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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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der in irgendeiner Weise Respekt verdiente. Nur Menschenwerk. Worte, über eine Linie im Schnee gesprochen, eine mit Hexerei gezogene Grenze.
    Es hatte ihn besiegt!
    Unter seinen Schenkeln brodelte die Enttäuschung des Ikata. Alle Instinkte des Tieres schrien danach, zurückzufliegen und sich dem Feind zu stellen, anstatt Fersengeld zu geben und zu flüchten. Aber das Rinnsal menschlicher Intelligenz, das von Nyuku in sein Bewusstsein einsickerte, warnte, dies sei Selbstmord und sie müssten die Flucht fortsetzen. Flucht! Flüchtete ein Ikata etwa vor seinen Rivalen, wenn die Königin sich in die Lüfte erhob? Flüchtete er vor den Gegnern, die ihm seinen Rang, sein Revier oder ein erlesenes Stück Fleisch streitig machten? Der Ikata reckte seinen langen Hals in den Wind und brüllte trotzig.
    Und er erhielt eine Antwort.
    Erschrocken sahen Nyuku und sein Reittier sich um. Der Rufer zeichnete sich weit entfernt vor dem roten Abendhimmel ab: ein zweiter Ikata. Der Anblick versetzte alle beide in glühenden Zorn; in diesem Moment zählte nicht, wer die Fremden waren oder was sie wollten, es genügte, dass sie Zeuge ihrer Schwäche geworden waren.
    Nyukus Ikata schickte einen Kampfschrei in den Himmel, und die Antwort kam prompt.
    Pfeilgerade flog er auf den Friedensstörer zu.
    Undeutlich, wie aus einer anderen Welt kam Nyuku der Gedanke, dass er Grund hätte, sich zu fürchten. Wenn Ikati sich gegenseitig herausforderten, waren sie im Allgemeinen nur Tiere und nichts sonst und ließen ihre verwundbaren menschlichen Gefährten auf dem sicheren Boden zurück. Aber jetzt rasten Hass und Wut durch den Körper des Ikata und weiter in Nyukus Adern, und jede vernünftige Überlegung wurde ausgelöscht. Eine ferne, fremde Stimme ermahnte den Reiter, sein Tier nicht völlig außer Kontrolle geraten zu lassen, sonst würde er zwischen den kämpfenden Ikati zermalmt werden. Aber das war nur ein leiser Instinkt, ein menschlicher Instinkt, und in diesem Augenblick war er eben nicht nur ein Mensch.
    Nyuku konnte das Gesicht seines Gegners im schwindenden Licht nicht deutlich sehen, aber er erkannte den Ikata, den der andere ritt, und mehr brauchte er nicht zu wissen. Der Mann zwischen den Flügeln war ein Gründungsmitglied der Kolonie, ein stiller, aber heimtückischer Mensch, der Nyukus Pläne schon mehr als einmal durchkreuzt hatte. Sein Tier war schnell und wendig, ein gefährlicher Gegner; Nyukus Gefährte war ihm beim Paarungsflug schon mehrmals unterlegen gewesen. Die Wunden, die er dabei davongetragen hatte, mochten inzwischen verheilt sein, sein Stolz jedoch war immer noch verletzt.
    Nyukus Ikata brüllte wieder, diesmal aus purem Hass, und Nyuku stimmte mit ein. Er dachte nur noch daran, wie er seinen Sieg in alle Winde schreien wollte, wenn sein Gegner endlich in Stücke gerissen wäre. Laut würde er ihn hinausschreien; so laut, dass alle seine Rivalen es hörten und ihn fürchten lernten; so laut, dass ihn die Königin der Ikati in ihrem Versteck hörte und in Sehnsucht nach ihm entbrannte. Bilder von heißem Begehren wogten durch ihr verschmolzenes Bewusstsein, und Nyuku spürte eine wachsende Spannung in seinen Lenden. Er drückte sich gegen die zähe Haut des Ikata und zuckte bei jedem rhythmischen Auf und Ab der mächtigen Flügelmuskeln in lustvollem Schmerz zusammen. Die kleinen Flügel am Halsansatz spreizten sich kurz – ein Zeichen sexueller Erregung –, dann legten sie sich fest um ihn und hielten ihn an seinem Platz. Der Moschusgeruch des Wesens stieg ihm in die Nase und unterdrückte auch den letzten Rest seines menschlichen Widerstands. Eine berauschende Droge, eine übermächtige Sucht. Welcher Mann könnte jemals genug davon bekommen?
    Sie waren ganz und gar eins geworden.
    Vor dem leuchtend roten Himmel brachten sich die beiden Ikati in Stellung. Sie waren einander so nahe gekommen, wie sie es wagten, nun umkreisten sie sich rastlos, und jeder suchte eine Lücke in der Deckung des anderen. Beim Paarungsflug hätten sie ihre Scheinflügel weit gespreizt, um zehn Mal größer und wilder zu erscheinen und den Gegner so einzuschüchtern, dass er sich zurückzog. Aber mit den Männern auf dem Rücken war eine solche Taktik nicht möglich. Sie konnten sich auch nicht mehr lange mit Balzposen aufhalten. Es war kalt, und die Sonne stand schon tief am Himmel und würde bald untergehen; sie hatten einfach nicht mehr die Energie für einen längeren Kampf. Die Ikati könnten allenfalls noch ihre Reiter

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