Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
simplen Englisch, ein zerfetztes Stück Vergangenheit, war ängstlich. Aus irgendeinem Grunde hatte es ihn Überwindung gekostet zu kommen.
    Vanzell sagte: »Es bringt mich um meine Stellung, Sir.« Er dachte laut. »Sie wissen alle, daß ich unter Ihnen gedient habe. Sie werden es mir nie verzeihen, niemals nich’.« Er studierte Bolitho aufmerksam und rang sich durch. »Ich bin Gefängniswärter, Sir. Der Job war alles, was ich kriegen konnte …« Er seufzte. »Sie haben sonst keine Verwendung für halbkaputte Teerjacken wie mich.«
    Seine Hand zitterte, als ihm Allday noch ein Glas einschenkte. Dann erklärte er heiser: »Ich bin in Waites, Sir.«
    »Was ist das?«
    Allday sagte scharf: »Ein Frauengefängnis.«
    Vanzell kippte das Glas mit einem Schluck. »Sie ham’se da. Ich weiß es, ich hab’se gesehen und hab’ gehört, was die andern über Sie beide erzählten.«
    Bolitho fühlte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg.
    Catherine im Gefängnis? Das war doch unmöglich! Aber er mußte es glauben. Der Mann sagte zu Allday: »Is’n schmutziger Ort, voller Abschaum. Schuldnerinnen un’ Verrückte, ein Tollhaus, nich’ zu glauben.«
    Allday sah Bolitho an. »O ja, ich glaub’ dir, Kamerad.«
    Bolitho drängte: »Sag der Haushälterin, ich brauche sofort eine Droschke. Weißt du, wo dieses Waites liegt?« Allday verneinte.
    »Ich führe Sie hin, Sir«, sagte Vanzell.
    »Gut.« Bolithos Kopf war auf einmal so klar, als hätte man ihn mit eisigem Wasser übergossen. Er fragte Vanzell: »Hätten Sie Lust, bei mir in Falmouth zu arbeiten? Es ist ein Häuschen dabei, ein oder zwei Veteranen von der
Phalarope
leben ebenfalls dort. Sie würden sich wie zu Hause fühlen.«
    Er blickte beiseite, von Vanzells Dankbarkeit überwältigt.
    Allday kam zurück und reichte ihm den Umhang. Er hatte inzwischen seinen besten blauen Rock mit den goldenen Knöpfen angezogen und trug ein Pistolenhalfter in der Hand. Nun betrachtete er Bolitho, der seinen Degen einhängte. »Es könnte trotzdem ein Irrtum sein, Sir Richard, eine Verwechslung.«
    »Diesmal nicht, alter Freund. Bist du bereit?«
    Allday wartete noch auf Vanzell, der sie zu einer schnellen Kutsche vor der Tür begleitete.
    In Bolithos Ohr klangen immer wieder die gleichen Worte: nicht weggelaufen, eingesperrt, eingesperrt …
    Das Frauengefängnis lag nördlich von London, und es war schon fast dunkel, als sie dort ankamen. Es war ein finsteres Gebäude, von hohen Mauern umgeben. Bei Tageslicht mußte es noch zehnmal schlimmer aussehen. Bolitho kletterte aus der Kutsche und sagte zu Vanzell: »Warten Sie hier, Sie haben Ihren Teil getan.«
    Er hämmerte an ein schweres Tor, das nach längerer Pause wenige Zollbreit geöffnet wurde. Ein unrasierter Mann in der gleichen Uniform wie Vanzell beäugte sie mißtrauisch.
    »Wer klopft zu so später Stunde?« Als er eine Laterne hochhielt, ließ Bolitho seinen Umhang von den Schultern gleiten, so daß das Licht auf seinen Epauletten glitzerte.
    »Melde dem Direktor, daß Sir Richard Bolitho ihn zu sprechen wünscht.« Er bemerkte des Mannes Bestürzung und drängte hinter ihm in den Hof. »Los!«
    Sie folgten dem Wärter auf einem langen, unordentlichen Fußweg zum Hauptgebäude. Bolitho sah, daß auch er hinkte. Man fand es hier offenbar billiger, abgemusterte Soldaten zu beschäftigen. Ein zweites Tor, ein geflüsterter Wortwechsel, während Bolitho, die Hand am Degen, in einem feuchten Raum wartete, Alldays schweren Atem hinter sich.
    Er zuckte zusammen, als ein durchdringender Schrei, dem Rufe und dumpfe Schläge folgten, durch das Gebäude hallte. Andere Stimmen fielen ein, bis der ganze Kerker sich in Qualen zu winden schien. Noch mehr wütendes Geschrei, jemand schlug mit etwas Schwerem dröhnend gegen eine Tür, und dann wurde es schließlich wieder still.
    Eine Tür ging auf, der Wärter ließ den Admiral in eine Kanzlei eintreten. Der Kontrast überraschte: gute Möbel, ein großer, mit Hauptbüchern und Papieren bedeckter Schreibtisch und ein Teppich, der hier ebenso fehl am Platz schien wie der Mann, der nun aufstand, um Bolitho zu begrüßen.
    Untersetzt, fröhlichen Blicks, mit einer Lockenperücke auf dem kahlen Haupt, hatte er ganz die Erscheinung eines Landgeistlichen. »Sir Richard, dies ist aber wirklich eine Ehre.« Er sah nach der Uhr und lächelte wie ein keckes Kind. »Und eine Überraschung zu so später Stunde.«
    Bolitho übersah seine ausgestreckte Hand. »Ich bin wegen Lady Somervell gekommen. Keine

Weitere Kostenlose Bücher