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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Gemälde, das man zum Leben erweckt hatte.
    »Haben Sie jemals eine der alten etruskischen Straßen gesehen?«
    »Leider nicht«, antwortete Burleigh.
    »Das überrascht mich nicht«, meinte der Rechtsanwalt. »Außerhalb dieser Region sind sie nur wenig bekannt. Möchten Sie eine sehen?«
    Der junge Lord betrachtete die Straße aus groben Pflastersteinen, auf der sie sich befanden. »Darf ich annehmen, dass dies eine von ihnen ist?« Er wies auf den holprigen, gepflasterten Weg, der sich vor ihnen durch die Landschaft erstreckte.
    Lorenzo kicherte. »Keineswegs, mein Freund. Das ist eine römische Straße. Etruskische sind viel älter. Außerdem können sie nicht gesehen werden.« Angesichts des unsicheren Gesichtsausdrucks von Burleigh lachte er erneut und erklärte: »Sie sind unterhalb des Erdbodens, wissen Sie.«
    Burleighs Italienisch war nicht so gut wie sein Französisch oder Deutsch. Und daher fragte er nach: »Unterhalb des Erdbodens? Meinen Sie unter Tage? Unterirdisch?«
    »Nein, nicht wie ein Tunnel.« Der leutselige Rechtsanwalt wies über die Landschaft hinweg und sagte: »Hier entlang. Ich zeige es Ihnen.«
    Während sie gingen, erzählte der Mann: »Ich bin in Tarquinia aufgewachsen – nicht weit von hier entfernt. Es gehörte einmal zu einem Gebiet, das einst als Etrurien bekannt war und jetzt Toskana genannt wird. Die Etrusker waren sehr kluge Leute, ja? Sie erfanden viele nützliche Dinge. Doch sie waren auch sehr mysteriös. Ich glaube, sie erfanden ebenfalls viele Mysterien.«
    Lorenzo führte sie von der Straße fort. Sie gingen über einen seichten Wassergraben hinweg und dann über ein Stoppelfeld auf etwas zu, das ein Riss oder eine Spalte in der Landschaft zu sein schien. »Sie erbauten Häuser aus Stein mit roten Tonziegeln und hatten schon fließendes Wasser. Sie bauten herrliche Tempel und Paläste und Grabmäler – viele, viele Grabmäler. Man hat niemals ein anderes Volk gesehen, das so viele Gräber erbaut hat. Sie bauten auch Straßen … zwei Arten davon. Sie machten gewöhnliche Straßen, um darauf zu reisen, und geheime Straßen für ihre geheimen Zeremonien.«
    »Sehr merkwürdig«, erklärte Burleigh, dessen Interesse erregt war. Die Erwähnung von Grabmälern und Palästen ließ ihn augenblicklich an die Möglichkeit von Antiquitäten denken. Etruskische Kunst war ein Gebiet, über das er wenig wusste – was bedeutete, dass es sich um einen Bereich handelte, der reif für die Erforschung und Plünderung war. »Erzählen Sie mir mehr.«
    »Diese Etrusker schlugen ihre geheimen Straßen tief in das Kalktuffgestein hinein – das weiche vulkanische Gestein, verstehen Sie? Und sie meißelten meilenweit.« Mit einer Handbewegung umfasste er die niedrigen Hügel um sie herum. »Manchmal verbinden diese Straßen die antiken Städte und Dörfer, aber meistens verbinden sie einfach eine seltsame Stelle mit einer anderen. Und …« – er hob einen Finger, um seine nächsten Worte hervorzuheben – »sie sind immer, immer gesäumt von Gräbern, die in den Kalktuff geschlagen wurden.«
    »Wie außergewöhnlich«, sagte Burleigh. »Diese Grabmäler – sind sie jemals erforscht worden?«
    »Ständig.«
    »Und sind Objekte gefunden worden? Artefakte?«
    »Aber natürlich. Wundervolle Dinge. Sie waren sehr gute Handwerker, und sie stellten schöne Keramiken her … und winzig kleine Figuren aus Eisen. Wir finden ständig solche Sachen.«
    »Faszinierend. Ich bin sehr daran interessiert, etwas davon zu sehen.«
    »Das lässt sich einfach arrangieren«, versicherte Lorenzo. »Ich habe einen Freund in Florenz, der Ihrem Wunsch nachkommen kann.« Er blieb plötzlich stehen. »Doch jetzt … schauen Sie!«
    Burleigh blickte sich um, sah jedoch nichts. Sie waren am Rande der Spalte angelangt, und so ging er einen Schritt näher heran und schaute in einen tiefen Graben hinab, der, wie der Rechtsanwalt gesagt hatte, in den tiefer liegenden Kalktuff gemeißelt worden war. Der Graben war ungefähr zwanzig Fuß tief und nicht mehr als acht oder zehn Fuß breit; und er verlief entlang der natürlichen Falte des kleinen Bergs.
    »Die Einheimischen nennen sie Seelenstraßen – oder auch Geisterstraßen.« Er schüttelte leicht den Kopf, als er in den halbdunklen Graben hinunterspähte. »Man hielt sie für heilig; doch wie sie genutzt wurden, weiß niemand. Es ist eines der etruskischen Mysterien.«
    »Können wir dorthinuntergehen?«
    Lorenzo zögerte. »Es ist nicht schwierig, nach unten zu

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