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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Lady Fayth irgendetwas zurückhielt.
    »Bitte«, drängte Haven. Sie streckte den Arm über den Tisch, ergriff Wilhelminas Hand und drückte sie, um den Worten Nachdruck zu verleihen. »Bitte – geht!«
    »Also gut.« Mina erhob sich und rückte ihren Stuhl nach hinten. »Wenn Ihr mich nun entschuldigen wollt … Ich glaube, ich muss nun packen.«

ZWEITER TEIL

ACHTES KAPITEL

    D as Chaos ist über dem Schwarzen Land entfesselt worden, mein Bruder«, erklärte Anen, der Zweite Prophet des Amun. »Der Pharao verfolgt einen gefährlichen Kurs. Er nimmt nur Ratschläge von seinen Habiru-Beratern an und hört nicht auf die Stimme seines eigenen Volkes. Er belastet sein Land sehr stark durch die Steuern, um den Bau seiner neuen Stadt in der Wüste bezahlen zu können.« Er hielt inne und fügte dann hinzu: »Es ist sogar die Rede davon, dass die zahlreichen Tempel des Amun geschlossen werden.«
    Arthur Flinders-Petrie schüttelte mitfühlend den Kopf. »Es tut mir leid, das zu hören.«
    »Viele nehmen an, dass Echnaton das ganze Land ruiniert, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird.«
    Benedict, der neben seinem Vater am Tisch saß, räusperte sich. Er beugte sich zu Arthur und flüsterte: »Was erzählt er?«
    »Entschuldige mich einen Moment, Anen.« Arthur neigte den Kopf seinem Sohn zu und antwortete: »Er berichtet mir, dass es gerade jetzt Schwierigkeiten in Ägypten gibt. Der neue Pharao verfolgt einen unverantwortlichen Kurs.«
    »Der neue Pharao … Du meinst Amenophis.«
    Arthur nickte. »Er hat den Namen Echnaton angenommen und baut in der Wüste eine neue Stadt, um seinen Gott zu ehren. Die Leute jedoch sind unglücklich.«
    »Vielleicht sollten wir fortgehen«, schlug Benedict vor. »Wenn es Probleme geben wird …«
    »Du hast möglicherweise recht.« Arthur wandte sich abermals seinem Freund zu. »Ich hatte die Hoffnung, dass mein Sohn hier eine Weile bleiben könnte, um bei den Priestern in der Tempelschule eure Sprache zu erlernen, so wie ich vor vielen Jahren. Doch es scheint, dass der Besuch von meinem Sohn und mir zu einer ungünstigen Zeit erfolgt ist. Vielleicht wäre es das Beste, wenn wir unsere Pläne ändern würden. Du wirst nicht wollen, dass wir dir im Wege stehen.«
    »Denk nicht einen Augenblick an so etwas«, beteuerte Anen, der eine Handvoll Datteln von seinem goldenen Teller nahm. »Wie immer erfreut dein Besuch mein Herz. Dich und deinen Sohn erneut zu sehen, ist eine wirksame Medizin für diesen alten Mann hier. Die Schwierigkeiten, von denen ich spreche, sind nichts weiter als Rauchfahnen in den Winden der Zeit.« Mit seiner Hand vollführte er eine ausladende Geste. »Doch wahre Freundschaft ist in Stein gemeißelt. Sie währt ewig.«
    »So ist es in der Tat, mein Freund«, pflichtete Arthur ihm bei. Er tauchte ein Stück Brot in das Olivenöl und dann ins Salz, steckte sich den Brocken in den Mund und kaute gedankenversunken. »Ich weiß unsere Freundschaft zu schätzen.«
    Anen hob einen Finger, und ein Tempelsklave trat mit einem Weinkrug lautlos an den Tisch. Benedict schluckte den Bodensatz in seinem Becher hinunter und hielt ihn hoch, um noch etwas Wein zu bekommen. Während sich die beiden älteren Männer unterhielten, beschied er sich damit, die Fülle exotischer Eindrücke, die ihn umgaben, in sich aufzunehmen. Seit weniger als zwei Tagen waren sie in Ägypten, und er fühlte bereits, wie er jegliches andere Leben außer dem, das er um sich herum sah, vergaß. Das Leben hier schien so leicht und mühelos zu fließen wie der große grüne Nil, an dem der Palast des Hohen Priesters erbaut war.
    Benedict betastete den blauen Skarabäus aus Lapislazuli, den er von Anen als Zeichen der Wertschätzung bekommen hatte, mit seinen Fingern und blickte sich in dem intimen Bankettsaal um, dem kleineren der Festräume im Palast. Er staunte über die prächtig bemalten Wände, die eleganten Statuen und Holzschnitzereien, die imposanten Säulen und majestätischen Sphinxen, die groß gewachsenen, dunkelhäutigen Diener in ihren bestickten weißen Gewändern, den exotischen Duft von Sandelholz in der Luft und über das üppige Festmahl, das auf dem niedrigen Tisch vor ihm ausgebreitet war. Alles davon – von den endlosen Marmorfluren bis zu den Goldketten um den Hals des Priesters – wirkte fantastisch und überstieg bei Weitem das, was er sich vor dem Hintergrund der Geschichten seines Vaters vorgestellt hatte. Doch hier war er – und lag in Anwesenheit ägyptischer Adliger am Tisch. So

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