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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Legionen verteidigt. Wenn wir uns für diese Vorgehensweise entscheiden, wird eine kleinere Abordnung von nur sechshundert Kriegern zusammen mit mir zu dem Tal reiten, in dem Braint gefangen gehalten wird, und wir werden dann die Kavallerie zum Kampf auf Leben und Tod herausfordern. Mit eurer Hilfe ist das der Weg, den ich einzuschlagen gedenke.«
    Jetzt hatte er sie. So wie der Hase den Hund in seinen Bann schlug, so hatte mit einem Mal auch er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Auch die Beachtung, die sie ihm nun schenkten, besaß plötzlich eine ganz andere Qualität. Valerius hob die Hand und ließ sie dann ähnlich einer Klinge ausgestreckt auf seine Zuhörer hinabsinken. Mit dieser imaginären Schneide zerteilte er vor sich die Luft, ließ eine Linie mitten durch ihre Reihen verlaufen. Sich ihrer Handlung vollkommen unbewusst wichen die Krieger zu beiden Seiten dieser Linie auseinander, wobei sich der größere Teil von ihnen zu Valerius’ Rechter zusammenfand.
    Er wandte sich also zunächst an diese größere Gruppe. »In euren Händen liegt die Verteidigung Monas. Und ich unterstelle euch hiermit dem Befehl von Tethis aus dem Stamme der Kaledonier. Tethis, es müssen beide Seiten der Meerenge verteidigt werden. Wie du das erreichst, liegt allein bei dir.«
    Damit hatte er eine Entscheidung getroffen, die allgemein mit Wohlwollen aufgenommen wurde. Die Mehrheit der Krieger hielt Tethis ohnehin für Braints legitime Nachfolgerin, sah in ihr die stellvertretende Anführerin der Krieger, deren Stellung sich nun Valerius zu Eigen gemacht hatte. Er hätte Tethis gerne an seiner Seite behalten, doch sie war eine der wenigen, bei denen man darauf vertrauen durfte, dass sie wussten, wie sie in der Verteidigung der Insel den unzweifelhaften Mut der Krieger gegen rein praktische Gesichtspunkte abzuwägen hatten. Tethis würde das Leben ihrer Krieger nicht mit sinnlosen Befehlen oder gänzlich hoffnungslosen Heldentaten vergeuden; gleichwohl aber würde sie sie durchaus in den sicheren Tod schicken, wenn dies dazu führte, dass sie den Feind am Ende doch noch würden schlagen können.
    Für einen Augenblick gehörte der Versammlungsraum allein ihr. Und sie kommandierte ihre Krieger sehr geschickt, schuf Ordnung im Chaos und wählte als ihre Schildgefährtin eine vierschrötige Frau aus dem Stamme der Cornovii, deren Brüder unter Valerius’ Befehl gestorben waren. Nur allzu gerne hätte diese Valerius gehäutet und, eingebettet in eine Hülle aus Tonerde, wohl noch einen ganzen Monat lang am Leben gehalten, hätte ihn täglich gefüttert, um seinen Tod damit noch ein wenig länger hinauszuzögern - wenn die Stammesältesten sie nur gelassen hätten. Und auch unter den sechshundert Kriegern, die nun Valerius’ eigene Truppe bildeten, teilte die überwiegende Mehrheit die Einstellung dieser Frau. Hätte Valerius diese jedoch alle aussortiert, so hätte er schließlich mit kaum mehr als fünfzig Speerkämpfern zum Angriff auf das Lager der Hilfstruppen ansetzen müssen.
    Schließlich, als Tethis und ihre Krieger abgezogen waren, wandte er sich an jene sechshundert, die nun noch übrig blieben. Die Ansprache, die er an sie richtete, war kurz. Beinahe schon barsch teilte er ihnen seinen Schlachtplan mit, einschließlich der Aufstellung der Reiter und der Art der Waffen sowie der Schlachtrufe, ganz so, als wären sie ein schon seit langer Zeit unter seinem Kommando stehender Kavallerieflügel. Und auch für diese knappe Ansprache hassten sie ihn, konnten ihm zugleich aber keinen Vorwurf daraus machen. Zum Schluss führte er sie nach draußen und rammte seine Fahnenstange in die Erde. Dann markierte er eine Stelle auf dem Boden, die in nordöstlicher Richtung von seinem eigenen Schatten lag.
    »Es ist jetzt kurz nach Mittag. Wir treffen uns, wenn der Schatten die Markierung berührt. Regelt alles, was ihr noch geregelt wissen wollt, verabschiedet euch von allen, die euch wichtig sind. Weder werde ich euer Leben sinnlos vergeuden, noch bekommt ihr von mir die Gelegenheit, euch als Helden hervorzutun. Wir haben einhundert Pferde mehr als die Hilfskavalleristen, was bedeutet, dass wir theoretisch nicht unterliegen sollten. Dennoch werden einige von euch sterben, und einige werden fallen und damit letztendlich ebenfalls sterben. Seid euch über eines im Klaren: Ich habe nicht vor, noch einen zweiten Rettungstrupp aufzustellen. Wenn wir uns also schließlich wieder zurückziehen, lassen wir keinen von unseren Leuten, gar keinen,

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