Die Seelenräuberin: das zweite Abenteuer von Lyala Mendes, dem weissen Werwolf (German Edition)
Hauptstadt des Inka Reichs, oder Tawantinsuyu, wie sich die Menschen dort selbst nannten, vorgedrungen. Dort hatte er bei einem Kriegszug als Freiwilliger teilgenommen und dabei dem Herrscher der Inkas, dem neunten Sapa Inka, wie sich die Monarchen nannten, das Leben gerettet. Der Sapa Inka Pachacútec Yupanqui hatte sich dafür sehr dankbar gezeigt und Wayrunku ihm als Geschenk für die Rettung überreicht. Der war natürlich dementsprechend stolz auf dieses Geschenk.
Wayrunku war schon als sehr junges Mädchen im Alter von nur fünf Jahren zur Aklla geworden. Seit sie denken konnte, also schon seit allerfrühester Kindheit, fast noch als Baby, hatte sie Visionen und Träume gehabt, die sich sehr oft als wahr herausgestellt hatten. Ihre Mutter hatte deshalb zum Schluss richtig Angst vor ihr gehabt und sie eines Tages im Akllawasi, im Haus der Ausgewählten in Cuzco einfach abgegeben. Dort wurde sie einer strengen Ausbildung unterzogen. Doch leider war es Wayrunku niemals leicht gefallen, sich zu unterwerfen. Je älter sie wurde desto mehr rebellierte sie gegen die strengen Regeln im Akllawasi, bis sie Vorsteherin des Hauses wegschicken wollte.
Ihre Visionen und Träume hatte sie niemals verlassen und je älter sie wurde, desto dunkler wurden diese. Und sie wurden immer noch zu einer großen Zahl wahr. Nicht alle, aber trotzdem zu viele, als dass diese einfach ignoriert werden konnten. Und dies war zum Entsetzen der Vorsteherin des Hauses auch dem Sapa Inka, dem Herrscher des Volkes der Inca zu Ohren gekommen. Ab diesem Zeitpunkt, war es dann für die Vorsteherin so gut wie unmöglich geworden, Wayrunku so ohne weiteres los zu werden, jetzt wo der Sapa Inka persönlich ein Auge auf sie geworfen hatte.
Eines Tages, Wayrunku war gerade 13 Jahre alt geworden, stand dann plötzlich ein Bote des Sapa Inka Pachacútec Yupanqui vor der Türe des Akllawasi und verlangte, dass Wayrunku dem Herrscher vorgeführt wurde.
Wayrunku erinnerte sich noch mit Grauen an diesen Tag. Sie war dem Monarchen wie ein Stück Vieh vorgeführt worden. Der schien sie zuerst gar nicht wahrzunehmen, bis er sich plötzlich zu ihr umdrehte, ihr direkt ins Gesicht schaute, was die Sapa Inka normalerweise niemals tun und eine Vorhersage der Zukunft verlangte. Er plante einen weiteren Kriegszug gegen die Chanca, einem feindlichen Volk, das sich als sehr schwer besiegbar herausstellte. Doch leider hatte Wayrunku genau in diesem Moment überhaupt keine Ahnung. Keine ihrer Visionen oder Träume hatten ihr darauf eine Antwort gegeben. Dies sagte sie wahrheitsgemäß dem Herrscher der Inka, was für einen mittleren Skandal sorgte. Nicht nur, dass sie seinem Wunsch nicht erfüllen konnte, was schon einem Todesurteil nahe kam, sondern auch die Art, wie sie es dem Herrscher sagte, indem sie darlegte, dass ihre Visionen nicht einfach so auf Wunsch bestellt werden konnten. Der Sapa Inka verfügte auch gleich tosend vor Wut, dass Wayrunku bei dem nächsten heiligen Qhapaqhucha – Fest, dass im folgenden Jahr gefeiert werden sollte, dem Sonnengott Intip Akllan geopfert werden sollte.
Dazu sollte es zu Wayrunkus Glück jedoch niemals kommen. Denn eines Tages hatte sie dann doch eine Vision, die den Herrscher und den Kriegszug gegen die Chanca betraf. Sie sah in einem Traum einen dunklen Mann mit langen Haaren, der in dem angesprochenen Kriegszug dem Sapa Inka das Leben retten sollte.
Wayrunku verlangte daraufhin dem Herrscher sofort vorgeführt zu werden, doch der reagierte zuerst gar nicht. Für ihn war Wayrunku offenbar schon tot. Erst als eines Tages dieser dunkle, langhaarige Krieger tatsächlich dastand und zu dem Kriegszug anheuerte, da wurde sich ihrer erinnert und sie wurde dem Sapa Inka wieder vorgeführt. Wayrunku wusste, dass es auch um ihr eigenes Leben ging und legte dem Monarchen deshalb mit drastischen Worten nahe, diesen Krieger immer in seinen Nähe zu halten, wenn er überleben wollte. Sie sollte Recht behalten und sie kam als persönliches Geschenk des Sapa Inka in das Dorf, indem sie jetzt seither lebte. Wayrunku dankte jeden Tag den Göttern für diese Gnade.
*
Ein Traum, den Wayrunku seit ihre Kindheit immer wieder hatte, war der des Jaguar Gottes. Das komische war, dass es in der Inka- Religion überhaupt keinen Jaguar Gott gab. Trotzdem war sich Wayrunku sicher gewesen, dass er existierte. Ihre Träume über diesen Jaguar Gott waren einfach zu klar und detailliert gewesen, als dass sie sich als Hirngespinst herausstellen
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