicht, dass Ihr durch mich Probleme bekommt, Magister. Oder Eure gegenwärtigen Schwierigkeiten verschlimmern.«
»Das Allerschlimmste, fürchte ich, ist bereits geschehen.« Der intelligenteste Mensch in Oxford schüttelte leicht seinen Kopf. »Ein kurzer Besuch kann nicht meine gegenwärtigen Schwierigkeiten noch weiter verschlimmern; das versichere ich Euch. Und gerad jetzt ist ein Besucher die reinste Freude für mich. Bitte, sprecht – und lasst mich den Klang einer Stimme genießen, die nicht meine eigene ist.«
»Wie Ihr möchtet, Magister«, erwiderte Douglas. Dann wandte er sich zu Snipe und flüsterte ihm einen Befehl zu; der verwilderte Junge drehte sich um und machte sich auf den Weg hinaus.
»Einen Augenblick, wenn es Euch recht ist«, rief Bruder Bacon ihm hinterher. Er trat zur Seite, wobei er die Tür halb offen ließ, und tauchte nur einen Moment später wieder auf; in den Händen trug er einen großen Tontopf mit einem Holzdeckel. »Wenn Ihr mir diese Freundlichkeit erweisen würdet«, sagte er entschuldigend. »Mein Nachttopf. Er muss gelehrt werden, und ich verabscheue es so, seinen Inhalt aus dem Fenster auf die Straße zu schütten. Ich finde dieses Verhalten barbarisch.«
Er streckte den Topf durch das Gitter aus Brettern, die seine Tür versperrten. »Ich bitte Euch höchst demütig um Verzeihung, aber …«
»Natürlich.« Douglas nahm den Topf und reichte ihn Snipe. »Leer das draußen«, befahl er, »und bleib unten am Fuß der Treppe. Pfeif, wenn irgendjemand hereinkommt.«
Snipe zeigte seinen Unwillen durch ein tiefes, heiseres Knurren, nahm jedoch den Topf und zog sich in die Dunkelheit des Treppenhauses zurück. Sie hörten, wie die Tür zugeknallt wurde, und dann war wieder alles still.
»Ich stehe in Eurer Schuld«, sagte Roger Bacon.
»Im Gegenteil, Magister. Ich bin es, der in Eurer Schuld steht, und ich habe die Absicht, sie zu begleichen, so gut ich es kann.«
»Ihr seid zu freundlich, Bruder, zu freundlich.« Er zeigte erneut sein mattes Lächeln. »Es ist Monate her, seit ich einen Besucher hatte. Fast habe ich vergessen, wie man sich verhalten soll. Ich wünschte, ich könnte Euch ein paar Erfrischungen anbieten, aber ich habe lediglich das, was sie mir von einem Tag auf den anderen bringen, und das ist wenig genug. Was war es, weswegen Ihr mich sehen wolltet?«
»Es ist wegen eines Manuskripts«, antwortete Douglas. Er steckte seine Hand in den weiten Ärmel, zog eine kleine Pergamentrolle heraus und reichte sie durch die hölzerne Absperrung.
Bruder Bacon streifte das Band ab, mit dem das Pergament
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