Die Seelenquelle
Unterlippe vor.
»Diesmal ist die Situation ganz anders«, beharrte er; sein Tonfall war nicht unsanft. »Wenn ich bei Lord und Lady Coleridge vorankomme, ist unsere Zukunft in der Gesellschaft sichergestellt. Die Kunden werden mir die Bude einrennen. Dir wird an nichts fehlen.«
»Alles, was ich möchte«, erwiderte sie verdrießlich, »bist du.«
»Und du wirst mich haben, mein Schatz.« Er hob ihre Hand hoch und streifte mit den Lippen darüber. »Noch eine weitere Reise, und du wirst mich danach für immer ganz für dich haben.«
»Wie lange wirst du fort sein?«
»Nur so lange, wie das Schiff benötigt, um dorthin und zurück zu segeln.«
»Musst du wirklich selbst fahren? Kannst du nicht jemanden schicken, der für dich die Schmuckstücke abholt?«
»Wenn ich es doch nur könnte«, seufzte der junge Lord. »Aber nein, die Sache muss von mir höchstpersönlich erledigt werden. Es besteht eine geringe Gefahr, dass etwas schiefläuft, und ich wage nicht, den Verlust dieses Geschäfts zu riskieren.« Er tätschelte ihre Hand. »Wenn ich zurückkomme, werden wir mit ungebührlicher Eile heiraten, das verspreche ich.«
»Das sollten wir besser«, erwiderte sie; zu guter Letzt akzeptierte sie seine Beteuerungen. »Ich werde mich damit begnügen, während deiner Abwesenheit meine Brautausstattung auszuwählen.«
»Und all das Übrige: das Porzellangeschirr, die Wäsche, das Kristall, das Tafelsilber – einfach alles. Wähle aus, was auch immer du magst, meine Liebe, denn wenn du es magst, dann mag ich es sicherlich auch.«
Sie redeten darüber, wo sie gerne ihre Flitterwochen verbringen würden, und über andere Artigkeiten; und Gespräche dieser Art führten sie bis zu dem Tag, an dem Burleigh an Bord gehen sollte. Ein paar Stunden vor der Abfahrtszeit besuchte er sie und verabschiedete sich ein letztes Mal. Sie küssten sich ein- oder zweimal, und dann fuhr er ab. Kein anderer als nur der Kutscher schaute zu, wie er zum Kai spazierte, um an Bord des wartenden Schiffes zu gehen. Und das war das Letzte, was irgendjemand in London für eine sehr lange Zeit von ihm sah.
Was Burleigh anbelangte, begann die Reise so routinemäßig und ereignisarm, wie sich ein Reisender es nur wünschen konnte. Das Schiff – ein ziemlich großer Postdampfer namens Gipsy – suchte Häfen entlang der französischen, spanischen und italienischen Küste auf. Es war dicht und seetüchtig, der Kapitän ein fähiger und pflichtbewusster Seemann, der in der Royal Navy gedient hatte. Der Dampfer fuhr seine festgesetzten Runden, holte und verteilte Post und Frachtgüter; er brachte Passagiere zu ihren Bestimmungsorten und nahm sie später wieder an Bord, um mit ihnen nach England zurückzukehren. Als man den Kapitän später fragte, erinnerte er sich daran, mit dem jungen Earl während der Reise diniert zu haben. Der Chefsteward entsann sich sogar, in Livorno gesehen zu haben, wie Burleigh in einer angemieteten Kutsche fortgefahren war. Daran erinnerte sich der Mann, weil der Earl großen Wert darauf gelegt hatte, für seine Rückreise dieselbe Kabine zu buchen.
Jedenfalls schaffte der junge Lord es nicht, rechtzeitig zu erscheinen, als das Schiff zehn Tage später in jenem Hafen auslief, und die Gipsy kehrte ohne ihren adligen Passagier nach England zurück.
Nachdem Burleigh von Bord gegangen war, begab er sich auf den Weg nach Florenz. Dort erwarb er ein kleines Gemälde, das den Herzog von Montefeltro zeigte, zwei Kameen aus der Zeit von Kaiser Trajan und eine Marmorbüste von Cicero. Von Florenz reiste er weiter zur Hauptstadt, um sein wichtigstes Geschäft durchzuführen. Irgendwo zwischen Florenz und Rom, soweit es irgendjemand ergründen konnte, suchte ihn die Katastrophe heim. Die Kutsche war für die Nacht in Viterbo eingekehrt, und Burleigh hatte in einem Gasthaus eingecheckt. Nachdem er ein gutes Abendessen aus frischem Flussbarsch und einer Pilz-Rissole zu sich genommen hatte, ging er früh ins Bett. Am nächsten Morgen setzte die Kutsche ihre Reise fort, doch ungefähr eine Meile außerhalb der Stadt verlor eines der Pferde ein Hufeisen und begann zu lahmen. Dies machte einen Aufenthalt erforderlich.
Während der Schmied geholt wurde, beschlossen Burleigh und der einzige andere Passagier – ein redseliger italienischer Rechtsanwalt namens Lorenzo de Ponte –, sich die Beine zu vertreten. Sie unternahmen einen Spaziergang. Der Tag war angenehm und die bäuerlich geprägte Landschaft wie ein echtes mittelalterliches
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