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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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anderen treu bleiben zu können? In jedem Fall liegt die Wahl bei dir. Kein Gott kann sie für dich treffen.
    Allerdings war Valerius überhaupt nicht hierher gekommen, um eine Wahl zu treffen, sondern um ein Ende zu finden. Schon zu lange hatte er nichts mehr erwidert und bloß die eisernen Stangen und die flackernde Kerze angestarrt. Dann nahm das Schweigen eine andere Struktur an, und als Valerius den Blick wieder zu dem Gott emporhob, floss Mithras in das Feuer hinein und das Feuer in das Wasser.
    Das Gefühl des Verlusts war verheerend. Allein gelassen und verstoßen sank Valerius auf die Knie und weinte. Heiße Tränen zogen in Bahnen über seine Wangen. Wie gerne wollte er dem Gott nun doch noch seine Treue schwören, wollte sich nun doch noch und ein für alle Mal entscheiden, und konnte es doch nicht; seine Stimme gehorchte ihm nicht länger.
    Der rauhaarige Hund wandte sich zum See um. Er winselte einmal, leise, drehte sich dann aber wieder zu Valerius um und stupste dessen Hand an.
    Durch die von Widerhall erfüllte Kuppel der Höhle drang sanft Mithras’ Stimme zu Valerius hinab: Erkenne, wer der Mann ist, zu dem du geworden bist, Wanderer zwischen den Welten. Wenn du das herausfinden kannst, dann steht dir der Friede aller Götter offen - für immer, und nicht bloß, wenn du in dem Licht von Nemains Mond wandelst.
     
    Valerius war wieder allein; er kniete auf dem Felsboden der Höhlenkammer und zitterte so stark, wie er sonst nur während einer Ozeanüberquerung zitterte. Der Hund aber drängte Valerius, sich wieder aufzurichten, wieder aufzustehen, und rieb sich an seinem Bein, so dass Valerius sich geradezu gegen das Tier stemmen musste, wenn er nicht umfallen wollte. Er hatte das Bedürfnis, sich zu übergeben, wollte aber nicht die Höhle des Gottes beflecken, ganz gleich, wie sehr diese auch schon geschändet sein mochte.
    Und dieser Gedanke bewegte in seinem Inneren etwas. Er hatte keinerlei Werkzeug mit sich gebracht, glaubte aber, dass es ihm auch mit bloßen Händen möglich wäre, zumindest das Schlimmste von dem, was jene Männer angerichtet hatten, wieder zu beseitigen.
    Die Eisenstangen rund um den See waren noch am einfachsten zu entfernen; die Löcher, in denen sie steckten, waren nicht sonderlich tief und der Mörtel in der feuchten Luft schon wieder zersprungen. Eine nach der anderen riss Valerius sie heraus und lehnte sie gegen die Wand nahe dem Tunnel, der nach draußen führte.
    Mit dem Altar war es dagegen schon schwieriger. Er war keineswegs hässlich; am richtigen Ort hätte er sogar wunderschön wirken können, aber das hier war eben nicht der richtige Ort. Valerius besah ihn sich genau und stellte fest, dass er aus kleinen Einzelteilen gefertigt war. Nun verstand er auch, wie man den Altar durch den Tunnel befördert hatte. Die glatte Marmorplatte, die obenauf lag, ließ sich leicht abnehmen, und die vier Seitenwände wurden im Inneren von hölzernen Pflöcken zusammengehalten.
    Es kostete zwar einige Anstrengung, den Sockel auseinander zu stemmen, doch Valerius hatte Zeit und Kraft genug, die er nun auf irgendetwas verwenden wollte. Das Gold und der Plunder an den Rändern ließen sich leicht entfernen. Die einzige Frage war also, wo er sich der Stücke entledigen wollte. Weder konnte er sie in den See werfen - denn von allen Gewässern der Welt war gerade dieses hier nicht Nemains -, noch konnte er den Marmor allein und ohne Seile oder Rollen wieder durch den Tunnel nach draußen schleifen.
    Die Kerzen waren fast ganz heruntergebrannt. Valerius entzündete die dritte am Stumpf der zweiten und beobachtete, wie die beiden Flammen sich in der träge strömenden Luft umeinander wanden. Sie neigten sich leicht nach links, in Richtung des Eingangs jenes Tunnels, durch den Valerius hereingekrochen war, angetrieben von einem Luftzug, der von der gegenüberliegenden Seite der Kaverne herüberwehte. Valerius wandte sich um und starrte zu der Wand aus dunklem Felsgestein hinüber.
    »Was meinst du, ob ich wohl jetzt endlich auch in die andere Höhle darf? Bisher wollten die Götter mich dort nicht hineinlassen.«
    Er sprach an den Hund gewandt, der ihm natürlich keine Antwort gab, der ihn aber auch nicht zurückhielt, als Valerius sich unter den einen Arm ein Bündel eiserner Stangen klemmte und sich dann auf die Suche begab nach der Öffnung jener Höhle innerhalb der Höhle, die er bereits bei seinem früheren Besuch entdeckt hatte. Dieser Höhleneingang war noch nicht mit weißem

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