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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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und am Fuß einer großen Kiefer beisetzen würde. Später würde man in die Rinde des Baumes sein Konterfei schnitzen und es dadurch künftigen Generationen ermöglichen, mit seinem Geist in Kontakt zu treten.
    Sie blieb noch lange, nachdem sich die königliche Familie zurückgezogen hatte und die letzten Trauergäste gegangen waren, am Feuer stehen. Endlich griff sie in ihre Tasche und zog den Nachrichtenzylinder heraus, den sie Anukyats Taube abgenommen hatte. Langsam drehte sie ihn zwischen den Fingern hin und her, holte tief Luft und löste dann den Lederriemen, der ihn zusammenhielt. Sie zog das fest zusammengerollte Papier heraus, hielt es kurz in der Hand, um es schließlich zu entrollen und zu lesen.

    Zauberei an einem Ort entdeckt, wo sie nicht hingehört. Benachrichtigt unsere Verbündeten und schickt sofort Hilfe.

    Langsam rollte sie das Papier wieder fest zusammen und schob es in den Zylinder zurück. Dann warf sie ihn auf den Scheiterhaufen. Er flog in hohem Bogen über das brennende Holz und landete schließlich mitten in den Überresten der Bahre.
    Erst als das Feuer nur noch glühte und alle Opfergaben zu Asche verbrannt waren, wandte auch sie sich ab und verließ den Scheiterhaufen.

    Am anderen Ende des Platzes standen der Erzprotektor und seine Familie und betrachteten die Flammen. Colivar stand neben ihnen und nahm amüsiert zur Kenntnis, dass er Ramirus durch seine Anwesenheit in eine gewisse Verlegenheit brachte. Wenn ihn nicht alles täuschte, hatte der weißhaarige Magister mit dem Haus Aurelius oder zumindest mit Gwynofar irgendeine Abmachung getroffen. Wenn das stimmte, dann dienten sie beide wieder einmal zwei gegnerischen Monarchen. Wie in alten Zeiten.
    Das würde aber wohl nicht lange so bleiben. Colivar war in den letzten Tagen so eifrig allen Hinweisen auf Seelenfresser nachgegangen, dass er kaum Zeit für seine Pflichten am Königshof gefunden hatte. König Farah hatte viel Verständnis bewiesen – immerhin stellten die Seelenfresser eine weltweite Bedrohung dar –, aber letzten Endes war ein Königlicher Magister, der ständig abwesend war, kaum besser als gar kein Königlicher Magister. Wenn Colivar seine Ermittlungen fortsetzen wollte, müsste er seine Stellung bald aufgeben.
    Warum waren ihm diese Kreaturen so wichtig? Lag es daran, dass ihre Rückkehr die Welt bedrohte, in der er lebte, die Zivilisation, die ihm inzwischen so selbstverständlich geworden war, oder hatte es intimere, persönlichere Gründe? Natürlich weckte allein schon die Vorstellung, sie könnten abermals ungehindert den Himmel bevölkern, Erinnerungen, für die er noch nicht ganz bereit war, und ließ persönliche Schwächen erahnen, die ihm bislang nicht bewusst gewesen waren. Es ist besser, diesen Dingen jetzt nachzugehen , dachte er, als später davon überrascht zu werden .
    Er warf einen Blick über die Menge und sah Salvator auf die Gruppe zukommen. Interessant. Er hatte sich offenbar von einer Hexe oder einem Hexer hierherbefördern lassen, weil er – wie immer – lieber von den Kräften eines lebenden Moratus zehrte, als sich der scheinbar unbegrenzten Macht der Magister anzuvertrauen. Wobei der Unterschied letztlich nicht allzu groß war. Irgendjemand musste die Lebensenergie für einen solchen Zauber liefern. Die Frage war nur, wessen Athra es war und ob der Spender es aus freien Stücken zur Verfügung stellte.
    Der neue Großkönig trat auf den Erzprotektor zu und senkte respektvoll den Kopf vor Keirdwyn und Gwynofar. Aber nicht vor den Magistern; soweit es Salvator betraf, hätten sie auch aus Stein sein können. Man mochte dieses Benehmen für töricht halten, aber zumindest musste man die Konsequenz des Mannes bewundern. Colivar bemerkte Ramirus’ missbilligenden Blick. Lazaroth strahlte die Wärme eines Gletschers aus.
    Colivar lachte in sich hinein. Vorsichtig, Magister. Lasst euch euren gekränkten Stolz nicht so deutlich anmerken.
    »Dein Sohn war sehr beliebt«, sagte Salvator zu seinem Großvater. »Mit dieser Trauerfeier erweist du ihm die gebührende Ehre.«
    Nun traten die Heiligen Hüter an den Scheiterhaufen, um in der Glut zu stochern und dafür zu sorgen, dass auch wirklich alles verbrannte, was brennbar war. Wenn die Sonne aufging, würde außer Knochen und Asche nichts mehr übrig sein.
    »Mein Volk hat vor Rhys’ Auftrag ebenso großen Respekt wie vor seiner Person«, antwortete Keirdwyn feierlich. »So ist es der Brauch bei den Lyr .«
    Salvator nickte respektvoll.

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