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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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die ihr Leben für den jeweils anderen aufs Spiel gesetzt haben; als eine Mutter und ihr erstgeborener Sohn, mit allem, was diese Tatsache mit sich bringt; als die Bodicea und der Sohn Caradocs, der als unreifer Jüngling in die Fremde gezogen und als ein so völlig anderer Mensch, als ein so reifer, verständiger und beherzter Mann zurückgekehrt war, wie sie es niemals auch nur zu hoffen gewagt hatte.
    Cunomar schloss sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Und Breaca schmiegte ihren Kopf an seine Schulter und sog den Duft seiner Haut ein, so wie sie es früher getan hatte, als er noch ein Säugling gewesen war, und seitdem nie wieder. Sie hob den Kopf und blickte ihm in die Augen, die auf einer Höhe mit den ihren waren, während er geduldig wartete, so wie die Träumer der Kaledonier es ihn gelehrt hatten.
    »Ohne dich würde meine Welt zusammenbrechen«, sagte sie, und es war ihr voller Ernst. Und dann - denn in dieser Nacht war alles möglich - fügte sie noch hinzu: »Wenn wir fünfhundert Krieger wie dich hätten, könnten wir den Mut und den Kampfeswillen der Eceni wieder neu entfachen. Selbst fünfzig wären zumindest schon mal ein Anfang. Willst du den Sommer hindurch mit mir auf Reisen gehen und sehen, ob wir genug Kriegerinnen und Krieger zusammentrommeln können, um deine Ehrengarde aufzustellen?«

XXI
     
    Der Hund aus dem Grabhügel der Ahnen begleitete Valerius sowohl auf der Schiffsreise von Hibernia nach Mona als auch auf der anschließenden Überfahrt mit der Fähre von Mona zum Festland, und er schaute dabei zu, wie Valerius Galle und die Überreste seiner letzten Mahlzeit auf das Deck erbrach. Er reiste auch mit ihm, als Valerius entlang der Hochgebirgspfade in Richtung Südosten wanderte, und verließ ihn erst wieder, als Valerius an der riesigen, ausgedehnten Festung der Zwanzigsten Legion vorbeiwanderte und den Ausgangspunkt jenes Weges erreichte, der zu Mithras’ Höhle hinaufführte. Von da an vermisste Valerius die Gesellschaft des Hundes zwar schmerzlich, aber das Tier schien sehr eng mit Nemain verbunden zu sein; folglich konnte Valerius wohl kaum von ihm erwarten, dass es ihm in die Domäne eines anderen Gottes folgte.
    Zwangsläufig kam er auf seinem Weg hinauf zur Höhle nur qualvoll langsam voran. Die Anhänger des Stiermörders gingen nicht gerade freundlich mit jenen um, die ihre Kultstätten entweihten, und Valerius war kein verletzter Offizier mehr, der zu den Löwen - den Hochrangigsten unter den geweihten Jüngern des Sonnengottes - gehörte und nun mit der Erlaubnis seines »Vater Unter Der Sonne« genannten Priesters und Ordensvaters den langen Marsch hinauf zur Höhle unternahm, um vor der Schlacht seine Seele von Sünden zu reinigen. Der Weg dort hinauf war schon immer mühsam gewesen, doch diesmal musste Valerius jeden einzelnen Schritt erst überprüfen, ehe er ihn wagen konnte, musste sich auf jedem Meter vorwärts erst vergewissern, dass er keinen Wachen oder Fährtenlesern oder jugendlichen Initiierten begegnete, die beschlossen haben könnten, eine Nacht draußen auf dem Berg zu verbringen, und geradezu darauf brannten, ihren Wert durch die Gefangennahme eines Abtrünnigen unter Beweis zu stellen.
    Bei jedem weiteren Schritt die steile Anhöhe hinauf trachtete Valerius danach, den Raum für die Begegnung mit den Göttern offen zu halten, welchen Nemain in seiner Seele geschaffen hatte. Sie hatte nicht von ihm verlangt, seinen Dienst an Mithras aufzugeben - er konnte sich auch nicht vorstellen, dass sie eine solche Forderung jemals stellen würde -, doch nachdem er in ihrer Gegenwart sein innerstes Selbst offenbart und sich ihr bedingungslos hingegeben hatte, schien es jetzt völlig ausgeschlossen, dass er auch noch dem Soldatengott der Legionen dienen könnte, den zu verehren nur einer sorgfältig ausgewählten Elite vorbehalten war und in dessen Kreis von Jüngern nur solche Männer aufgenommen wurden, die zu den besten und ehrgeizigsten zählten und die sich Rom und dem Kaiserreich mit Leib und Seele verschrieben hatten.
    Valerius erreichte die Kultstätte des Gottes im trüben Licht der Morgendämmerung und erkannte aus diesem Grunde nicht sofort, was aus dem Ort geworden war. Bei seinem letzten und einzigen Besuch - am Vorabend von Caradocs endgültiger Niederlage - war der Eingang zu Mithras’ Höhle noch eine nicht weiter gekennzeichnete Spalte in einer Felswand neben einem Wasserfall gewesen, den man zudem nur zu leicht übersehen konnte, wären da

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