Die Seevölker
dessen Dynastien, ließ sich Manetho
von dem Wunsch leiten, den Griechen, den Beherrschern seines Lan-
1 R. Weill, Bases, méthodes et résultats de la chronologie égyptienne (Paris, 1926), S. 1.
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des nachzuweisen, das ägyptische Volk und seine Kultur wären viel
älter als ihre und älter als die babylonische Nation und Zivilisation.
Berosus, ein chaldäischer Priester und Zeitgenosse Manethos, versuch-
te, den Griechen unter den Seleukiden das ehrwürdige Alter der assy-
ro-babylonischen Geschichte zu demonstrieren und verlängerte darum
diese Geschichte um Zehntausende von Jahren. In ähnlicher Weise
suchte Eratosthenes, ein griechischer Gelehrter aus Cyrenaika, oberster
Bibliothekar an der alexandrinischen Bibliothek unter Ptolemäus II.
und III. und ein jüngerer Zeitgenosse sowohl von Manetho als auch
Berosus, die Vortrefflichkeit seiner griechischen Nation herauszustel-
len, indem er deren Geschichte bis in mythische Zeiten zurückreichen
ließ. Er ist schuld an dem noch immer häufig akzeptierten Datum –
1183 für den Fall von Troja (oder 871 Jahre vor Beginn des Seleukiden-
reiches, –312).
Diese, von diesen drei Männern in ähnlicher Weise zur Schau ge-
stellte, Tendenz müssen wir uns vor Augen halten, wenn wir die
Chronologie der Alten Welt behandeln.
Manethos Dynastienliste wurde in zwei Versionen bewahrt. Jene
von Eusebius und Africanus unterscheiden sich im besonderen im
Hinblick auf die Dauer der Dynastien; beide weichen von den Thron-
folgen ab, wie sie von Josephus nach Manetho zitiert werden.2 Über
diese Widersprüche hinaus entsteht die hauptsächlichste Verwirrung
aus dem Faktum, daß es nicht einfach ist, zu bestimmen, welche der
von den Denkmälern bekannten Könige bei Ma-_ netho gemeint sind.
Die Listen sind »so schrecklich durch Kopisten entstellt, daß es höchst
unsicher wäre, ihren Daten zu vertrauen«, es sei denn, diese sind
durch andere Zeugnisse bestätigt.3
Königsfolgen mit fremdartigen, auf Denkmälern nie gefundenen
Namen, füllen die verschiedenen Versionen von Manetho. Es gibt
Gründe anzunehmen, daß die Kopisten eine Liste verstümmelten, die
bereits die Hand ihres Autors in chaotischem und vertrauensunwürdi-
gem Zustand verlassen hatte.
Die Chronologie des Manetho ist »eine späte, unzuverlässige und
kritiklose Zusammenstellung, die nach den bekannt gewordenen ägyp-
2 Zusammengestellt in Manetho, Übers. Waddell (Loeb Classical Library).
3 H. R. Hall, »Egyptian Chronology«, Cambridge Ancient History, I, 167.
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tischen Denkmälern in der großen Mehrzahl der Fälle als falsch nach-
gewiesen werden kann«.4
Was wir von Manetho haben, »ist nur ein entstellter Abriß in den
Werken der christlichen Chronographen [Africanus, Eusebius, und
Syncellus] … Trotz aller Mängel hat diese Einteilung in Dynastien so
fest Fuß gefaßt, daß sie wohl nicht wieder aufgegeben wird. So, wie
das Buch auf uns gekommen ist, ist es voll gröbster Ungenauigkeiten…
Africanus und Eusebius stimmen oft untereinander nicht überein…
Die Namen der Könige sind oft unglaublich verstümmelt … Die Anga-
ben über die Dauer der Regierungszeiten unterscheiden sich in beiden
Versionen häufig und weichen ebenso oft von den schließlich ermittel-
ten Daten ab. Und selbst nachdem Philologen und andere Kritiker ihr
Bestes getan haben, bleibt der wiederhergestellte Manetho voller Un-
vollkommenheiten … Trotz allem beherrscht sein Buch noch die Ägyp-
tologie.«5
Trotz der Tatsache, daß Manethos Listen durch die am besten und
reichhaltigsten dokumentierten Dynastien, die 18. und 19., in Mißkre-
dit gebracht wurden, hat man die Dynastien, für die keine Zeugnisse
vorliegen, gemäß Manethos Schema übernommen, weil keines der er-
halten gebliebenen Denkmäler gegen diese Teile der Listen sprach. Die
Tatsache, daß in vielen Fällen keine Dokumente als Nachweis für die
Existenz solcher Dynastien gefunden wurden, ist nicht immer als aus-
reichendes Hindernis angesehen worden. Es gibt sogar fast keine
greifbaren Hinweise für die Existenz von Manethos 7. bis 10. Dynastie
oder für einige andere, spätere Dynastien.
Die Summen der Jahre der Dynastien Manethos wurden ernsthaft
debattiert; sie wurden gedehnt oder zusammengezogen, so wie es den
Historiographen zweckdienlich erschien. Dies konnte ohne Furcht vor
Einwänden geschehen, denn kein moderner Mensch unterstellt Ma-
netho numerische Exaktheit.
Bemühungen, die
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