Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
Überraschung, Überraschung! – lebendig und gesund war und frei durch die Straßen von Prag lief.
    Und durch die groß angelegte Menschenjagd, die sich aus dieser Neuigkeit ergab, hatte man lediglich erreicht, dass der Kutscher Giles verwundet worden war. Kit aber hatte es geschafft zu entkommen, und den Burley-Männern war die Schuld für das Debakel gegeben worden. In den letzten vier Tagen hatten der Schwarze Earl und seine Rüpel die Landschaft nach Kit durchkämmt. Zuerst hatten sie bloß die normale Erdoberfläche der Umgebung durchsucht: die Hecken, Ortschaften, Scheunen und sogar den Fluss. Und als es ihnen dabei nicht gelang, irgendeinen echten Hinweis zu entdecken, wurde die Suche auf alle Ley-Linien ausgedehnt, die sich in Reichweite des Flüchtigen befanden. Sie hatten zwar einen geeigneten Ley in der Umgebung ihrer anfänglichen Verfolgungsjagd gefunden, doch auch bei einer gründlichen Durchsuchung des Zielorts auf der anderen Seite gelang es ihnen nicht, eine Spur zu finden.
    Als ein Tag nach dem anderen verging und die Meldungen von den Burley-Männern sie der Auffindung des Flüchtigen nicht näherbrachten, verdüsterte sich die Stimmung Seiner Lordschaft immer mehr. Er war wegen jedem und allem verärgert: verärgert darüber, belogen worden zu sein – obschon die Burley-Männer dies vehement bestritten –; verärgert über das Fehlen jeglicher Resultate; verärgert darüber, dass seine Pläne behindert wurden durch einen unwissenden Niemand; verärgert über sein eigenes Versagen, das eine Stück der Meisterkarte in die Hände zu bekommen, von dem er wusste, wo es zu finden war. Nichts davon war Havens Schuld, eine Tatsache, die sie, ohne zu zögern, oft hervorhob. Sie distanzierte sich auf das Energischste von dem gegenwärtigen Desaster und hoffte so, vom stetig zunehmenden Zornessturm Seiner Lordschaft verschont zu bleiben.
    »Hier ist irgendeine Betrügerei im Spiel, die ich noch durchschauen muss«, erklärte Burleigh bei seiner Rückkehr ins Gasthaus. Es war der Abend des fünften Tages seiner vergeblichen Suche, und seine Laune war hochgefährlich. »Jemand hat Livingston bei seiner Flucht Beihilfe geleistet. Das ist die einzige Erklärung – es ist zumindest die einzige Erklärung, die einen Sinn ergibt.«
    Das Wetter hatte sich geändert – es war kalt und feucht geworden – und gab einen Vorgeschmack auf den kommenden Winter. An ihrem Mantel, den sie auf dem Markt gekauft hatte, nähte Lady Fayth gerade neue Knöpfe an; sie ersetzte die hölzernen durch silberne. Lord Burleigh sank in einen Sessel am Feuer und forderte einen der Dienstjungen des Gasthauses auf, herbeizukommen und ihm die schlammigen Stiefel auszuziehen.
    »Mach sie sauber und bring sie zurück, wenn du damit fertig bist!«, befahl er. Sein Deutsch klang holprig, doch man konnte es immerhin verstehen. »Und der Hauswirt soll mir etwas zu trinken bringen lassen; ein Krug mit vermasseltem Ale genügt für den Augenblick. Jetzt mach weiter! Und beeil dich mit allem!«
    Der Bursche lief hastig weg. Er hatte gelernt, rasch und ohne Frage zu gehorchen, wenn der Earl sprach.
    »Ihr sagt, Kit sei unwissend«, erlaubte sich Haven zu bemerken. »Und alles deutet darauf hin, dass Ihr mit Eurer Einschätzung recht zu haben scheint. Doch wenn dem so ist, wieso kann es dann möglicherweise von Belang sein, dass er geflohen ist?«
    »Weil er ein Stachel im Fleisch ist«, blaffte Burleigh. »Er ist in zunehmendem Maße ein ärgerliches Hindernis für die laufende Suche nach der Karte. Er ist ein Rivale und eine Bedrohung.«
    Haven hob nicht die Augen von ihrer Arbeit. »Das ist er schwerlich, glaube ich.«
    »Ihr zweifelt daran?«
    »Ich zweifle in der Tat sehr stark daran, Sir«, erwiderte sie. Er ist so, wie Ihr ihn dargestellt habt: ein Nichts, ein Niemand. Seine einzige Bindung zu dieser Unternehmung bestand durch seinen Urgroßvater Cosimo. Dieses Seil ist durchtrennt worden, und Kit hat keine Ahnung, was er nun tun oder wohin er als Nächstes gehen soll. In der kurzen Zeit, die ich in seiner Nähe war, zeigte er weder Willenskraft noch ein außergewöhnliches Verständnis von der Unternehmung, in die er verwickelt war.«
    »Das war auch mein Eindruck«, pflichtete Burleigh ihr bei. »Vollkommen.«
    »Warum sollte man ihn dann nicht einfach aus der eigenen Gedankenwelt verbannen? Kit Livingstone fällt nicht ins Gewicht. Welches Verständnis von der Angelegenheit er auch immer haben mag, es kann keine Bedeutung für Eure

Weitere Kostenlose Bücher