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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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können; das polierte Eisen blitzte matt im trüben Licht des Morgens, doch es reichte aus, um Sicherheit zu signalisieren und die Erlaubnis, weiterzumachen.
    Auf das verabredete Zeichen hin stürmten zwei Gestalten aus dem wüsten Haufen von Felsblöcken auf der anderen Seite des Tales hervor. Die Seile, die als Umzäunung des provisorischen Pferchs dienten, hingen durch und rissen auseinander an jener Stelle, wo sie mit einem raschen Messerhieb durchgetrennt worden waren. Als ein Bündel aus vermoderndem Wolfsfell und Fett mitten in den Pferch hineingeschleudert wurde, bot sich für die jäh in Panik versetzte Herde somit ein deutlich erkennbarer Fluchtweg. Die Tiere flohen in wildem Galopp, und ihr Hufgetrampel erfüllte das Tal in seiner ganzen Länge wie Donner und hallte von den jenseits aufragenden Bergen wider.
    Kein Mann konnte bei diesem Geräusch noch schlafen, und wenn die Gallier klug waren, hatten sie ohnehin nur leicht gedöst und waren nicht betrunken. Tatsächlich begannen sich die Zelte auch innerhalb weniger Augenblicke zu leeren. Am gegenüberliegenden Hang rannten drei Krieger leichtfüßig von dem Pferch sowie den zu beiden Seiten liegenden Leichen fort und den Hügel hinauf. Schon lange bevor die ersten Wurfspieße nach ihnen geschleudert wurden, waren sie außer Reichweite.
    Aber für Heimlichkeit bestand nun ohnehin keine Notwendigkeit mehr. Die Gestalt zu Valerius’ Linker war Braint vom Stamme der Briganter, die in Abwesenheit der Bodicea die ranghöchste Kriegerin von Mona war und die Anführerin dieses Überfalls sowie des halben Dutzends anderer, die zuvor bereits stattgefunden hatten.
    Zum Dank an die Götter spuckte sie einmal auf den Boden, dann schlängelte sie sich rückwärts durch die Felsbrocken und über die Kuppe des Hügels bis hin zu der Stelle, wo die drei anderen Krieger an einem kleinen schwelenden Feuer auf sie warteten. Auf Braints Zeichen hin sprangen sie auf und schlitterten leichtfüßig den mit Geröll bedeckten Abhang hinunter, beladen mit Seilen aus geflochtenem Rohleder und kleinen Säcken mit Wintergetreide und Salzbrocken, mit denen die in Panik geratenen Kavalleriepferde angelockt und eingefangen werden sollten, sobald diese ermüdeten und jenseits der Talmündung zur Ruhe kamen.
    Keiner von ihnen, weder Braint noch all jene, die ihr folgten, nahm von Valerius’ Anwesenheit Notiz, doch er erwartete auch nichts anderes. Er stand auf, schüttelte den Schnee von seinem Umhang und streckte sich versuchsweise, um seine von der Kälte steif gewordenen Gelenke zu lockern.
    Seine Schultern schmerzten jedenfalls nicht mehr, was ihn noch immer in Erstaunen versetzte. Von jenem Moment gegen Ende des Herbstes an, als Longinus ihn, gebrochen und besiegt, wieder nach Mona zurückgeschickt hatte, hatte jeder Teil von ihm vor Schmerzen geradezu geschrien. Bellos hatte es sich zur Aufgabe gemacht, ihn wieder gesund zu pflegen, unter Anleitung von Luain mac Calma. Die ganzen quälend langsam verstreichenden Monate hindurch, während denen Valerius mit widerlich schmeckenden Aufgüssen, Breiumschlägen und Verbänden behandelt worden war und die Demütigungen der Krankenpflege hatte über sich ergehen lassen müssen, hatte er doch eine eigenartige Befriedigung dabei empfunden, nun quasi aus erster Hand zu erfahren, dass er Recht gehabt hatte und dass der Junge vom Stamme der Belger trotz seiner Blindheit ein außergewöhnlich guter Heiler war.
    Bis zur Mitte des Winters waren Valerius’ Knochen derart lädiert und seine Muskeln so übel verletzt gewesen, dass es für ihn bereits eine große Errungenschaft gewesen war, wenigstens den ersten Teil der Nacht durchzuschlafen, ohne gleich wieder vor Schmerzen weinend aufzuwachen. Nach der Wintersonnenwende, als die Tage allmählich wieder heller und länger wurden, hatten die diversen Knochenbrüche und Bänderrisse endlich zu heilen begonnen, so dass zumindest nicht mehr unerträgliche Schmerzen die Ursache dafür gewesen waren, wenn er einmal nicht hatte schlafen können.
    Und dennoch, während Valerius nun hier auf dem Berghang stand, erinnerte er sich nur allzu rasch wieder an die Folterkammer der Inquisitoren. Es fiel ihm schwer, auf das Chaos unter den Kavalleristen unten im Tal hinunterzublicken, dann die auf Lateinisch gebrüllten Befehle zu hören und zu beobachten, wie die Männer sich zu einer Reihe formierten und losmarschierten. Am liebsten hätte er sich zu einer Kugel zusammengerollt und nur noch versteckt.
    Er zwang

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