Die Seevölker
auf der Statuettenbasis zitierten König des
Nordens ist zweifellos der persische Monarch gemeint. In der Dynasti-
enliste von Manetho sind die persischen Könige als 27. Dynastie einge-
setzt; Manetho nennt jedoch nicht ihre Namen. Von Monumenten her
sind uns nur die Namen von Kambyses und von Dareios dem Großen
4 Paul Tresson: »Sur deux monuments égyptiens inédits«, Kemi, IV (1931, erschienen 1933).
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bekannt; die ägyptischen Schreiber zogen es vor, die nachfolgenden
persischen Könige mit Bezeichnungen wie Könige des Nordens zu
belegen, ohne dabei ihre Namen zu nennen. Von allen persischen Kö-
nigen haben nur Kambyses und Dareios Ägypten aufgesucht; um – aus
priesterlicher Sicht – als geheiligter König und als Träger der Dop-
pelkrone anerkannt zu werden, mußte man die Krönungszeremonie
sowohl in den Heiligtümern des südlichen als auch in denen des nörd-
lichen Landesteils auf sich nehmen. Die auf Dareios folgenden persi-
schen Könige konnten, da sie Ägypten nicht einmal aufgesucht hatten,
keinen rechtmäßigen ägyptischen Thronnamen annehmen.
Es wurde angenommen, daß der Gouverneur die umstrittene Situa-
tion umging, und in der Inschrift bittet er die göttliche Mutter darum,
daß »der Sohn des Re«, Aahmes, »ein Dreißig-Jahres-Fest auf dem Ho-
rus-Thron« erleben möge.
Bei dem »Sohn des Re« Aahmes dieses Textes nahm Abbe Tresson
an, daß es sich um König Amasis handeln müsse, den vorletzten König
der 26. Dynastie (der wenige Monate vor der Eroberung Ägyptens
durch den Perserkönig Kambyses starb). Da Abbe Tresson diese Statu-
ette in die Zeit des Amasis datiert, mußte er von der Annahme ausge-
hen, daß es neben dem König Necht-hor-heb, dem vermeintlichen
Nektanebos II. aus dem vierten Jahrhundert, einen Namensvetter von
ihm gegeben haben müsse, der zweihundert Jahre früher zur Zeit des
Königs Amasis gelebt hatte. Eine solche Interpretation muß an der Er-
wähnung des Königs des Nordens in der gleichen Inschrift scheitern:
Zur Zeit des Amasis hätte der Bittsteller keineswegs dem »König des
Nordens« huldigen können.
Der von einem Oval (Kartusche) umrahmte Name Aahmes (Ama-
sis) kann sich auf jemand anderen beziehen, nicht auf den König des
Nordens, und wir können die Person aufspüren: In persischer Zeit, im
fünften Jahrhundert »trug ein General, dessen Aufgabe es war, alle
Bürgermeister des Landes dazu anzuhalten, Beiträge für die Einbalsa-
mierung eines Apisstieres zu leisten, denselben Namen wie König
Amasis und schrieb ihn in einer Kartusche, obwohl seine Stele die per-
sische Invasion [Besetzung] erwähnt.«5 Möglicherweise bezieht sich
5 A. Gardiner: Egypt of the Pharaohs, S. 366. (dt.: Geschichte des AIten Ägyptens , Stuttgart 1965). G. Posener: La première domination perse en Egypte (Kairo, 1936), S. 41 ff.
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der Hinweis von Necht-hor-heb in dem auf der knienden Figur mit
dem Gott Osiris eingemeißelten Text auf diesen Mann, den militäri-
schen Oberbefehlshaber von Ägypten – es sei denn, der Name bezöge
sich auf den »König des Nordens« selbst.
Aus dieser Votivstatuette erfahren wir, daß Necht-hor-heb – außer
seinen Aufgaben als Bevollmächtigter des Verstorbenen und einigen
anderen Positionen – auch die Aufgabe hatte, die Einfuhrzölle zu erhe-
ben (»Gouverneur der Zugänge [nach Ägypten] zu Lande und zur
See«). In der Tat hat Necht-ne-bef, mit dem wir uns nachher befassen
werden, in der Hafenstadt Naukratis eine Stele errichtet, auf der er
einen Erlaß zur Erhebung von Einfuhrzöllen anbringen ließ.
Wir haben außerdem den Namen von Necht-hor-hebs Mutter erfah-
ren: Nes-en-per-Mut. Der sehr ausführliche Text auf dem Sarkophag
von »König« Necht-hor-heb, der bisher noch niemals übersetzt bzw.
veröffentlicht worden ist, sollte entziffert werden, denn es ist gerecht-
fertigt anzunehmen, daß auch er den Namen seiner Mutter enthalten
könnte. Aber der Beweis für die Identität von Necht-hor-heb – Bevoll-
mächtigter – und Gouverneur eines Satrapen ist bereits mit der Samm-
lung der Arsames-Briefe und in der Inschrift auf der Statuettenbasis
gegeben.
Damit haben wir zugleich die Datierung für die Lebenszeit von
Necht-hor-heb: Er wirkte während der zweiten Lebenshälfte von Ar-
sames, und er befand sich noch auf seinem Posten, als Arsames –407
oder kurz davor starb. Um nachzuweisen, daß Necht-nebef ein wenig
früher lebte und wirkte, aber auch zu
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