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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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…«
    Benedicts Augen wurden rund. »Das ist Echnaton?«, keuchte er leise.
    »So scheint es«, wisperte Arthur.
    »Was sagen sie?«
    »Schsch. Ich kann sonst nichts hören. Sei still.«
    Nun trat der Hohe Priester am Arm von Anen vor. Die Priester um ihn herum gingen zur Seite, um dem alten Mann einen Weg zu öffnen. Er blieb vor dem uneingeschränkten Herrscher stehen, verbeugte sich nach einer winzigen Pause und richtete sich dann wieder auf.
    »Mächtiger Herrscher der Zwei Häuser, Höchster Sohn des Horus, Himmelskrieger, Lebensspender der Länder – der Erste Prophet des Amun begrüßt dich«, intonierte er mit einer dünnen, näselnden Stimme.
    Bei diesen Worten verschwand Echnatons Lächeln, und seine Gesichtszüge versteinerten sich. »Ich weiß, wer du bist, alter Mann.« Er warf einen Blick auf Anen. »Wer ist das?«
    »Du Großer an Ruhm«, sagte Anen und verbeugte sich liebenswürdig. »Ich bin Anen, der Zweite Prophet des Amun.«
    »Gar zwei Propheten«, merkte der Herrscher an und schürzte höhnisch seine Lippen. »Wie es scheint, bin ich heute doppelt gesegnet.« Mit einer Handbewegung wies er auf die anwesenden Priester, die sich rasch um ihn versammelt hatten, und fügte hinzu: »Und sind diese hier alle ebenso Propheten eures Gottes?«
    »O Wunder der sichtbaren Welt, mögest du für immer in vollkommener Gesundheit leben –«
    Der Pharao schnitt ihm mit einem Schnippen des Stabes in der Hand das Wort ab. »Warum seid ihr hier?«, verlangte er zu wissen.
    »Mächtiger Herrscher«, erwiderte Anen, »wir sind mit Geschenken für dich gekommen.« Den Dienern, die Körbe trugen, gab er ein Zeichen. Sie traten vor, um ihre Geschenke anzubieten, doch der König hob seine Hand und gebot ihnen so Einhalt.
    »Glaubt ihr etwa, dass der Pharao irgendetwas begehrt, das ihr zu geben habt?«, fragte er. »Bin ich einer eurer Götter, den ihr mit billigen Schmuckstücken und Zuckerwerk besänftigen könnt?«
    »Keineswegs, Weisheit des Osiris«, antwortete Anen ruhig. »Wir geben dir nur dein Eigentum aus dem großzügigen Reichtum, den deine erleuchtete Herrschaft bestimmt und offenkundig gemacht hat.«
    »Hm!«, gab Echnaton mit einem spöttischen Grinsen von sich und wandte sich ab. Er ging zu seinem Streitwagen zurück und stieg ein. »Priester falscher Götzen, hört mich an!«, rief der König, seine Stimme klang laut in der allgemeinen Stille. »Dieser Ort hier ist dem Gott Aton heilig – dem einzigen, weisen, höchsten Schöpfer und Herrscher der himmlischen Reiche. Wenn ihr hergekommen seid, um eurer Anbetung geringerer Götter abzuschwören, dann dürft ihr bleiben. Wenn ihr zu irgendeinem anderen Zweck hergekommen seid, dann seid ihr nicht mehr länger hier willkommen.«
    »Wenn unsere Anwesenheit dich beleidigt, o großer Einziger, dann erlaube uns nur ein Wort, und wir werden in Frieden fortgehen.«
    »Fort mit euch!«, brüllte der Pharao, während er die Zügel in seine Hände nahm. Seine Augen verengten sich zu einem kalten, starren Blick, den er dem Hohen Priester zuwarf, der mit offenem Mund und ungläubig über diese unverschämte Abweisung dastand. »Entfernt diese Leute aus meinen Augen!«
    Auf den Befehl des Pharao hin hob der Anführer der Soldaten seinen Speer und rief seinem Trupp ein Kommando zu. Die Soldaten richteten ihre Waffen aus und marschierten wie ein einziger Mann nach vorne; ihre Speerspitzen funkelten hell in der Sonne.
    Die Priester und ihre Begleiter zogen sich zurück. Laut grummelnd und murrend drehten sie sich um und begaben sich auf den Weg zurück zum Stadttor.
    »Komm, Benedict«, sagte Arthur, zupfte am Arm seines Sohnes und zog ihn fort. »Bleib in meiner Nähe und verlier nicht den Kopf. Sollte irgendetwas passieren, dann lauf so schnell du kannst zur Barke.«
    Die zurückweichenden Priester rauchten vor Wut über ihre Enttäuschung und Demütigung. Verfolgt wurden sie von den Soldaten, die sich jedoch nicht damit zufriedengaben, dass die Priester dem Befehl des Pharao nachkamen: Vielmehr riefen sie ihnen höhnische Bemerkungen und Drohungen zu, um eine Reaktion zu provozieren. Die Spottrufe wurden von den Stadtbewohnern aufgegriffen, die am Straßenrand standen und bei jedem Schritt der Priester zorniger und aggressiver wurden. Obwohl Benedict die Beleidigungen nicht verstehen konnte, erkannte er Probleme, wenn er sie sah – und dies hier waren echte und große Probleme. Er hielt seinen Kopf gesenkt, blickte weder nach rechts oder nach links und marschierte

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