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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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fremd.«
    Breaca hievte sich auf die Speiche eines der großen Räder hinauf und griff in den Karren hinein. »Nein. Vielmehr sind die Zugpferde der Dumnonii legendär. Was hast du denn überhaupt mitgebracht, das so viel wert ist, dass du dafür sogar bereit bist, eines deiner besten Tiere... Ah! Haben die Götter dir ein Wörtchen ins Ohr geflüstert, oder hat sich die Nachricht von unserem dringenden Bedarf tatsächlich bis in den Südwesten herumgesprochen?«
    Die Seitenwände des Karrens waren zu hoch, als dass Graine direkt auf die Ladefläche hätte schauen können. Das Einzige, was sie in jenen ersten Augenblicken, nachdem die Abdeckung aus Öltuch wegglitt, erkennen konnte, war der matte, blaugraue Glanz, der sich in den Augen ihrer Mutter spiegelte, und die Dankbarkeit und die geradezu ehrfurchtsvolle Freude - ganz so, als ob ihre inständigsten Gebete endlich erhört worden wären -, die in ihrer Stimme mitschwangen. Graine brauchte keine Träumerin zu sein, um zu wissen, was sich in dem Karren befand.
    Gunovar machte eine wegwerfende Handbewegung, als ob die Aufgabe, eine Karrenladung Eisen im Werte einer ganzen Jahresausbeute mitten im tiefsten Winter quer durch das Land zu transportieren und noch dazu an zwei Legionen vorbeizuschmuggeln, eine ihrer leichtesten Übungen wäre. »Ich bin noch immer sehr viel empfänglicher für Träume und Visionen, als man vielleicht meinen könnte. Airmid sandte heimliche Hilferufe aus, und ich habe sie empfangen, aber wie auch immer... Kriegsgerüchte verbreiten sich ja bekanntlich in Windeseile, und in diesem Winter ist der Wind besonders schnell und stark gewesen. Die Neuigkeit über die Armee der Bodicea hat sich also bis zu jenen herumgesprochen, die sie unterstützen wollen. Aber um gegen Rom zu kämpfen und zu siegen, brauchst du eben Eisen; so viel war mir von Anfang an klar, selbst wenn Nemain nicht durch meine Nächte gewandelt wäre. Das hier ist also alles, was wir haben. Den Rest brauchen wir für unsere eigenen Schlachten. Meinst du, es wird reichen?«
    »Ich werde schon dafür sorgen, dass es reicht.« Breaca sprang von dem Rad in den Karren. Sie hob eine Stange hoch, hielt sie in den Wind und das Schneegestöber und prüfte sie, als ob sie bereits zu einer Klinge verarbeitet worden wäre.
    Gunovar stand daneben, schaute zu und wurde ihrerseits wiederum von Graine beobachtet. Die stämmige Frau, die in den Folterkammern der römischen Inquisitoren gelitten hatte und nie wieder vollkommen genesen war, besaß die Seelenstärke und die Körperkraft, um einen Wagenzug ganz allein und ohne fremde Hilfe durch Schlamm und Eis zu kutschieren. Genau genommen hatte sie den Körperbau einer Schmiedin.
    Breaca wusste das offenbar bereits. Sie kauerte sich am Rand des Karrens nieder und balancierte die Roheisenstange quer auf beiden Handflächen, ganz so, als ob sie ein Schwert hielte. Dann reichte sie das Stück Eisen der neben dem Karren stehenden Frau und sprach: »Gunovar, dein Vater war einer der tüchtigsten und besten Schmiede seiner Zeit. Ich habe deine Arbeiten gesehen und festgestellt, dass du ebenso geschickt bist wie er, wenn nicht sogar noch geschickter. Könntest du nicht hier bleiben und mir bei der Herstellung der Waffen helfen? Mindestens ebenso dringend wie Eisen brauche ich nämlich noch einen Schmied, der mich bei der Arbeit unterstützt. Die unseren wurden alle von den Legionen abgeschlachtet, damals, zu Scapulas Zeit, als die Soldaten die Schwerter zerbrachen. Bis im Frühling der Kampf beginnt, habe ich diesen Riesenhaufen Eisen hier unmöglich zu Schwertern und Speeren verarbeitet; allein schaffe ich das nicht.«
    Gunovar lächelte, und diesmal wirkte ihr Gesicht beinahe ebenmäßig. »Wenn man sich so die Heldensagen anhört, dann kannst du aus den Feuern deiner Schmiede in einem einzigen Tag eine ganze Armee von Klingen fabrizieren und bist obendrein auch noch fähig, im Alleingang gegen Rom zu kämpfen. Zum Glück glaube ich diese Geschichten nicht alle, nur diejenigen, die ich aus erster Hand erfahre. Natürlich kannst du deine Kriegsarmee nicht mit Waffen ausrüsten, ohne dass dir jemand dabei hilft. Was glaubst du denn wohl, warum ich gekommen bin?«
     
    Mit Gunovars Hilfe ging die Waffenproduktion erheblich schneller vonstatten als zuvor, wenngleich auch mit Pausen zwischendurch, um die Bärinnenkrieger im Gebrauch ebendieser Waffen zu unterweisen. Graine hatte Recht gehabt: Ardacos mochte die stämmige Frau mit dem verkrüppelten

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