Die Seelenquelle
nichts«, meinte Arthur. »Du bist müde.« Er nickte und gab dem Diener einen Befehl. »Itara hier wird dich zu unserer Unterkunft bringen. Ich folge in Kürze.«
Benedict erhob sich, und mit einer respektvollen Verbeugung sagte er: »Danke für das wunderbare Abendmahl. Ich habe es sehr genossen.« Dann wünschte er den beiden älteren Männern Gute Nacht und folgte dem Diener aus dem Saal.
»Du musst sehr stolz auf ihn sein«, merkte Anen an, als Arthur die Dankesworte seines Sohnes übersetzt hatte. »Seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe, ist er zu einem feinen jungen Mann herangewachsen.«
»Das ist er wirklich«, stimmte Arthur ihm zu. »Ich bin sehr glücklich.«
»Es ist gut für einen Mann, einen Sohn zu haben, der seinen Namen in die Welt hinausträgt und das Werk fortsetzt, das er begonnen hat.«
»Das, mein Freund, ist meine sehnlichste Hoffnung – dass mein Sohn mir eines Tages nachfolgt.«
»Wir müssen hoffen, dass dieser Tag noch lange auf sich warten lässt.« Anen erhob sich, und augenblicklich trat ein Diener vor. Der Priester gab ihm mit einem Wink zu verstehen, dass er sich entfernen sollte. Zu Arthur sagte er: »Komm, lass uns ein wenig um den Teich herum spazieren, bevor wir ins Bett gehen.«
Anen führte seinen Gast in einen nicht öffentlichen Garten. Die milde Luft roch süß nach dem Duft von Jasmin und Hibiskus. Sie schlenderten durch den Garten, der durch den flackernden Schein von Kerzenlampen erhellt wurde, die entlang des Wegs um den heiligen Teich aufgestellt waren. Das Gewässer erstrahlte im reflektierten Licht eines zunehmenden Mondes und der funkelnden Sternenschar.
Der Garten mit der duftenden Luft und dem schimmernden Teich, der blaue Sternenhimmel und sogar die Anwesenheit von Anen selbst erinnerten Arthur an jene schicksalsträchtige Nacht vor vielen Jahren, als seine teure, geliebte Frau Xian-Li, vom Fieber verwüstet, der Krankheit erlag und verstarb. Die Anwesenheit seines Besuchers musste auch bei Anen die damaligen Geschehnisse ins Bewusstsein gebracht haben, denn nachdem die beiden eine Weile schweigend spazieren gegangen waren, fragte er: »Hast du jemals daran gedacht, was damals geschah?«
Arthur lächelte. »Jedes Mal, wenn ich Xian-Li anschaue.« Sie gingen ein kleines Stück weiter, und er fügte hinzu: »Ich glaube, ich habe Benedicts problematische Geburt erwähnt?«
»Ja, ich kann mich daran erinnern«, erwiderte Anen. »Ihr fuhrt nach Etrurien, damit er dort geboren wurde, weil die Ärzte in deinem Land nicht die Fähigkeit hatten, die Geburt herbeizuführen.« Einen Moment dachte er nach und fügte hinzu: »In diesem Etrurien ist der Hohe Priester auch der König, nicht wahr?«
»Das ist richtig«, bestätigte Arthur. »Eines Tages wirst du der Hohe Priester sein. Überleg mal, wo du sein würdest, wenn du in Etrurien lebtest.«
Anen lachte leise. »Ich möchte nicht König sein – zu viele Kriege, zu viele Kämpfe die ganze Zeit. Das ist nicht gut für die Seele.«
»Da stimme ich dir zu. Dennoch ist Turms irgendwie imstande gewesen, dass es ihm in jeder Hinsicht gut geht, und seinem Volk ebenso.«
»Bist du jemals zur Seelenquelle zurückgekehrt?«
Arthur nickte. »Zwei- oder dreimal. Dort gibt es ein Mysterium, das ich noch durchschauen muss.«
»Das Geheimnis seiner lebensspendenden Kraft?«, fragte der Priester. »Vergiss bitte nicht – du hast versprochen, mir dieses Wunder eines Tages zu zeigen.«
»Das habe ich nicht vergessen«, versicherte Arthur ihm. »Eines Tages werde ich das Mysterium lösen; aber bis dahin, glaube ich, ist es am besten, dass es ein Geheimnis bleibt, das nur einigen wenigen Vertrauten bekannt ist, und zwar so wenigen wie möglich.«
»Ich verstehe.«
***
Zwei Tage später reiste die Priesterdelegation nach der heiligen Stadt Achet-Aton, die in einiger Entfernung nördlich des Hohen Tempels von Niwet-Amun lag. Sie reisten mit fünf Barken: zwei für die Priester und drei kleinere Boote für die Diener und andere Begleitpersonen. Während die Leute um ihn herum sich um ihre Angelegenheiten kümmerten – die Priester besprachen sich und die Diener gingen ihren Arbeiten nach –, saß Benedict auf der breiten, niedrigen Reling und ließ die Beine an der Seite der Barke herabbaumeln. Stundenlang beobachtete er die ganze Vielfalt des Lebens, die sich entlang des größten Flusses der Welt vor ihm ausbreitete. Das langsame Vorankommen der Boote war hypnotisierend. Die Flusswelt schien mühelos an ihnen
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