Die Seelenräuberin: das zweite Abenteuer von Lyala Mendes, dem weissen Werwolf (German Edition)
konnten. Sie wusste sogar seinen Namen. „Tas“.
Deshalb war sie auch nicht überrascht gewesen, als sie Tas dann wirklich das erste Mal sah. Einen solchen mächtigen, gigantischen Jaguar hatte sie noch niemals vorher gesehen. Er war sogar noch größer, als in ihren Träumen. Gut, die Jäger im Dorf munkelten schon lange, dass ein übergroßer Jaguar in der Nähe sein Unwesen trieb. Es waren ihm schon einige Menschen zum Opfer gefallen, aber da niemand der ihn je gesehen hatte, lange genug lebte, um davon zu berichten, wusste auch niemand, wie groß Tas tatsächlich war. Bis ihn Wayrunku sah. Wenn es einen Jaguar Gott gab, dann war es Tas, das war Wayrunku von der ersten Sekunde an klar.
Und jetzt war Tas wirklich ein Gott und Wayrunku war seine Schamanin. Und sie konnte Tas wirklich verstehen. Nicht einfach nur erahnen was er wollte, sondern sie konnte, wenn sie ihn ansah in ihrem Kopf regelrecht hören, was er dachte, fast so, als ob er wirklich mit ihr sprach. Auch Tas schien die Nähe zu ihr zu genießen. Er entfernte sich fast niemals mehr als fünf Meter von ihr. Selbst bei ihren Streifzügen durch den Regenwald war er immer bei ihr. Er schlief sogar in ihrer Hütte.
Und so kam es dann auch. Eines Morgens wachte Wayrunku auf und wusste, dass etwas anders war. Zuerst wusste sie nicht genau, was es war, aber dann wurde ihr jeden Morgen schlecht und sie musste sich übergeben. Als Schamanin ahnte sie auch sogleich was dies bedeutete: Sie war schwanger. Das konnte aber nicht sein, da sie sich niemals einem Mann hingegeben hatte. Tas hätte das auch niemals zugelassen und den betreffenden Mann sofort zerfleischt. Es konnte also nicht sein! Trotzdem begann ihr Bauch mit der Zeit zu wachsen. Eines Tages war es dann nicht mehr zu verneinen oder zu ignorieren. Sie war tatsächlich schwanger! Ab diesem Zeitpunkt wachte Tas noch mehr über sie. Ja, er ließ sie nicht einmal mehr in den Dschungel gehen. In Wayrunku regte sich wieder die Rebellion. Sie wollte sich nicht einmal von Tas vorschreiben lassen, was sie zu tun und lassen hatte. Sie würde wieder in den Dschungel gehen und zwar dann, wann sie wollte. Doch leider wurde ihre rätselhafte Schwangerschaft sehr schnell problematisch. Sie hatte große Schmerzen und begann oft zu bluten. Es war fast unmöglich das Baby im Bauch zu behalten. So musste sich Wayrunku dann doch fügen und in ihrer Hütte auf ihrem Schlafplatz bleiben. Da übernahm plötzlich Tas auch ihre Aufgabe als Schamane. Eines Morgens ging er plötzlich alleine in den Dschungel und kam kurz später mit einer Pflanze im Maul zurück. Es war ein Heilkraut, das auch Wayrunku kannte. Sie nahm es in den Mund und begann darauf zu kauen. Fast augenblicklich ging es ihr besser. Die fast unerträglichen Schmerzen in ihrem Bauch hörten auf. So hatte sie wenigstens noch einige Tage Ruhe, bis selbst die Pflanze ihre Schmerzen nicht mehr lindern konnte. Wayrunku spürte, dass sie das Baby nicht mehr lange würde in ihrem Bauch behalten können. Und tatsächlich fingen zwei Tage später die Wehen an. Viel zu früh und mit einer Brutalität, dass Wayrunku das Gefühl hatte, sie würde auseinander gerissen. Aber das Baby wollte hinaus. Tas rannte hinaus und ließ ein lautes, aufgeregtes Brüllen hören. Fast augenblicklich kamen vier ältere, erfahrene Frauen in ihre Hütte. Sie brachten Tücher aus der seltenen Vicuña Wolle mit, sowie Töpfe auf den sie Wasser kochten. Kurz später war es soweit. Wayrunku spürte, wie der Embryo sich ein letztes Mal drehte und dann in den Geburtskanal eindrang. Sie konnte seinen Kopf deutlich spüren. Dann wurden die Schmerzen unerträglich. Die Frauen taten alles, aber Wayrunku merkte, dass sie viel Blut verlor. Zu viel Blut. Trotzdem schaffte sie es mit letzter Kraft das Baby zur Welt zu bringen. Es war ein schönes Mädchen. Eine der älteren Frauen legte ihr das Baby stolz in die Arme. Wayrunku lächelte das Mädchen glücklich an.
Doch plötzlich schoss eine weitere Schmerzwelle durch Wayrunkus Körper. Was war das? Da merkte sie, wie ein weiterer Kopf in den Geburtskanal vordrang. Es waren Zwillinge! Schnell nahm ihr die Frau das Mädchen wieder ab. Im selben Augenblick schoss eine riesige Menge Blut aus Wayrunkus Scheide heraus. Die war jedoch so geschwächt, dass sie nicht einmal mehr diese Pein aus sich herausschreien konnte. Hektisch versuchten die Frauen die Blutung zu stillen und gleichzeitig die Geburt einzuleiten. Aber irgendetwas stimmte mit dem ungeborenen
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