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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sich jedoch, aufrecht stehen zu bleiben und die Szene zu beobachten und auch nicht zusammenzuzucken, als die gallischen Kavalleristen, ihrer Pferde beraubt, in Richtung der im Hinterhalt lauernden Krieger marschierten, jedoch nicht bis in die Falle hinein, die sich am engen Hals des Tales befand, dort, wo sich die weite Ebene zu einer schmalen Schlucht mit tief eingeschnittenem Wasserlauf verjüngte. Statt schnurstracks in den Hinterhalt hineinzulaufen, blieben die Gallier also stehen, zu einem wirren Haufen zusammengedrängt, und warteten erst einmal ab. Sie waren schließlich nicht dumm; die Frage, die sich ihnen stellte, lautete nicht, ob sie mit einem Überfall aus dem Hinterhalt rechnen mussten, sondern nur, inwieweit sie dem Feind zahlenmäßig unterlegen waren und ob die Krieger der Eingeborenen sich auf Speere und Felsbrocken beschränkt hatten oder ob auch Katapultschützen unter ihnen waren, gegen die es keine wirkliche Verteidigung gab, außer indem man in entsprechender Entfernung blieb.
    Und es waren Katapultschützen da; Valerius hatte gesehen, wie sie Mona verließen, und er hatte auch eine ziemlich genaue Vorstellung davon, an welchen Stellen in dem verschneiten Buschwerk an den Wänden der Schlucht sie postiert waren. Noch während die Offiziere sich miteinander beratschlagten, kam auch schon der erste Stein von der Anhöhe heruntergesaust, und einer der Soldaten brach tödlich getroffen zusammen.
    Valerius wandte sich abrupt ab. Es widerstrebte ihm zutiefst, noch einen weiteren Geist verloren durch das Heidekraut wandeln zu sehen; die Welt war doch bereits übervölkert von hilflos umherirrenden Seelen, und die Götter in seinem Inneren hatten ihm noch nicht gezeigt, wie man sie alle zur ewigen Ruhe betten konnte. Nach einem letzten Blick in das Tal fing Valerius seine Stute ein und trieb sie vorsichtig den Berg hinunter in Richtung der Fähre. Auf dem mit Geröll übersäten Abhang hinter ihm schlug klappernd ein Stein auf, der aber vielleicht nur durch Zufall heruntergekollert war und kein Geschoss aus einer Steinschleuder war, dazu gedacht, ihn aus dem Sattel zu werfen.
     
    »Efnís, es wird nicht funktionieren! Es ist nicht etwa so, als wollte ich Braints Mut anzweifeln oder die Bereitschaft von Monas Kriegern, in den Kampf zu ziehen, sondern ich addiere schlicht und einfach Zahlen. Suetonius Paulinus wurde einzig deshalb zum Gouverneur gemacht, weil er sich mit der speziellen Art der Kriegsführung in Gebirgsregionen auskennt. Er ist mit dem Auftrag ausgesandt worden, den Westen sicher zu machen oder bei dem Versuch zu sterben, und er hat nicht die Absicht zu sterben. Er hat zwei Legionen zur Verfügung plus die gesamte dazugehörige Kavallerie: Das sind rund dreizehntausend Mann, von denen jeder Einzelne bereit sein wird, sein Leben zu geben, wenn er damit die Haut des Gouverneurs retten kann. Du dagegen hast nicht ganz viertausend Krieger - sechstausend, wenn jeder Träumer und jedes Kind über fünf Jahre eine Waffe ergreift. Braint hat bei ihren Überfällen in den vergangenen Monaten dreiundfünfzig Soldaten der Hilfstruppen getötet und dabei sechs ihrer eigenen Krieger eingebüßt. Das ist gut. Das ist äußerst lobenswert. Es macht deiner ranghöchsten Kriegerin und jenen, die ihr folgen, wirklich alle Ehre und sagt eine ganze Menge über ihren Mut aus. Es genügt bloß leider nicht.«
    »Habe ich dich etwa um deine Meinung gebeten?«
    Efnís war ganz allein in Monas Versammlungshaus, was äußerst ungewöhnlich war, und stand halb nackt in der hüfthohen Rinne einer Feuergrube, damit beschäftigt, die Asche herauszuholen, die sich im Laufe eines ganzen langen Winters darin angesammelt hatte. Luain mac Calma hatte sich wieder einmal nach Irland eingeschifft oder möglicherweise auch nach Gallien, das wusste niemand so genau. In seiner Abwesenheit jedenfalls war Efnís der Vorsitzende des Ältestenrats. Sein Wort war Gesetz, und zwar nicht nur auf Mona, sondern überall in jenen Ländern, wo noch die Träumer herrschten. Dass er die mühevolle Aufgabe auf sich nahm, die Abfälle des Winters zu beseitigen und die Feuergruben zu reinigen, sagte mehr über ihn aus, als er zu glauben bereit war.
    Ohne darum gebeten worden zu sein, entledigte auch Valerius sich seiner Tunika und sprang ebenfalls in die tiefe Rinne hinunter. Er hob ein verkohltes Scheit aus Weißdornholz aus der Asche und legte es beiseite.
    Nachdem er nicht ausdrücklich zum Gehen aufgefordert wurde, fuhr er fort: »Du hast

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