Die Seemannsbraut
Luv, Mr. Meheux! Verflucht noch mal, er soll uns nicht entgehen, egal, was er ist!«
Erster Leutnant und Segelmeister tauschten schnelle Blicke. Phaedra segelte schon so hoch am Wind, wie man es nur wagen konnte, ihre hart angebraßten Rahen und flachen Segel schienen fast längsschiffs zu stehen. Das Schiff lag so weit über, daß die See um die Lafetten der Decksgeschütze kochte und die Seeleute näßte, bis deren bloße Oberkörper wie Bronzeskulpturen glänzten. Dunstan strengte die Augen an, damit ihm nur ja kein fremdes Segel entging. Seine Toppsgasten ritten auf den Rahen und dachten zweifellos an die beiden über Bord Gegangenen von der
Obdurate.
»Voll und bei, Sir! Nordwest zu West!«
Deck und Takelage schienen sich heftig zu wehren, als das Schiff noch mehr überholte, und die Stagen vibrierten wie straffe Saiten einer Baßgeige.
Der Erste Leutnant, mit seinen dreiundzwanzig Jahren gerade ein Jahr jünger als der Kommandant, meldete: »Viel mehr kann das Schiff nicht aushalten, Sir.«
Dunstan grinste fröhlich. Er hatte ein offenes Gesicht und einen spöttischen Mund. Einige hatten ihm eingeredet, er sähe wie Nelson aus. Dunstan mochte diese Schmeichelei, denn er hatte die Ähnlichkeit schon längst selbst entdeckt.
»Pfeif drauf! Was bist du, ein altes Weib?«
Sie lachten beide wie Schuljungen; denn Meheux war der Vetter des Kommandanten, und jeder wußte, was der andere dachte.
Als eine Leine mit dem Knall eines Pistolenschusses brach, preßte Dunstan die Lippen zusammen. Aber zwei Mann waren bereits am Spleißen, und er sagte nur: »Wir müssen so hoch an den Wind wie möglich, falls die Burschen uns die Hacken zeigen und davonlaufen wollen.«
Meheux mochte nicht streiten, er kannte ihn zu gut. Die See brauste übers Deck und schleuderte zwei fluchende Matrosen in die Speigatten. Einer schlug gegen ein festgelaschtes Geschütz und bewegte sich nicht mehr. Er war besinnungslos, hatte vielleicht einige Rippen gebrochen. Kameraden zerrten ihn zur Luke. Die anderen duckten sich wie Sportler vor dem Start, um dem nächsten überkommenden Sturzbach zu entgehen.
Meheux genoß die Aufregung, und auch Dunstan fühlte sich niemals wohler, als wenn er sich von der Autorität des Admirals und vom Schürzenzipfel der Flotte lösen konnte. Sie kannten weder die Herkunft noch die Bedeutung des Kanonendonners. Es konnte sogar ein anderes britisches Kriegsschiff sein, das einen feindlichen Blockadebrecher aufbrachte. Wenn das der Fall war, würde es diesmal kein Prisengeld zu teilen geben. Der andere Kommandant würde schon dafür sorgen.
Dunstan kletterte in die Webeleinen. Die Seen schienen nach seinen Füßen zu greifen, als er das Teleskop einstellte und auf den nächsten Schrei aus dem Masttopp wartete.
Da brüllte der Ausguck auch schon: »An Steuerbord voraus, Sir!« Er verstummte, als das Schiff sich hob und dann in ein langes Wellental glitt. Tief hinab, bis seine verzierte Galionsfigur so weit unterschnitt, als sei Phaedra schon auf dem Weg zum Meeresboden. Der Anprall mußte den Ausguck fast von seiner wackeligen Sitzstange gerissen haben.
Endlich kam sein Ruf: »Zwei Schiffe, Sir! Eines davon entmastet!«
Dunstan kletterte lachend herunter und schüttelte Wasser von seinem Hut. »Tüchtiger Ausguck, Mr. Meheux! Der hat eine Guinea verdient!«
Der Erste lächelte. »Einer von meiner Abteilung, Sir.«
Dunstan wischte das Teleskop trocken. »Oh, gut! Dann gib’
du
dem Burschen die Guinea.«
Man hörte unregelmäßigen Kanonendonner, aber wegen der hochgehenden See war es schwer, die kämpfenden Schiffe von Deck aus zu erkennen.
Phaedra
wälzte sich in die Senkrechte. Das Großbramsegel schlug wild, als es den Wind verlor.
»An die Brassen! Drei Strich abfallen!«
Dunstan lockerte seinen Griff um die Reling. Der Wind ließ merklich nach, so daß der Kurs ihm angepaßt werden mußte.
»Nordnordwest liegt an, Sir!«
Meheux schnappte nach Luft. »Bei Gott, da sind sie!«
Dunstan hob das Glas wieder an die Augen. »Aber das ist ja der verdammte Schoner, nach dem wir suchen.«
Mit einem Seitenblick studierte Meheux das Profil seines Vetters. Unter dem zerknautschten Hut lugte das krause Haar hervor. Als sie einmal angeheitert gewesen waren, hatte Dunstan ihm anvertraut, daß er sich erst einen neuen Hut kaufen wolle, wenn er eine Planstelle bekäme. Er fragte: »Der Schoner, mit dem die Lady des Generalinspekteurs segelt?«
Dunstan grinste breit. Meheux war ein zuverlässiger und
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