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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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lange Diskussion – wo ist sie?«
    Der Mann schien verwirrt. »Wirklich, Sir Richard – ich würde einen so tapferen Gentleman niemals enttäuschen wollen, aber ich fürchte, da hat jemand ein grausames Spiel mit Ihnen getrieben.«
    Bolitho hatte noch den furchtbaren Schrei im Ohr. »Wen halten Sie hier fest?«
    Der kleine Mann entspannte sich ein wenig. »Wahnsinnige und solche, die Irrsinn geltend machen, um ihre Schulden gegenüber der Gesellschaft …«
    Bolitho ging um den Tisch herum und sagte leise, aber drohend: »Sie ist hier, das wissen wir beide. Wie können Sie eine Lady in diesem ekelhaften Haus festhalten? Ich frage nicht danach, welchen Namen man ihr gegeben hat oder unter welchem Vorwand sie hier sitzt. Wenn Sie sie nicht sofort freilassen und mir übergeben, lasse ich Sie festnehmen und zeige Sie an wegen Mißbrauchs Ihres Amtes und Beteiligung an einem Komplott, um ein Verbrechen zu vertuschen.« Er umfaßte den Griff seines Degens. »Und ich will keine weiteren Lügen mehr hören!«
    Der Mann bat: »Vielleicht läßt sich morgen feststellen …« Bolitho fühlte, daß ihn letzte Gewißheit überkam. Catherine war hier! Einen Moment hatte des Mannes Selbstsicherheit ihn zweifeln lassen. Nun schüttelte er den Kopf. »Nein, sofort!«
    Morgen mochte man sie längst woanders hingebracht haben. Bis dahin konnte ihr alles mögliche zustoßen. Er befahl barsch: »Führen Sie uns zu ihr.«
    Der kleine Mann riß eine Schublade auf und keuchte vor Angst, als Allday sofort reagierte und seine Pistole zog. Mit zitternder Hand hob er fast unter Tränen einen Schlüssel hoch. »Bitte, wir wollen doch vorsichtig sein …«
    Bolitho stockte der Atem, als sie durch einen schwach beleuchteten Korridor gingen. Auf dem Boden lag Stroh, die Wände troffen vor Feuchtigkeit. Der Gestank war zum Übergeben. Es roch nach Unrat, Armut und Verzweiflung. Sie hielten vor der letzten Tür, und der kleine Mann flüsterte: »Bei allen Heiligen, ich habe nichts damit zu tun. Sie wurde mir überantwortet, bis ihre Schulden bezahlt sind. Aber wenn Sie sicher sind, daß …«
    Bolitho hörte gar nicht hin. Er spähte durch ein kleines, vergittertes Fenster, dessen Stäbe von tausend verzweifelten Fingern glattpoliert waren. Eine Laterne wie jene, die in der Waffenkammer eines Schiffes hingen, beleuchtete die höllische Szene.
    Ein altes Weib hockte an der Wand, sich von einer Seite zur anderen wiegend. Speichel rann aus ihrem Mund, als sie ein Kinderlied vor sich hinsummte. Ihre Haut war dreckig, ihre zerrissene Kleidung voller Flecken.
    Ihr gegenüber saß Catherine auf einer schmalen Holzbank, die Beine gespreizt, die gefalteten Hände zwischen den Knien. Ihr Kleid war aufgerissen wie an dem Tag, als sie an Bord der
Hyperion
gekommen war. Sie war barfuß. Ihr langes, ungekämmtes Haar verhüllte das Gesicht und fiel ihr über die teilweise entblößten Schultern. Weder bewegte sie sich, noch schaute sie auf, als der Schlüssel im Schloß knirschte und Bolitho die Tür aufstieß.
    Leise wisperte sie: »Wenn ihr mich anfaßt, bringe ich euch um.«
    Bolitho streckte die Arme aus. »Kate, hab’ keine Angst. Komm zu mir.«
    Sie hob den Kopf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Noch immer blieb sie still sitzen, sie schien ihn nicht zu erkennen. Einen Moment fürchtete Bolitho, daß sie vor Entsetzen ebenfalls verrückt geworden sein könnte.
    Da stand sie auf und machte ein paar unsichere Schritte auf ihn zu. »Bist du’s? Bist du es wirklich?« flüsterte sie. Dann schüttelte sie abwehrend den Kopf und warnte: »Rühr mich nicht an! Ich bin unsauber …«
    Bolitho faßte sie um die Schultern und zog sie an sich. Ihr Widerstand wich einem hemmungslosen Schluchzen. Er fühlte ihre Haut durch den Stoff des Kleides, sie hatte nichts darunter an. Trotz der dumpfen, abgestandenen Luft war sie kalt wie Eis. Er hüllte sie in seinen Umhang, so daß nur ihr Gesicht und die bloßen Füße zu sehen waren.
    Als sie den Gefängnisleiter im Türrahmen stehen sah, versteifte sich ihr ganzer Körper. Bolitho herrschte ihn an: »Ziehen Sie den Hut in Gegenwart einer Dame, Sir!« Des Mannes Furcht ekelte ihn an, aber er schloß: »Oder, bei Gott, ich fordere Sie auf der Stelle!«
    Der Direktor wich zurück, sein Hut fegte fast den schmutzigen Boden. Bolitho führte Catherine den Korridor hinunter. Einige Gefangene spähten durch die Zellenfenster, ihre Hände umklammerten die Stäbe wie Klauen. Diesmal schrie niemand.
    »Deine Schuhe,

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