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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Page begleitete sie bis zur Schwelle eines Audienzraums, der auf den Burghof hinausging. Zu beiden Seiten der Doppeltüren hielten Gardisten mit grimmiger Miene Wache; einer klopfte kräftig an ein dunkles Eichenpaneel, bevor er die Tür öffnete und sie eintreten ließ.
    Salvator hatte einen seiner Hexer bei sich – kein gutes Zeichen! Ihr Sohn nahm niemals Zuflucht zu mystischen Kräften, solange auch irdische Fähigkeiten ausreichten. Vor ihm kniete eine Frau in schmutziger, zerrissener Kleidung, und Gwynofar sah, dass sie vor Angst und Erschöpfung zitterte.
    Gwynofar überlegte kurz, ob womöglich Salvator die Ursache für den erbärmlichen Zustand der Frau sei, doch als ihr Sohn bei ihrem Eintreten aufschaute, sah sie ihm an, dass ihr Verdacht unbegründet war. Der Zorn in seinen Augen richtete sich gegen jemanden oder etwas außerhalb dieses Raumes.
    Die Tür stand noch offen. Der Großkönig winkte seine Gardisten herein und befahl ihnen, sich um die auf dem Boden kauernde Frau zu kümmern. »Sie ist unser Gast. Man gebe ihr zu essen und zu trinken und sorge dafür, dass es ihr auch sonst an nichts fehlt. Falls sie das möchte, soll vor ihrer Tür eine Wache stehen, während sie schläft. Sie hat einen weiten Weg hinter sich, und sie hat uns heute einen großen Dienst erwiesen.«
    Er wartete, bis die Gardisten die Frau hinausgeführt hatten – sie sah sehr schwach aus und war unsicher auf den Beinen –, dann entließ er auch den Hexer mit einem Nicken. »Lasst uns bitte allein.«
    Der Mann verneigte sich und ging. Die schwere Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Salvator und Gwynofar waren unter sich.
    Der Großkönig trat an einen der zwei Wandtische im Raum. Dort waren auf einer schmutzigen Wolldecke eine Reihe von Metallteilen ausgelegt. Eine Weile stand er nur schweigend da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und sah darauf nieder.
    Endlich sagte er: »Skandir hat eine unserer nördlichen Provinzen angegriffen.«
    Gwynofar atmete hörbar ein. »Bist du sicher?«
    Er nickte zu den Türen hin, die die Frau soeben passiert hatte. »Die Botin war sehr müde und sehr verängstigt, aber sie war aufrichtig. Und ihre Angaben waren ziemlich präzise, mein Hexer hat es bestätigt. In ihren Worten ›schwang die Wahrheit mit‹, wie er sich ausdrückte.«
    »Warum in aller Welt sollte Skandir das Großkönigreich angreifen?«
    »Ja, warum?« Er schaute nicht auf, als sie zu ihm trat, sondern hielt den Blick fest auf die Teile gerichtet, die vor ihm lagen. Messer und Spangen, ein Männergürtel mit Rundschnalle, ein Armschutz aus abgewetztem Leder, mit Nieten besetzt, mehrere Messingarmbänder und etliche kleinere Gegenstände. »Das heißt nicht etwa, dass sie sich vorgestellt hätten. Drei Schiffe voller Krieger fielen ohne jede Vorwarnung über die Hafenstadt Soladin her, schlachteten fast alle Bewohner ab, die sich zu der Zeit dort aufhielten, nahmen sich, was sie haben wollten, und legten den Rest in Schutt und Asche.« Sein Blick war hart. »Yosefa, so heißt die Frau, berichtete mir, knapp zwei Dutzend Bürger hätten sich am Rand der Stadt versteckt und auf diese Weise überlebt. Zum Glück waren sie geistesgegenwärtig genug, hinterher alles einzusammeln, was sie von der Ausrüstung der Krieger finden konnten und was das Feuer übrig gelassen hatte. Offenbar hatten sich die Bewohner so wacker verteidigt, dass einige Angreifer getötet wurden und die Gegenstände, die du hier siehst, zurückblieben.«
    Er betrachtete die Ansammlung noch etwas länger. Dann fuhr er unversehens mit dem Arm über die Tischplatte und fegte alles quer durch den Raum.
    Gwynofar trat erschrocken zurück, um nicht von einem umherfliegenden Teil getroffen zu werden. Sie kannte Salvator inzwischen so weit, dass sie ahnte, was hinter seiner stillen Wut steckte. Wahrscheinlich hatte sie ebenso viel mit dem Gefühl zu tun, versagt zu haben, wie mit der Bedrohung von außen.
    Er glaubt, es wäre seine Schuld , dachte sie. Alle diese Toten lasten auf seinen Schultern, weil er nicht verhindern konnte, dass sie sterben mussten. Es waren die Lehren seines barbarischen Glaubens, dieses Schwelgen in Schuldgefühlen, was diese Erbitterung hervorrief. Wie sehr sie diese Büßer insgeheim hasste! Wie konnte eine Religion Gutes bewirken, wenn sie ihre Anhänger dermaßen quälte?
    Schließlich bekam sich ihr Sohn wieder so weit in den Griff, dass er sprechen konnte, auch wenn seine Stimme gepresst und hohl klang. »Sag du mir, warum das

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