Die Seevölker
anderer
klassischer Autor/Historiker erwähnen Ramses III. – zum mindesten ist
kein derartiger Hinweis bekannt.
Das Relief in Medinet Habu, eine sehr eindrucksvolle Darstellung
von Schlachtszenen, blieb natürlich nicht unbeachtet – seit altersher
besuchte jeder neugierige Thebenreisende, der den Nil überquerte, um
sich die Memnonkolosse (Statuen Amenophis III.) anzusehen oder den
Totentempel der Königin Hatschepsut bei Deir el Bahri oder das Ra-
messeum, den Totentempel Ramses II., und die zerbrochene Kolossal-
statue dieses Königs, die im Staub liegt, auch den Tempel von Medinet
Habu. Der König, der diesen Totentempel baute, erhielt von den mo-
dernen Gelehrten den Namen Ramses III.
Anscheinend unternahm der französische Chronologe Josephus Ju-
1 Johannes Friedrich, Entzifferung verschollener Schriften und Sprachen (1966), S. 23.
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stus Scaliger (1540 – 1609) in seinem Thesaurus temporum (1606) den
frühesten Versuch zur Datierung der ägyptischen Dynastien Ma-
nethos. »Sothisperioden«-Kalkulation, ein astronomischer Anhalts-
punkt für ägyptische Chronologie, schien etwas zu versprechen. Im 17.
und 18. Jahrhundert wurden keine neuen Versuche zur Datierung der
Könige Ägyptens angestrengt. Prichards Datum für die Thronbestei-
gung von Ramses III. wurde durch Rosellini (1841) ohne Begründung
auf-1477 geändert; Champollion-Figeac (1778-1867), der Bruder des
Entzifferers, versetzte im Jahr 1839 Ramses III. nach –1279, wiederum
ohne Angabe eines Grundes oder Nachweises.
Als die das Relief von Medinet Habu begleitenden Texte gelesen
wurden, fand man, daß der König gegen die Philister gekämpft hatte;
dies ließ sich gut in das 12. Jahrhundert fügen, die Zeit der biblischen
Richter: Im Buch der Richter spielen Philister eine wichtige Rolle. Gab
es also überhaupt einen Grund, die Schätzungen aus der Zeit vor
Champollion zu revidieren?
Aber kämpfte Ramses III. mit den Philistern?
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II Sirius
Die Dynastien Manethos wurden zum Gerüst der ägyptischen Ge-
schichte gemacht; nur seine mathematischen Zahlen werden nicht re-
spektiert, weil sie als »unsinnig hoch«1 angesehen werden. Die Histori-
ker glauben jedoch, sie hätten astronomische Beweise, um die numeri-
schen Werte für den Hauptplan festzulegen.
In Ägypten wurden keine Aufzeichnungen über Sonnen- oder
Mondfinsternisse wie in Babylonien gefunden.2 Die Sothisperiode, eine
Berechnung auf der Basis des Aufganges des Sterns Sothis (spdt auf
ägyptisch) oder Sirius, wurde zum Alpha und Omega für die numeri-
sche Konstruktion der ägyptischen Chronologie.
Das ägyptische Jahr umfaßte während einer beträchtlich langen Ge-
schichtsperiode 360 Tage; eines Tages wurden in einer Kalenderreform
fünf weitere Tage zum Jahr addiert. Unter den Ptolemäern wurde eine
weitere Reform erwogen – die Einführung eines Schaltjahres alle vier
Jahre. Im neunten Jahr der Regierungszeit von Ptolemaios III. Euerge-
tes, also –238, wurde im Delta ein priesterliches Dekret verkündet. Es
wurde im vergangenen Jahrhundert in Tanis gefunden und ist als Ka-
nopusdekret bekannt, dem Namen des Ortes, wo das Konklave für die
Kalenderreform stattgefunden hatte. Wie der Rosettastein war es auf
griechisch, in ägyptischen Hieroglyphen und in demotischer Schrift
verfaßt – und wäre es vor dem Rosettastein gefunden worden, hätte es
den Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen geliefert.
Damit das Fest des Sternes Isis und andere Feste »nicht durch die
Jahreszeiten wanderten«, wurde in Kanopus verfügt, daß alle vier Jah-
re ein Tag addiert und so der Kalender von der Beobachtung des Ster-
nes Isis befreit werden sollte.
Diese Reform konnte sich wegen der Opposition tonangebender
1 Breasted, Geschichte Ägyptens, Übers. Hermann Ranke (Zürich, 1936), S. 26.
2 Aus der Zeit eines der libyschen Könige (Takelothis II., 15. Jahr) wird die Aussage
»Der Himmel nicht[?] verschluckte den Mond« gewöhnlich auf eine Mondfinsternis
bezogen.
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Priestergruppen nicht durchsetzen, die der Fixierung des Isisfestes in
bezug auf die Jahreszeiten nicht zustimmen mochten. Die Einführung
eines Schaltjahres ist mit dem Namen Julius Cäsars verbunden. Octa-
vianus Augustus machte den Kalender mit Schaltjahren zum gesetzli-
chen Kalender Roms und führte ihn einige Jahre später, –26 oder auf-
grund anderer Berechnungen –29, in Alexandria in Ägypten ein.
Die Ägypter der
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