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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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eine Salbe, die verhindern wird, dass deine Wunden zu eitern anfangen, aber gegen die Schmerzen hilft leider nur wenig.« Sie ließ Cunomars Schultern los und setzte sich etwas abseits von den Leichen der beiden Coritani-Krieger auf den Boden. »Ich bin überzeugt, die Krieger der Bärin haben auch solche Salben.«
    Cunomar raffte noch eine weitere Hand voll abgefallener Blätter zusammen und wischte sich damit das Blut von der Brust. »Schickst du mich etwa wieder zurück?«
    »Natürlich nicht. Du bist jetzt ein erwachsener Mann. Ich bin nicht mehr dazu berechtigt, dich irgendwohin zu schicken, und ich würde mir auch ganz bestimmt nicht wünschen, dass du jetzt schon wieder gehst, wo du doch gerade erst zurückgekehrt bist. Aber du solltest es dir trotzdem einmal durch den Kopf gehen lassen. In der Siedlung hat sich nichts verändert; dort ist noch alles genauso wie zu dem Zeitpunkt, als du fortgingst. Ich habe noch kein Kriegsheer aufgestellt; ich habe vorerst nur damit begonnen, diejenigen mit Waffen auszurüsten, die sich vielleicht eines Tages mit mir zusammentun werden. Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass wir durch Rom allesamt ausgelöscht werden oder dass wir denen hier in die Hände fallen...« Sie stieß den toten Sklavenverkäufer mit der Zehenspitze an. »Die Götter haben es so gefügt, dass wir beide, du und ich, wieder zusammengekommen sind, und dafür bin ich unendlich dankbar. Ich wäre froh und glücklich über jeden einzelnen Tag, an dem dein Licht mein Leben erhellt, aber du hast inzwischen erlebt, was wahre Freiheit ist, und bist durch diese Erfahrung um einiges reifer geworden; bist du dir wirklich sicher, dass du wieder unter dem Joch Roms leben willst?«
    Cunomar hatte endlich zu zittern aufgehört. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Baum, der ihm auch zuvor schon Schutz geboten hatte, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und blickte nachdenklich zu den Sternen hinauf. »Die Ältesten der Kaledonier haben mich zum Bärinnenkrieger gemacht. Wenn ich möchte, darf ich wieder zu ihnen zurückkehren. Ich kann im Herbst mit der Bärin tanzen und vielleicht einer von ihren Träumer-Kriegern werden. Ich kann sie in ihren Gefechten gegen kleine Nachbarstämme unterstützen und gemeinsam mit ihnen gegen die belgischen Seefahrer kämpfen, die an ihrer Küste landen und ihre Frauen verschleppen. Oder ich könnte wieder nach Hause kommen und unter den Eceni leben und Hunger leiden, wenn sie Hunger leiden, und mit der Bodicea gegen die Römer kämpfen, wenn die Zeit zum Kämpfen gekommen ist.« Er löste seine hinter dem Kopf verschränkten Hände und wischte sich abermals einen Blutfleck von der Brust. »Was hat Eneit eigentlich gesagt, bevor er gestorben ist?«
    »Dass er dich liebt, was du aber ja schon wusstest, und dass er in den Ländern jenseits des Lebens auf dich warten würde. Dass du den Mut finden solltest, von jenem Tag an weiterzuleben - was du ja auch getan hast. Und dann sagte er noch, dass du seinen Namen, der so viel wie ›Mut‹ bedeutet, in Ehren halten mögest und dass du deinen erstgeborenen Sohn nach ihm benennen solltest.«
    Cunomar schwieg eine ganze Weile. Die Körper der getöteten Krieger wurden kalt, und der Blutstrom, der aus ihren tödlichen Wunden geflossen war, versiegte. Cunomar streckte eine Hand aus und zog die Greifvogelfedern aus dem hoch auf dem Hinterkopf zusammengebundenen Haar des älteren Kriegers.
    »Wir sollten jene Art von Kratzern und Schnittwunden in ihre Körper ritzen, die den Anschein erwecken, als ob sie einem Bären zum Opfer gefallen wären, und sie dann dem Fluss übergeben«, sagte er gedankenverloren und fügte, als er sich erhob, hinzu: »Wenn ich denn einen Sohn haben sollte, den ich Eneit nennen soll, möchte ich, dass er unter den Eceni zur Welt kommt und unter den Eceni lebt, mit Eceni-Blut in den Adern.« Er lächelte Breaca schüchtern an, auf eine Art, die ihr schier das Herz zerriss. Cunomar hatte so viel von seinem Vater und war doch zugleich so einzigartig und unverwechselbar er selbst. »Wenn ich gerne nach Hause kommen wollte, würdest du mich dann wieder aufnehmen?«
    Zuvor war er derjenige gewesen, der den ersten Schritt hatte tun müssen. Jetzt erhob Breaca sich mühsam vom Boden und stellte fest, dass sich die Schnittwunde in ihrem Bein zusammengezogen und versteift hatte, so dass sie nur noch hinken konnte. Cunomar kam ihr auf halbem Weg entgegen, und diesmal umarmten sie einander als Erwachsene; als zwei Krieger,

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