Die Seemannsbraut
sehr gelassen und selbstsicher.
Er sagte: »Ich habe mich angemeldet. Hoffentlich komme ich gelegen?«
Sie ließ kein Auge von ihm, als suche sie eine Verletzung, Verstümmelung oder sonstige Veränderung an ihm. »Ich halte es für absurd, daß du bei Fremden wohnst.«
Er zuckte die Achseln. »Es schien das Beste, bis …«
»Bis du sahst, wie ich mich dir gegenüber verhalten würde?« Sie betrachteten einander, mehr Fremde als Mann und Frau.
Er entgegnete: »In meinem Brief versuchte ich zu erklären …« Sie winkte ab. »Mein Cousin ist hier. Er bat mich, dir deine Torheit um unser aller willen zu vergeben. Aber durch deine bedenkenlose Affäre hast du mich in große Verlegenheit gebracht. Du bist ein Flaggoffizier von Ruf, und trotzdem benimmst du dich wie irgendein schmieriger Matrose mit seiner Hafenhure.«
Bolitho sah sich um. Das Herz war ihm schwer. »Einige dieser schmierigen Matrosen sterben gerade, um Häuser wie deines zu schützen«, sagte er dumpf.
Sie lächelte flüchtig, als hätte sie auf diese Antwort gewartet.
»Bah, Richard! Dein Anteil am Prisengeld für die spanische Galeone wird es ihnen mehr als lohnen. Darum flüchte dich nicht in Heucheleien.«
Er bemerkte tonlos: »Catherine ist für mich nicht nur eine Affäre.«
»Verstehe.« Sie hatte sich einem der hohen Fenster zugewandt, fuhr aber nun wütend herum. »Wo ist denn diese Frau jetzt, deretwegen du den Verstand verloren hast? Ich werde dir sagen, wo sie ist: bei ihrem Gatten, dem Viscount Somervell, der anscheinend eher gewillt ist zu vergeben als ich!«
»Du hast dich mit ihm getroffen?«
Sie warf den Kopf zurück. Ihre Finger, die schnell über den Vorhang strichen, verrieten ihre Erregung.
»Selbstverständlich. Wir waren beide sehr besorgt über die peinliche Demütigung.«
»Ich bedaure das.«
»Aber nicht, was du getan hast?«
»Das ist ungerecht.« Er wunderte sich, daß er so ruhig blieb.
»Aber es kommt nicht unerwartet.«
Sie blickte an ihm vorbei in den Raum. »Dieses Haus gehört dem Herzog von Richmond. Es ist ein vornehmes Haus, passend für uns – für dich.«
Bolitho hörte ein Geräusch und sah, wie ein kleines Kind an der offenen Tür vorbeigeführt wurde. Trotz der Maskerade aus schaumigen Spitzen und hellblauer Seite erkannte er Elizabeth. Sie drehte sich nur einmal kurz um, an der Hand ihrer Nurse hängend, und ging dann ohne Reaktion weiter.
Er sagte: »Sie kennt mich nicht mehr.«
»Was hast du denn gedacht?« Belindas Stimme verlor an Schärfe. »Aber das kann und wird sich ändern. Mit der Zeit …«
Er unterdrückte seine Enttäuschung. »Ich soll hier leben? Die See aufgeben, wenn sich unser Land in Not befindet? Was soll dieser Irrsinn? Seht ihr denn nicht die Gefahr?«
»Du kannst dem Land auch in London dienen, Richard. Sir Owen Godschale zum Beispiel genießt größtes Ansehen, sowohl bei Hofe als auch im Parlament.«
Bolitho legte die Hände auf den kühlen Sims des Marmorkamins.
»Ich kann es nicht!«
Sie beobachtete ihn im Spiegel. »Dann begleite mich wenigstens zu Sir Owens Dinner. Unsere schriftliche Einladung kam heute.« Zum erstenmal zögerte sie. »Begleite mich, damit die Leute die Haltlosigkeit des Gerüchts erkennen. Catherine ist mit Somervell gegangen, Richard, zweifle nicht daran. Vielleicht aus ehrlichem Gefühl, vielleicht hat sie aber auch begriffen, wo für sie der größere Vorteil liegt.« Sie lächelte überlegen, als er wütend auf sie zukam. »Glaube, was du willst. Aber
ich
denke jetzt nur an uns, schließlich bin ich dazu verpflichtet!«
Bolitho beherrschte sich mit Mühe. »Ich bleibe bis morgen in Brownes Haus und denke darüber nach.«
Sie nickte mit leuchtenden Augen. »Verstehe. Ich kenne deine Stimmungen. Aber morgen werden wir einen neuen Anfang machen. Ich vergebe dir, und du mußt versuchen zu vergessen. Du darfst doch wegen einer momentanen Leidenschaft nicht den guten Namen deiner Familie aufs Spiel setzen. Wir haben uns im Bösen getrennt, ich weiß, auch daß ich einen Teil der Schuld trage.«
Sie ging mit ihm durch die Halle. Die ganze Zeit hatten sie einander nicht berührt, geschweige denn umarmt.
Belinda fragte noch: »Ist mit dir alles in Ordnung? Fühlst du dich wohl? Ich hörte, du wärst krank gewesen.«
Er nahm seinen Hut von der Dienerin, die ihn offenen Mundes ansah. »Ich bin wohlauf, danke.«
Dann wandte er sich ab und ging auf den Platz hinaus, während die Tür hinter ihm ins Schloß fiel.
Wie konnte er zu Godschales
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